Vergangenes Wochenende ging im Münchner Olympiapark zum ersten Mal das Festival RockAvaria über die Bühne. Mit Muse, Kiss und Metallica liessen sich die Veranstalter zur Premiere nicht lumpen. Über 80 Bands brachten Rock, Metal und Hardcore in die Bayrische Hauptstadt. Für mich persönlich war trotz grosser Namen wie Kiss und Metallica vor allem der erste Konzerttag das Highlight. Mit The Hives und Muse spielten gleich zwei meiner absoluten Live-Favoriten.
Bereits Stunden vor Öffnung des Olmypiastadions besammelten wir uns vor den Toren, um uns einen Platz in der ersten Reihe zu sichern. Der Andrang war bis zum Zeitpunkt der Stadionöffnung geringer ausgefallen, als erwartet. Als wir um 13.30 endlich Einlass gewährt bekamen und uns den lang ersehnten Platz ganz vorne sichern konnten, war ein erster grosser Schritt getan.
Eröffnet wurde die Main Stage von der kalifornischen Doom-Metal-Band Orchid. Danach folgten Auftritte von Triggerfinger und Bonaparte. Tobias Jundt, Frontmann von Bonaparte brachte mit seiner Show die Zuschauer zum ersten Mal richtig zum Tanzen. Wenn die Auftritte im Vergleich zu früher auch etwas weniger ausgefallen geworden sind, so hat dieser kleine Wirbelwind immer noch die Fähigkeit das Publikum mitzureissen. Bei Songs wie «Anti Anti», «Too Much» oder «Computer In Love» scheiden sich die Geister. Vielen Fans stehen auch ziemlich viele gegenüber, welche den Erfolg von Bonaparte nicht nachvollziehen können.
Nach diesem sehr unterhaltsamen Auftritt standen auch schon bald die gut gekleideten Schweden von The Hives auf der Bühne. Dass Sänger Pelle Almqvist an genau diesem Tag seinen 37 Geburtstag feierte, liess ihn noch euphorischer, als schon an normalen Tagen, auf der Bühne und inmitten der Zuschauer herumwirbeln. Das Energiebündel suchte mehrfach die erste Reihe auf, gerne auch um sich einen Schluck aus den Bechern zu gönnen und liess sich auf Händen tragen. Dass The Hives eine der besten Livebands überhaupt sind, haben sie schon bei unzähligen Gelegenheiten bewiesen. Ich persönlich möchte mit keiner Band nach diesen Herren auf der Bühne stehen. Da können nur sehr wenige mithalten – zum Glück stand mit Muse später noch so eine Ausnahme auf der Bühne. Hit um Hit brachten die Schweden das Volk mehr in Stimmung. Bei Titeln wie «Tick Tick Boom», «Go Right Ahead» oder «It‘ Won’t Be Long», kann nur jemand, der keine Beine hat ruhig stehen bleiben. Dank The Hives sprang der Funke endgültig aufs Münchner Publikum über. Als die Anzugträger nach «Hate To Say I Told You So» die Bühne verliessen war die Messlatte extrem hoch angesetzt.
Mit Incubus folgte eine Band, die schon seit 1991 im Business ist. Vielleicht rechtfertigt das in irgendeiner Weise ihren Status. Für mich waren sie jedoch eine Fehlbesetzung und ziemlich langweilig. An der musikalischen Qualität von Sänger Brandon Boyd und seinen Bandkollegen war eigentlich nichts auszusetzen, aber nach dem aufputschenden Auftritt von The Hives flachte die Stimmung durch die ruhigen Songs zunehmend ab. Ebenfalls wirkte Boyd mit seinem offenen Hemd ziemlich von sich überzeugt und seine Bewegungen auf der Bühne waren eigentlich nur eine Anreihung an Posen. Vielleicht gut für ein Fotoshooting, aber bei einem Konzert für mich etwas fehl am Platz. Doch das Ausharren bei Incubus würde sich auszahlen. Denn bald waren endlich die drei Jungs aus Teignmouth an der Reihe. Auffallend war zu diesem Zeitpunkt, dass das Stadion viel weniger gefüllt war, als gedacht. Auf den Rängen blieben ziemlich viele Stühle leer und auch im hinteren Bereich der Stehplätze gab es grössere Lücken. Davon bekam man in der erste Reihe jedoch nicht wirklich etwas mit.
