FFS in Zürich:
Zwei Bands verschmelzen im X-TRA zur perfekten Einheit.

In Interviews, Reviews by indiespect

Note for English readers: There is also an English version of the interview with Paul and Bob from FFS available. Just click here to read. I hope you enjoy!

FFS – so heisst die Kollaboration sowie das neuste Album von von Franz Ferdinand und Sparks. Bereits zu ihren Anfangszeiten nannten Franz Ferdinand in Interviews die aus Los Angeles stammende Electro-Pop-Band Sparks als grosse Inspiration. Sparks besteht aus den Brüder Ron und Russel Mael und ist bereits seit den 60er-Jahren aktiv.

Da sich die Mael-Brüder schon immer mehr für die britische Musiklandschaft interessierten, wurden sie auch auf die von der damals jungen Band Franz Ferdinand getätigten Aussagen aufmerksam. So traf man sich 2004 zu ersten Mal  in Los Angeles. Kurz darauf schickten die Sparks den Song «Piss Off» nach Schottland. Für eine Kollaboration war zu diesem Zeitpunkt jedoch schlicht und einfach keine Zeit, weil Franz Ferdinand mit ihrem selbstbetitelten Debutalbum dermassen erfolgreich waren. Knapp 10 Jahre später trafen Franz-Ferdinand Sänger Alex Kapranos und die Mael-Brüder 2013 in San Francisco zufällig aufeinander. Die Geschichte kam wieder ins Rollen und ein gemeinsames Album ist mittlerweile entstanden. «FFS» wurde am 5. Juni 2015 veröffentlicht und hat praktisch durchs Band positive Reaktionen erhalten.

Bereits im Juli sollten FFS im X-TRA auftreten. Doch das Zürcher Publikum musste sich schliesslich doch noch etwas länger gedulden. Das Konzert wurde aus logistischen Gründen auf letzten Mittwoch, den 2. September verschoben.  Püntklich um kurz vor viertel nach Neun betraten die sechs Herren die Bühne. Franz Ferdinand, bestehend aus Sänger Alex Kapranos, Gitarrist Nick McCarthy, Bassist Bob Hardy und Schlagzeuger Paul Thomson sowie die Sparks-Brüder Russel Mael am Gesang und Ron Mael am Keyboard.

Russel Mael und Alex Kapranos – zwei Frontmänner für FFS

Russel Mael und Alex Kapranos – zwei Frontmänner für FFS

Bereits die ersten Klängen von «Johnny Delusional» versetzten das heimische Publikum in Tanzstimmung. Schnell merkte man, dass es FFS extrem Spass macht gemeinsam auf der Bühne zu stehen. Die zwei Frontmänner standen Seite an Seite und übernahmen gemeinsam den Lead. Keiner wollte den anderen in den Schatten stellen. So entstand ein harmonisches Zusammenspiel der Generationen. Die Setlist enthielt so ziemlich jeden Song von «FFS». Immer wieder war der Auftritt auch gespickt mit eigenen Songs der einzelnen Formationen. Dass auch die Sparks von der Musik  von Franz Ferdinand angetan sind und nicht nur umgekehrt, zeigte sich spätestens, als mit «Do You Want To» der erste Titel der Schotten gespielt wurde. Richtig stolz schien Russel Mael zu sein, dass er auch bei diesen Tracks nicht in den Hintergrund verbannt wurde, sondern weiterhin ganz vorne stehen und mitsingen durfte. Vor allem die jüngeren Zuschauer im Publikum tobten.

Doch auch die Sparks haben einiges zu bieten. Ihr grossartiger Song «When Do I Get To Sing ‚My Way‚», zeigte wie zeitlos auch ihr eigener Sound funktioniert. Es ist schwierig sich  an diesem Abend für ein Highlight zu entscheiden, doch nebst den tollen FFS-Songs war dieser Titel auf jeden Fall extrem eindrücklich.

Die Mael-Brüder von Sparks harmonieren auch nach über 40 gemeinsamen Bühnenjahren noch ausgezeichnet.

Die Mael-Brüder von Sparks harmonieren auch nach über 40 gemeinsamen Bühnenjahren noch ausgezeichnet.

