Temples in Zürich: Das Plaza im Rauschzustand

In Reviews by indiespect

Der Klang längst vergangener Tage

Wem Temples zum ersten Mal zu Ohren kommen, der mag denken, eine Band aus den Sechzigerjahren zu hören. Dabei existiert die Band erst seit 2012 und veröffentlichte im März dieses Jahres ihr zweites Album mit dem Titel Volcano. Die jungen Briten finden nicht nur bei Musikliebhabern aller Altersklassen Gefallen, auch Musikgrössen wie Noel Gallagher oder Johnny Marr von The Smiths zählen sich zu ihren Fans. Beim Debüt Sun Structures von 2014 fühlte man sich tatsächlich in frühere Tage zurückversetzt. Auf Volcano werden auch elektronischere Klänge als Stilmittel eingebaut, der sphärische Sound ist jedoch trotzdem als Hauptelement geblieben. Daraus resultiert ein erfrischender Mix aus neu und alt.

Dieser Umstand sorgte dann wohl auch dafür, dass das Publikum beim Konzert der Engländer sehr durchmischt war. Da prallten Welten aufeinander. Im Plaza trafen Musikfans in den Mittfünfzigern auf wildes Partyvolk in den frühen Zwanzigern. Da das Konzert am Freitagabend stattfand hielten sich letztere im Bierkonsum nicht zurück, was sich während des Auftritts von Temples immer wieder bemerkbar machte.

Auch optisch hätten Temples in die 60er gepasst. Sänger James Bagshaw mit stilechter Frisur.

Sphärischer Rausch für alle Sinne

Ihren letzten Zürcher Auftritt absolvierten Temples im Komplex Klub und sorgten damals in den kleinen Räumlichkeiten für Temperaturen am Siedepunkt. Den Konzertbericht von damals könnt ihr hier noch einmal nachlesen. Auch das Plaza war an diesem Freitag bis in die hinterste Ecke gefüllt.

Pünktlich um 20.30 Uhr wurde mit All Join In das Set eröffnet. Der Track vom neuen Album entpuppte sich als perfekter Opener. Ein sphärisches Intro ging in die hypnotische Stimme von James Bagshaw über und liess das Publikum sanft in die Temples-Welt eintauchen. Im schönen Wechsel folgten danach alte und neue Stücke. Nach dem titelgebenden Sun Structures des Debüt-Albums folgte mit Certainty die erste Single-Auskopplung des neusten Werks. Die eingängige Instrumentalbegleitung des Songs wurde durch den inbrünstigen Mitgesang des Publikums unterstützt. Schon fast wurde man an die Fanchöre in einem Fussballstadion erinnert.

Die Stimmung im Publikum schwankte zu diesem Zeitpunkt bereits zwischen Euphorie und Übermut. Dass bei einem Temples-Konzert gepogt und geschubst wird, hätte vorher bestimmt auch niemand geahnt. Wer sich davon in Sicherheit bringen wollte, musste versuchen auf die Seite direkt an der Bar auszuweichen.

Die Gesichter der Temples-Mitglieder blieben grösstenteils in Dunkelheit gehüllt.

Die Engländer selbst traten sehr sympathisch auf. Trotz des weltweit wachsenden Erfolgs schienen sich die jugen Musiker über den prall gefüllten Club sehr zu freuen. Einzig, dass er von der Bühne das Publikum aufgrund der Lichtverhältnisse kaum sehen konnte, schien Sänger James Bagshaw etwas zu irritieren. Wie es sich für eine Band in diesem Genre gehörte, durften ausufernde Instrumental-Outros zwischendurch nicht fehlen.

Gespickt von alten Bekannten, wie Keep in the Dark oder Move With The Season wurden auch zahlreiche neue Stücke präsentiert. Diese fanden in Zürich ebenso grossen Anklang. Im direkten Vergleich wirken die Tracks von Volcano sogar noch etwas dynamischer und temporeicher, als noch beim Vorgänger. Dabei haben sie aber nichts an Charme und Nostalgie eingebüsst. Das reguläre Set endete nach gut 75 Minuten mit Strange Or Be Forgotten, der zweiten Vorabveröffentlichung des jüngst erschienenen Albums.

Für die zwei Zugaben schöpften Temples noch einmal aus dem Vollen und die Fans des Erstlings kamen auf ihre Kosten. A Question Isn’t Answered sowie der grandiose Shelter Song machten den Abschluss. So pünktlich die Briten gestartet hatten, so pünktlich war auch Schluss. Um Punkt 22 Uhr verklang die letzte Note und die Band verabschiedete sich vom Zürcher Publikum.

Fazit

Temples zeigten an diesem Abend, dass sie auch mit ihrem zweiten Album live überzeugen können. Leider konnte das Konzert zeitweise nicht richtig genossen werden, da der Alkoholpegel bei einigen Zuschauern schon etwas zu hoch war. Die Rücksicht auf andere Konzertbesucher liess dann zu wünschen übrig und es wurde hemmungslos geraucht. Vielleicht wird es langsam auch einfach wieder Zeit für die Openair-Saison, bei welcher die Leute mehr Platz haben, um sich auszutoben.