Kurz nach 21 Uhr enterten Muse die Festivalbühne. Nach der Intro-Wutrede des Drill Sergeants legten sie mit «Psycho», dem ersten veröffentlichten Track vom morgen erscheinenden 7. Studioalbum «Drones» das Tempo vor. Der Song basiert auf einem Riff, welches bereits sehr früh bei Live-Konzerten als Outro-Riff fungierte. Dieses war auf Grund der gespielten Gitarrenbünde auf den Namen «0305 riff» getauft worden und daher für Muse-Fans schon lange ein Begriff. Zeit zum Verschnaufen blieb kaum, denn gleich wurde mit «Stockholm Syndrome» eine weitere temporeiche Nummer geschmettert. Wie ein hüpfender Gummiball sprang Matthew Bellamy auf der Bühne umher.
Nach einer kleinen Clubtour in den UK und einigen Promo-Konzerten war das RockAvaria das erste offizielle Festival-Konzert der «Drones-Tour». Die Setlist enthielt mit «Dead Inside», «Reapers», «Mercy» und dem eingangs erwähnten «Psycho» vier Tracks vom neuen Album, welche allesamt sehr gut ankamen. In der Mitte des Sets folgte ein ausgedehnter «Drum & Bass»-Jam von Schlagzeuger Dominic Howard und Bassist Christopher Wolstenholme, welcher in München seine Uraufführung erlebte. Deshalb nennt sich dieser nun auch «Munich Jam» und wird wohl auf den weiteren Konzerten der Tour ebenfalls vertreten sein.
Mit «Madness» folgte anschliessend ein Abstecher zu «2nd Law», dem letzten Muse-Album aus dem Jahre 2012. Dieses war beim Auftaktkonzert nur noch mit einem weiteren Titel, nämlich «Animals» vertreten. Während «Animals» setzte kurzzeitig und genau zum Tempowechsel im Mittelteil heftiger Schauer ein, als würde es zur Show dazugehören. Bei Muse weiss man ja nie…
Als Matthew Bellamy nach «Madness» zu seinem Flügel schritt, waren alle gespannt, was nun folgen würde. Mit «Apocalypse Please», einem lange verschollenen Track vom dritten Album «Absolution», machte das Trio dem RockAvaria-Publikum eine besondere Freude. Diesen Song, gab es bis auf zwei USA-Konzerte seit 2008 nicht mehr zu hören und war daher ein ganz spezielles Erlebnis. Mit «New Born» und meinem All-Time-Favorite «Bliss» folgten direkt im Anschluss die ersten zwei Songs vom 2001 erschienenen zweiten Album «Origin Of Symmetry». Nach «Time Is Running Out» folgte für diejenigen Muse-Fans, welche sich die kursierenden Youtube-Clips nicht angeschaut hatten die Premiere von «Reapers». Eine Komposition die an Van Halen und AC/DC erinnert. Der 6-minütige Song enthält Gitarrenexzesse, die sich Bellamy scheinbar endlich wieder gönnen wollte. Sehr zur Freude der Fans. Solche Nummern wurden nach den ersten Ankündigungen der Band zum neuen Album «Drones» erwartet. Zurück zum Ursprung, härter und kompakter sollte es klingen. Dies ist auch beim kürzlich veröffentlichten Song «The Handler» der Fall, welcher von vielen Fans als der beste Muse-Song seit langer Zeit bezeichnet wird.
Nach diesem Kracher verliessen Matt, Dom und Chris (und Morgan) die Bühne. Auf dem Videoscreen wurde eine Rede von John F. Kennedy aus dem Jahre 1961 gezeigt, welche sich auch auf dem Album als Intro für den Song «Defector» befinden wird. Diese war untermalt von Bildern von Edward Snowden, der Hacker-Truppe Anonymous und anderen aktuellen politischen Bildern. Mit «Uprising» kehrte Muse noch einmal auf die Bühne im Münchner Olympiastadion zurück und verabschiedete sich mit den obligaten «Starlight» und «Knights Of Cydonia».
Ein grossartiger Konzertabend ging zu Ende, wie ein Abend mit Muse zu Ende gehen sollte: Mit den Worten «You and I must fight to survive» verabschiedeten sie sich endgültig von der Bühne und liessen ein glückliches Publikum im Stadion zurück.
Das Schweizer Publikum bekommt schon sehr bald die Chance Muse live zu erleben. Diesen Samstag spielen sie am Sonisphere Festival auf dem Expo-Gelände in Nidau bei Biel. Tickets gibt es noch regulär zu kaufen.