Das Konzert entwickelte sich zu einem richtigen Fest für Zuschauer und Band.  «Michael» und «Take Me Out» sorgten bei eingefleischten Franz-Fredinad-Fans nebst dem eingangs genannten «Do You Want To» für Begeisterungsstürme.«Piss Off» – der eigentlich erste Song von FFS, welcher seinen Anfang bereits vor über zehn Jahren hatte, entwickelt in seiner Live-Version richtiges Hitpotenzial. Sinngebend traten die sechs Herren nach diesem Song auch ein erstes Mal von der Bühne. Zum Glück schienen sie das laut mitgesungene «Piss Off» dann doch nicht so ernst genommen zu haben, denn schon bald stand die Kombo wieder auf ihren Positionen. Mit dem herrlich selbstironischen Titel «Collaborations Don’t Work» verabschiedeten sich FFS nach drei Zugaben endgültig vom Zürcher Publikum.

Nick McCarthy und Bob Hardy quetschen sich gemeinsam auf den Stuhl von Ron Mael.

Nick McCarthy und Bob Hardy quetschen sich gemeinsam auf den Stuhl von Ron Mael.

An diesem Konzertabend haben FFS die schwierige Aufgabe geschafft, nicht als einzelne Bands zusammen auf der Bühne zu stehen, sondern als grosse Einheit noch einmal an Qualität zu gewinnen. Es scheint, als haben sich zwei aus unterschiedlichen Zeiten stammende, unabhängige Formationen, gesucht und gefunden. Eine Fortsetzung der Kollaboration wäre durchaus wünschenswert.

 

Direkt vor dem Konzert hatte ich die Möglichkeit mich zu einem Interview mit Bob Hardy (Bass) und Paul Thomson (Schlagzeug) von FFS zu treffen.

FFS_Interview_Bob_Hardy_Paul_Thomson

Indiespect: Im Juli musstet ihr euer geplantes Konzert in Zürich absagen. Könnt ihr euch erinnern, was der Grund dafür war?

Bob Hardy: Wir hatten logistische Probleme, Trucks und solche Geschichten.

Paul Thomson: Es hatte einen sehr langweiligen Grund.

H: Aber heute sind wir hier. Ist es nicht ein wunderschöner Tag?

I: In FFS-Interviews hört und liest man sehr oft die Geschichte, wie sich Alex und die Mael-Brüder getroffen haben. Was ist eure Geschichte im Zusammenhang mit dem Start der Kollaboration mit Sparks?

H: Wir trafen sie zur selben Zeit zum ersten Mal, das war glaube ich 2004. Damals hatten wir zusammen ein Abendessen.

T: Aber was war deine Sicht auf den Moment, als Alex sie 2013 in San Francisco wiedertraf? Sie liefen sich zufällig über den Weg.

H: Alex fragte uns, ob wir an diesem Abend zur Sparks-Show gehen wollten und wir sagten: Ja, klar! Wir sahen uns das Konzert an – es war brilliant. Danach gingen wir backstage und es war im Stil von: «Wir haben uns seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen, wie geht es euch?» Damals schraubten die Mael-Brüder den ganzen Kollaborationsgedanken etwas herunter und wir sagten, dass wir das unbedingt machen sollten.
Danach begannen wir uns per Mail zu schreiben und die Nachrichten gingen ziemlich schnell hin und her. Aber direkt nach dem Konzert sind wir in eine Cocktail-Bar gegangen. Sparks waren dort jedoch nicht mehr dabei. Es war direkt neben der Venue – kannst du dich erinnern?

T: Klar, das war der Elbo Room in San Francisco.

H: Und verdammt, diese Cocktails waren stark! Ich hatte den schlimmsten Hangover meines Lebens. Am nächsten Tag spielten wir ein Konzert und ich dachte, ich müsste sterben.

T: Wir spielten in einem winzigen Keller, in welchen nur eine ganz kleine Treppe führte. Es hatten ungefähr 100 Leute darin Platz.

I: Wie könnt ihr überhaupt eine Show mit einem solchen Hangover spielen? Ist das überhaupt möglich?

H: Es ist möglich, ja. Aber es ist nich ideal. Das ist auch der Grund, warum ich nicht mehr so viel trinke. Es ist überhaupt nicht ideal, aber du kannst es durchstehen.

Ron_Mael_Bob_Hardy_FFS

Ron Mael und Bob Hardy während dem FFS-Konzert im X-TRA

I: Denkt ihr, dass die Zusammenarbeit mit Sparks den Musikstil von Franz Fredinand in der Zukunft beeinflussen wird?

