Entdeckergeist und friedliche Stimmung
beim ersten «Hello Tomorrow» im Plaza

In Reviews by indiespect

Zahlreiche Indie-Fans fanden gestern den Weg nach Zürich. Im Plaza ging die erste Ausgabe vom «Hello Tomorrow» über die Bühne. Die Konzertreihe bietet bisher unbekannteren Künstlern eine Plattform, um sich vor einem grösseren Publikum präsentieren zu können. Gleich sechs Acts sollten an diesem Dienstagabend auftreten, verteilt auf zwei Bühnen – eine im grossen Saal des Plaza und einer im Kosmos Klub im 1. Stock.

Den Anfang machten die aus Montreal angereisten The Franklin Electric. Perfekt abgemischt spielten die Kanadier eingängigen Indie-Pop, welcher durch das Trompetenspiel von Sänger Jon Matte mit dem gewissen Etwas ergänzt wurde. In Zürich ging die zweiwöchige Tour zu Ende, welche die Band von London ausgehend durch Holland, Frankreich und Deutschland führte.

Sympathisch und autenthisch fanden die vier Kanadier Anklang beim Publikum und spätestens als der Frontmann mit seiner Trompete mitten im Publikum stand, hatte er die Gunst der Zürcher auf sicher. «Old Piano», einer der erst geschriebenen Songs von The Franklin Electric erinnert an den Titel «I’m All Over It» von Jamie Cullum.

Nahtlos ging es die Treppe hinauf in den Kosmos Klub. Mit leuchtendem Boden und zahlreichen Diskokugeln bestach der Raum gleich beim Eintreten mit seinem Flair. Batman aus St. Gallen brachten den Klub bereits in Schwung, als noch zahlreiche Besucher die Treppen erklommen. Mit ihrem Wave-Pop begeisterte das Duo durchgehend. Wie es sich für Batman gehört, ist die Stimme tief und erinnert immer wieder an Tom Smith von den Editors. Der erfrischende Synthie-Sound sorgte dafür, dass gegen Ende des Auftritts der Kosmos Klub randvoll war.

Die einzige Schweizer Beteiligung des Festival-Abends ist definitiv einen Besuch bei einer anderen Gelegenheit wert. Vielleicht wird es in näherer Zukunft auch endlich einmal einen richtigen Videoclip der Fledermaus zu sehen geben.

Im Saal folgte die Stuttgarter Band Mutelights. Sehr bemüht und voller Energie wollten sie mit dem Publikum zusammen durchdrehen, was jedoch nicht wirklich fruchtete. Mutelights wirkten als einziger Act im Line-Up etwas deplatziert. Zu angestrengt kam der Auftritt daher. Das Indie-Publikum wollte lieber einfach schöne Musik geniessen, als wie bei einem Stadion-Rockkonzert ständig zum Mitmachen animiert zu werden. Mutelights schafften es entgegen ihrem Namen auch nicht, das Publikum zum Schweigen zu bringen. Im Gegenteil. Immer mehr lichteten sich die Reihen und es wurde eher ein Schwätzchen gehalten, als lautstark mitgesungen. Mangelnden Durchhaltewillen kann man Sänger Philip Braun und seinen Bandkollegen jedoch nicht vorwerfen. Song für Song gaben sie alles und so wurden die Nachbarn aus Deutschland nach dem Auftritt mit anerkennendem Applaus verabschiedet. Mit einem anderen Publikum wäre das Konzept der Stuttgarter eventuell aufgegangen.

Im Kosmos Klub spielten direkt anschliessend Actor ihr erstes Konzert ausserhalb von Grossbritannien. Das Trio aus Leeds präsentierte viel neues Material, spielte Songs teilweise erst zum zweiten Mal. Leider kann man das nur bedingt würdigen, wenn man noch nie etwas von ihnen gehört hat. Nichtsdestotrotz überzeugte Louisa Osborn mit ihren zwei Jungs. Der interessante Indie-Elctronica-Mix hat durchaus Potenzial. So schienen die neuen Stücke der Engländer auch bereits ausgereifter als die alten Stücke. Osborn bemerkte zum Schluss des Auftrittes, dass es ihr bisher speziellstes Konzert gewesen sei. Auf weitere Auslandsreisen darf man also gespannt sein.

Noch ein letztes Mal hiess es Treppe runter. Im Saal stand der Auftritt des Headliners auf dem Programm. Die Folk-Formation Bear’s Den aus England trat bereits am Zürich Openair und im Mascotte auf und reiste dieses Mal mit brandneuem Material in die Schweiz. Nicht nur neue Songs hatten die Herren im Gepäck, sondern auch zwei neue Mitglieder an Banjo und Bass. Seit einem guten halben Jahr standen Bear’s Den nicht mehr auf der Bühne und dementsprechend nervös waren sie nach eigenen Aussagen vor ihrem Zürich-Gig.

Dass die Nervosität völlig unbegründet war, zeigte sich schnell. Bedächtig lauschten die Zuschauer den gefühlvollen Songs und der Stimme von Sänger Andrew Davie. Textsicher sah man einzelne Personen bei den Songs vom 2014 erschienenen Album «Islands» mitsingen, während das neue Material aufmerksam aufgenommen wurde.

Eine waschechte Unplugged-Version vom Titel «Sophie» sorgte für Gänsehaut. Nicht wie bei anderen Bands üblich nur reduziert, sondern komplett ohne Verstärker füllten Bear’s Den den Raum. Hier konnte man die Ohrstöpsel getrost noch einmal entfernen, um die man vorher sehr froh war. Denn für den Headliner wurde die Lautstärke noch einmal ziemlich aufgedreht.

Mit echter Dankbarkeit reagierten Bear’s Den auf die Stille im Publikum, die den ruhigeren Stücken eine Magie verleihten. Für eine Zugabe wurden die Verstärker für ein zweites Mal aussen vor gelassen. Die komplette Band platzierte sich inmitten der Zuschauer und spielte zu einem Kreis formiert. Dabei kam richtige Lagerfeuer-Romantik auf.

Nach 1 1/4 Stunden Spielzeit verabschiedeten sich die Engländer vom Publikum. Am 28. Oktober kehren Bear’s Den wieder zurück nach Zürich. Dann spielen sie im X-TRA. Tickets gibt es bei Starticket.

Selbst jetzt war der Abend noch nicht zu Ende. Im oberen Stock «spielte» noch Ambassadeurs aus England. Auch wenn der Name auf anderes schliessen lässt, handelt es sich dabei lediglich um eine Person. Wie bei elektronischen Acts üblich, muss man es mögen, wenn nur eine Person hinter seinem DJ-Pult steht und Sound macht. Mir persönlich sagt es nicht wirklich viel. Scheinbar ging es auch anderen ähnlich, denn der Raum war nur noch spärlich gefüllt. Das kann aber auch daran gelegen haben, dass es schon halb zwölf an einem Dienstagabend war. Viele mussten die Heimreise antreten, um noch einen Zug zu erwischen.

Alles in allem war die erste Ausgabe von «Hello Tomorrow» sehr stimmig. Toll organisierter Ablauf mit gut ausgesuchten Acts und einem Publikum mit wirklichem Interesse für Musik abseits des Mainstreams. Es bleibt zu hoffen, dass sich das rumspricht und die Konzertreihe zu einer festen Grösse in der Schweiz wird.