Eingängige Melodien und rockige Ausbrüche: Dry The River im Zürcher Plaza

In Reviews by indiespect

Ganz so ruhig wie ich es in meiner Konzertvorschau beschrieben habe, war das Konzert von Dry The River am vergangenen Samstag im Plaza definitiv nicht. Doch dazu später mehr.

Den Auftakt machte das Basler Duo von Muddy Eyes. Etwas mehr Zuschauer wären ihnen durchaus zu wünschen gewesen, doch der Saal füllte sich während ihrem Set immer mehr. Der Klang von Sänger Nico Krättlis Stimme erinnerte mich immer wieder an Starsailor-Sänger James Walsh. Die beiden kamen sehr sympathisch rüber, ohne dafür grosse Reden schwingen zu müssen. Ihren Sound beschreiben sie selber sehr treffend: melancholisch bis beschwingt, schwebend bis schwer – bewegt er sich zwischen klassischem Singer-Songwriter und alternativem, rockigem Folk. Wer sich auch einmal ein Bild von ihrer Musik machen möchte, kann dies schon sehr bald in Zürich tun. Am 28. April spielen Muddy Eyes im La Catrina ein komplettes Set.

Um etwa viertel nach Acht eröffneten Dry The River ihr Konzert mit «Alarms In The Heart», dem ersten Track vom aktuellen Album mit dem gleichnamigen Titel. Dieses ist im August 2014 erschienen. Bereits beim zweiten Titel sorgte die englische Band um Sänger Peter Liddle für einen ersten Gänsehaut-Moment. Der Titel «New Ceremony» vom Debutalbum «Shallow Bed» aus dem Jahre 2012 beginnt ganz sanft, um sich in Tempo und Melodie immer weiter zu entfalten. Diese Wirkung war live noch viel extremer als bereits bei der Studioversion. Der Song besitzt zahlreiche Tempowechsel und spannende Harmonien, sodass es gleich zu Beginn zu einem dieser berühmten magischen Konzertmomenten kam.

Die mit Bogen gespielte Gitarre erinnert an die isländische Band Sigur Rós

Die mit Bogen gespielte Gitarre erinnert an die isländische Band Sigur Rós

Der Effekt vom sanften und ruhigen Start mit einem Tempowechsel im Mittelteil des Songs begleitete einem an diesem Abend noch einige Male. Das Publikum wirkte dabei jeweils wie gebannt. Wenn die Band still stand und einfach einige Momente keinen einzigen Ton von sich gab, blieben auch die Zuschauer mucksmäuschenstill. Dies verstärkte den Effekt unglaublich, sobald die Band wieder mit voller Kraft einsetzte und zu unerwartet rockigem Tempo auf der Bühne herumwirbelte. Diese Rock-Ausbrüche schienen auch dem in Hotel-Badelatschen auftretenden Liddle zu gefallen, denn er tanzte und stampfte jeweils wie wild. Er beherrscht die gängige Rock-Attitüde also zweifelsfrei. Zwischen den Titel blieben die Musiker von Dry The River jedoch eher zurückhaltend und wortkarg. Sie stellten aber noch klar, dass dies überhaupt nichts damit zu tun habe, dass sie den Moment und die Stimmung nicht geniessen würden, sondern sie vielmehr einfach von der ruhigen Sorte seien. So wirkte dieser Umstand auch nie störend und verlie dem Konzert eine träumerische Ruhe.

Als die Band dann komplett unverstärkt den Song «Shaker Hymns» inmitten Publikums spielten, lauschten alle andächtig und das Schnippen der Zürcher wurde zur Taktangabe für das Lied. Der dreistimmige Gesang wirkte auch ohne Mikrofonverstärkung sehr harmonisch. Dass Dry The River keine Grenze zwischen den Zuhörern und sich brauchten, zeigten sie mit dieser Aktion eindrücklich.

Dry The River auf Tuchfühlung mit dem Zürcher Publikum

Dry The River auf Tuchfühlung mit dem Zürcher Publikum

In voller Besetzung und verstärkt verabschiedeten sie sich mit «Weights & Mesures» von der Bühne. Dry The River boten während knapp eineinhalb Stunden ein stimmiges und spezielles Konzerterlebnis mit grossen Melodien und starker Live-Präsenz. Leider wurde man nach Konzertschluss ziemlich schnell in den Flur befördert, da die Vorbereitungen für die um 23 Uhr startende Party bereits getroffen werden mussten. Beim Rausgehen, hörte man überall noch Melodien pfeifende oder summende Menschen.

Auf der grossen Festival-Bühne am Zürich Openair wirkten die Musiker für mich etwas verloren, da die Intensität der Musik nicht richtig zur Geltung kam weil an solchen Anlässen immer eine gewisse Unruhe herrscht. Im Rahmen einer Location wie dem Plaza wirkt alles viel intensiver und eindringlicher. Für mich sind Dry The River eindeutig für den Club oder die Zeltbühne eines Festivals gemacht. Denn dort können sie ihr Potenzial voll entfalten.