Am letzten Wochenende hat sich wieder einmal gezeigt, dass es sich immer lohnt, mehrere aufeinander folgende Konzerte einer Band zu besuchen. Das Konzerterlebnis kann an zwei Abenden komplett anders sein.
TAG 1:
Sie sind fast schon Dauergäste bei uns in der Schweiz. Sie sind solche von der Sorte, wie man sie gerne immer wieder empfängt. Die Rede ist von der dänischen Rock-Kombo Go Go Berlin. Erst im letzten Oktober war die fünfköpfige Band für zwei Konzerte hierzulande zu Besuch. Vergangenen Freitag folgte der erste diesjährige Schweizer Auftritt im Werkk in Baden.
Wie bei Wochenend-Shows häufiger der Fall wurde der Zeitplan ignoriert und die fünf Dänen standen erst kurz vor 23 Uhr auf der Bühne. Dafür wurde gleich richtig eingeheizt. Wie bereits im letzten Herbst wurde das Set mit «Kill Me First» eröffnet und auch sonst hielten Go Go Berlin an ihrer Setlist fest. Sogar die Reihenfolge der Titel war mit der letztjährigen identisch. Nichtsdestotrotz unterscheiden sich die einzelnen Gigs bei jedem Mal. Die Energie der Songs und der gesamten Band sowie der Hüftschwung von Sänger Christian Vium zünden immer, aber nach mehreren Konzerten bemerkt man die kleinen Unterschiede.
Sicherlich waren die Jungs auch in Baden in Form, aber Vium liess erst zum Schluss die Rampensau vollständig zum Vorschein kommen. Plötzlich setzte er zum Stagedive an und wurde vom Badener Publikum (zum Glück) auf Händen getragen. Anschliessend begab er sich mitten in die Menge und hüpfte mit den Fans im Takt um die Wette. Die ausufernde Performance von «Raise Your Head» begeistert immer aufs Neue und dauerte wieder gut und gerne 15 Minuten. Die Zugabe bestand bisher meist aus einer Mischung von «All Mine» vom aktuellen und «Shoot The Night» vom ersten Album. In Baden wurde jedoch «All Mine» komplett durchgespielt.
Die umgänglichen Musiker fanden sich bereits kurz nach dem Konzert am Merchandise-Stand ein, posierten für Fotos und erfüllten Autogramm-Wünsche. Den Verkauf erledigten sie dabei auch gleich höchstpersönlich. Im Gegensatz zum letzen Besuch, bei welchem sie mit Nightliner und Tourmanager anreisten, schienen sie dieses Mal bescheidener unterwegs zu sein. Das lässt sich vielleicht auch darauf zurückführen, dass die Tour dieses Mal wesentlich kürzer ausfällt.
TAG 2:
Weiter ging die Reise ins Urnerland, genauer gesagt nach Andermatt. Am Samstag fand dort zum zweiten Mal das «AndermattLive!» statt. Auf mehreren Bühnen in ganz Andermatt verteilt, spielten während zwei Tagen nationale sowie internationale Künstler. Am zweiten Tag des Festivals waren dies Bands wie Neckless, Yokko und Go Go Berlin. In der ganzen Gemeinde wurde man auf das Festival aufmerksam gemacht – sei es mit riesigen Bannern oder dem offiziellen Festival-Fahrzeug. Bei schönstem Wetter genossen wir den Nachmittag draussen und tankten ordentlich Sonne, um für den Abend fit zu sein. Um 20 Uhr öffnete die Aula ihre Türen. Der Name war auch Programm. Denn es war nicht bloss ein Name für einen Club, sondern die Hauptbühne des Festivals befand sich in der Aula des Bodenschulhauses Andermatt. Das Ambiente war also eher für ein Schultheater, als für Rockkonzerte geeignet.
Beim Auftritt von Neckless, der ersten Hauptband des Abends, war der Saal leider noch relativ spärlich besucht, was dafür sorgte, dass der Funke für einmal nicht so richtig überspringen wollte. Der Applaus des Publikums wurde vom Raum beinahe sofort absorbiert, nachdem die Hände zusammengeklatscht wurden. Die Winterthurer Band präsentierte mit Ausnahme von zwei Titeln ausschliesslich ihre neuste EP «Hopes and Heroes».
Als zweiter Act standen Yokko aus Baden auf dem Programm. Die Band um Sänger Adrian Erni hat Anfang März ihr zweites Album mit dem Titel «To the fighters. To the Boxers» veröffentlicht und spielte in Andermatt den zweiten Gig ihrer aktuellen Tour. Erni konnte mit seiner offenen Art das Publikum schon etwas auflockern und zum Tanzen animieren, aber immer noch nicht ganz zum Ausrasten bewegen. Dass die Band beim Auftritt von einem Posaunisten unterstützt wurde, war eine erfrischende Abwechslung.
Ungefähr zur selben Zeit wie am Vorabend betraten schliesslich Go Go Berlin die Bühne in der Aula. Bereits beim Gang auf die Bühne war zu merken, wie gut sie gelaunt waren. Einen nicht unwesentlichen Teil zu diesem Umstand wird die Unterbringung der Band im Luxushotel «The Chedi Andermatt» beigetragen haben. Als Partner von «AndermattLive!» stellten sie der Band diese noble Residenz zur Verfügung. Die Entspannung schien die Jungs, speziell Sänger Christian Vium beflügelt zu haben. Gleich zu Beginn bemerkte er, dass er jeden Tag wieder in Andermatt spiele würde und sie nur zu fragen bräuchten.
An der Songauswahl änderten die Dänen nichts, aber die Performance war um Welten anders. Go Go Berlin liessen sich immer wieder zu ausufernden Instrumentalparts hinreisen und Vium tanzte auf den Monitorboxen oder teilte sich das Mikrofon mit Lead-Gitarrist Mikkel Dyrehave. Was die Schweizer Bands nicht in der Gänze geschafft haben, schafften die Nordländer mit links – das Publikum gehörte ihnen. Die Verbindung zwischen den Künstlern und dem Publikum sorgte dafür, dass auch das Ambiente nicht mehr störte. Sicherlich war das Konzert in Baden gut gewesen, aber das, was die Jungs in Andermatt abgeliefert haben, war schlicht und einfach gigantisch. Die Spielfreude und die Energie der Dänen war bei jeder Note spürbar.
Nach ihrem Auftritt erhielten Go Go Berlin von zwei Vertreterinnen des OKs den Ehrenpreis für die beste Live-Performance des Festivals. Niemand würde da widersprechen. Sogar Ski-Star Bernhard Russi war so begeistert, dass er sich gleich ein T-Shirt am Merchandise-Stand sichern musste.
Die Jungs verrieten zwischen den Konzerten, dass sie bereits an einem Nachfolger für «Electric Lives» arbeiten, voraussichtlich wird das neue Album im Sommer 2017 erscheinen. Bis dahin werden wir hoffentlich noch einmal Besuch von den sympathischen Dänen erhalten.
Die komplette Setlist vom ersten Abend gibt es hier.