H: Ich denke, es ist schwierig zu sagen, dass es den Musikstil beeinflusst. Vielmehr die Herangehensweise, wie wir ein Album aufnehmen, könnte sich verändern oder sicher in die Richtung zurückgehen, wie wir es handhabten, als wir die Band starteten. «FFS» wurde sehr rasch aufgenommen, weil wir alle Vorbereitungen bereits im Vorfeld getroffen hatten. Als wir ins Studio gingen waren wir 15 bis 16 Tage am Stück dort und waren wir bereits fertig. Das war eine sehr angenehme Art zu arbeiten. So haben wir es auch beim ersten Album von Franz Ferdinand gemacht. Danach sind wir von diesem Modell etwas abgewichen, aber möchten in Zukunft gerne wieder mehr in diese Richtung arbeiten.

I: War von Anfang an klar, dass ihr an verschiedenen Orten am Album schreiben werdet?

T: Das war bereits aus logistischen Gründen klar. Aber ich denke wir wären auch nicht in der Lage gewesen, alle zusammen in einem Raum an den Songs zu schreiben. Auf diese Weise konnten wir einfach Mails schicken und hatten zwei Tage später eine Antwort von den Sparks.

H: Die Zeitverschiebung war ein weiterer Grund dafür. Von Zeit zu Zeit wachst du am Morgen auf und da ist ein neuer Song, welcher über Nacht geschickt wurde. Und wenn du antwortest, sind meist die anderen im Bett. Es ist ein etwas langwieriger Prozess, aber es hat Spass gemacht.

T: Nur im Bezug auf die Promotion des Albums war die Zeitverschiebung nicht optimal – das hat etwas genervt.  Aber für den Songwriting-Prozess war es trotzdem eine erfrischende Art zu arbeiten. Und sicherlich war das für Ron und Russel genauso.

I: Kennt ihr andere Kollaborationen, welche so gut geklappt haben, wie eure mit Sparks?

H: Lass mich überlegen. Mir hat die Zusammenarbeit von Marks On Mars und Mark E. Smith (Anm. Indiespect: Die Kollaboration unter dem Namen «Von Sudenfed» veröffentlichte über Domino Records, dem selben Label, welchem auch Franz Ferdinand angehört, ihr Album «Tromatic Reflexxions») gefallen. Ebenfalls «Under Pressure» von Queen featuring David Bowie.

T: Manche Stilrichtungen wie Pop, R&B, Rap und Reggae sind voll von Kollaborationen. Da sind manchmal 15 Künstler gleichzeitig auf einem Album vertreten. Aber bei Gitarrenmusik ist das nicht so üblich.

I: Könntet ihr euch vorstellen mit einer anderen Band zusammenzuarbeiten. Oder bleibt das Projekt mit Sparks euer einziges?

T: Das hier funktioniert einfach gut, weil sie nur zu zweit sind und wir selber keinen Keyboarder haben. Die zwei Stimmen harmonieren zum Glück auch sehr gut. Zu Beginn wussten wir nicht, ob das funktionieren würde. Das merken wir erst später im Prozess. Alex und Russels Stimme vermischen sich ziemlich gut miteinander, weil sie über einen komplett unterschiedlichen Stimmumfang verfügen. Am Anfang dachten wir noch, dass der eine eine Songzeile singt und danach der andere übernimmt. Aber bei vielen Titeln singen sie nun zusammen – das klingt manchmal ein bisschen wie ABBA.

H: Mit einer anderen Band zu arbeiten, welche ebenfalls einen Bassisten, einen Schlagzeuger und einen Gitarristen hat, das würde nicht funktionieren. Ich meine, wer will schon zwei Schlagzeuger auf der Bühne sehen? Zwei Bassisten vielleicht (lacht und schaut zu Paul).

I: Bob, stimmt es, dass deine erste Bassgitarre eigentlich ein Geschenk von einem früheren Mitglied von Belle & Sebastian an Alex Kapranos war?

H: Ja, das is wahr. Sie war von Mick (Anm. Indiespect: Mick Cooke spielte 15 Jahre bei Belle & Sebastian). Er spielte auch Bass in einer alten Band mit Alex.

I: Und du wolltest zu Beginn gar nicht Bass spielen?

