Friska Viljor in Winterthur: Fraggles und gutgelaunte Schweden im Salzhaus

In Reviews by indiespect

Die Stockholmer Band Friska Viljor um Sänger Joakim Sveningsson war gestern wieder einmal in der Schweiz zu Gast. Wer die Jungs schon einmal gesehen hat, wusste bereits im Vorfeld, dass gute Stimmung auf dem Programm stand.

Den Auftakt machte kurz nach 20 Uhr der Schweizer Singer-Songwirter Tobias Carshey. Für mich persönlich hätte er nicht einmal eine Erwähnung verdient, aber der Nervfaktor war einfach zu hoch. Man mag von Singer-Songwritern halten, was man möchte, doch Carshey schaffte es jeden Spruch, den er zwischen seinen eher monoton anmutenden Songs raushaute, extrem unsympathisch rüberzubringen. Von «Ich bin die grösste Vorband die man sich leisten kann» bis «Ich habe heute mein Album dabei. Normalerweise kostet es 100 Franken, doch heute verkaufe ich es für 20.» war alles dabei. Dementsprechend war ich froh, dass der Auftritt nur eine knappe halbe Stunde dauerte.

Nach einer kurzen Umbaupause betraten dann endlich die fünf Schweden die Bühne im Salzhaus. Eröffnet wurde der Abend mit dem zum mitsingen verleitenden Song «On And On» vom Album «Tour de Hearts» aus dem Jahre 2008. Bereits von Beginn weg stimmte die Chemie zwischen der Band und dem Winterthurer Publikum. Ihren Klang haben Friska Viljor bereits einmal sehr treffend beschrieben. Es sei Kindermusik mit erwachsenen Texten. Auf jeden Fall ist es eine Mischung aus Folk und Indie-Rock, ein fröhlicher und tanzbarer Stil.

Friska Viljor im Salzhaus Winterthur

Friska Viljor im Salzhaus Winterthur

In der Mitte des Sets verliess ein Grossteil der Band die Bühne und nur Joakim Sveningsson sowie Daniel Johansson blieben übrig. Dies wurde damit begründet, dass es den übrigen Mitgliedern nicht erlaubt war, auf der Bühne zu schwitzen und sie deshalb während jedem Konzert eine kurze Pause von 15 bis 20 Minuten einlegen müssten. Mit den Musikern verabschiedete sich für einen Moment auch die Technik von der Bühne. Joakims Gitarre gab keinen Mucks mehr von sich und sein Mikrofon pfiff bereits bei der leisesten Annäherung.

Also wurde kurzerhand eine neue Regel aufgestellt. Jedes Mal wenn etwas schief lief, sollte das Publikum «Fraggles» nach vorne schreien (in Anlehnung an die Fernsehserie aus den 80er-Jahren). Davon konnten die Winterthurer in den nächsten Minuten einige Male Gebrauch machen, denn die Technik streikte immer weiter. Als es nach einer Abstimmung, welchen Song sie als nächstes spielen sollten, endlich weitergehen konnte, vergass Joakim in der Mitte des Songs «Useless» auch noch den Text. So wurde dieser kurzerhand mit den Worten: «Oh fuck it. We don’t know this song» abgebrochen. Es folgte eine ausführliche Erklärung, weshalb das so war. Friska Viljor sind derzeit mit den Aufnahmen an ihrem neuen Studioalbum beschäftigt. Als sie die Konzerttermine vor mehreren Monaten fixiert hatten, waren sie überzeugt, dass bis dahin die Platte fertiggestellt sei. Dies hat jedoch nicht ganz geklappt und so kommt es, dass sie immer noch mitten in den Aufnahmen sind. Dabei kann es passieren, dass man alte Songs komplett vergisst. Andere Bands hätten ihre Konzerte wahrscheinlich abgesagt, aber die Schweden überspielten ihre Unsicherheiten mit Humor, Selbstironie und alten Storys aus der Bandgeschichte. Alle Anekdoten dieses Abends nachzuerzählen würde hier den Rahmen sprengen.

Nach mehreren Songs zu zweit wurden für die letzten Minuten noch einmal die kompletten Truppe auf die Bühne geholt. Zweimal liess sich die Band für Zugaben aus dem Backstage klatschen. «Arpeggio» und «Shotgun Sister» bildeten den Abschluss dieses denkwürdigen Konzertabends, an dem einiges nicht so gelaufen ist, wie es hätte laufen sollen. Doch das wird einem bestimmt genauso gut in Erinnerung bleiben, wie ein perfektes Konzert. Für den letzten Song begaben sich Sveningsson und Johansson in die Menge und machten somit kuzerhand das komplette Salzhaus zu einem Teil ihrer Band.

Ein Bad in der Menge zum Abschluss. «Shotgun Sister» im Publikum

Ein Bad in der Menge zum Abschluss. «Shotgun Sister» im Publikum

Ein tolles Konzert mit einigen «Fraggles» dazwischen. Was will man mehr?

Nachtrag: Das nächste Friska-Viljor-Konzert in der Schweiz findet bereits am 12. Mai 2015 statt. Dann spielen die Schweden im Bogen F in Zürich.