H: Nicht wirklich, nein. Wenn es nicht etwas ist, das mir auf Anhieb liegt, dann mag ich es nicht. Und man muss sich wirklich konzentrieren, wenn man beginnt ein Instrument zu lernen. Ich habe mich nur aus sozialen Gründen dazu überwunden. Es machte Spass mit den Jungs abzuhängen und danach ins Pub zu gehen. Die Proben waren für mich etwas, dass man überstehen musste, um danach weggehen zu können.

I: So war das also am Anfang?

T: So war es für die ersten paar Jahre (lacht). Aber mittlerweile lieben wir es.

H: Ja, jetzt gefällt es mir wirklich zu proben.

Nick McCarthy behauptete zu Beginn Schlagzeug spielen zu können um bei Franz Ferdinand aufgenommen zu werden. Als sich das als unwahr herausstellte, wechselte er mit Paul Thomson die Positionen.

Nick McCarthy behauptete zu Beginn Schlagzeug spielen zu können um bei Franz Ferdinand aufgenommen zu werden. Als sich das als unwahr herausstellte, wechselte er mit Paul Thomson die Positionen.

I: Das heisst ihr habt nun endlich eure Position gefunden. Ich habe gehört, dass du (Paul) am Anfang noch Gitarre gespielt hast.

T: Ich habe in früheren Bands schon Schlagzeug gespielt, in Bands mit Alex. Danach war ich eine Weile in einer Formation, in der ich Frontmann war und meine eigene Musik produzierte. Ich hab es ziemlich gemocht im Vordergund zu stehen und deshalb wollte ich nicht hinter die Drums zurückkehren. Ich wollte einfach etwas anderes machen. Als wir mit Franz Ferdinand begonnen haben, war es wirklich nur um zusammen abzuhängen, Karten zu spielen und uns zu betrinken.

I: Ihr hattet aber auch Zeiten, in denen ihr euch nicht sehen wolltet, stimmt das?

H: Wir hatten 2003, 2009 und auch 2010 ziemlich stressige Jahre. Danach brauchten wir eine kleine Pause. Ich habe Paul noch immer gesehen, aber wir lebten alle in unterschiedlichen Städten und wir hatten einfach ein kleines Tief. Das ist doch normal, wenn man zusammen lebt und arbeitet. Manchmal braucht man einfach etwas Freiraum.

FFS beweisen, dass Kollaborationen doch funktionieren können.

FFS beweisen, dass Kollaborationen doch funktionieren können.

I: Ich habe über euer neues Album ein Review auf Pitchfork gelesen…

H: Oh je.

I: Ihr scheint sie zu kennen. Sie haben nämlich geschrieben, dass…

Paul hält sich die Ohren zu und beginnt zu singen, um nichts zu hören.

I: Es scheint, als möchtet ihr es nicht hören. Heisst das ihr lest gar keine Reviews oder vermeidet ihr im speziellen diejenigen von Pitchfork?

H: Ich lese eher keine Reviews.

T: Ach ja, Reviews… Wer schreibt gute Albumkritiken? Einfach jemand der wirklich leidenschaftlich gerne Musik hört. Leute, die aus den richtigen Beweggründen schreiben. Solche, die Musik genauso mögen, wie wir es tun. Wenn es nicht so ist, frage ich mich immer: Was habt ihr davon, wenn ihr Musik nicht einmal mögt?

I: Ich sehe schon, falsche Frage. Lasst uns über etwas anderes reden. Arbeitet ihr schon an neuem Material für Franz Ferdinand?

H: Ja, wir sind an einigem dran. Aber zurzeit fokussieren wir und immer noch auf die Zusammenarbeit mit Sparks.

I: Ich hatte eine Frage für Nick vorbereitet, aber er ist nicht hier.

H: Wir können sie für ihn beantworten!

I:  Als Nick jung war, hatte er den Spitznamen «Nick McCarThief», weil er ein Auto gestohlen hat…

T: Er war ein Landjunge und lebte in Bayern… Wer hat den Sptiznamen schon wieder erfunden? Nick’s Bruder? Einmal hat er mir auch erzählt, dass ihm sein kleiner Bruder, als sie noch jünger waren, mit einem Luftgewehr in die Hoden geschossen hat. Aber er hat mittlerweile zwei Kinder, da ist also kein bleibender Schaden dabei entstanden.