We Are Scientists im NEO: Musikalische Leidenschaft und gelebte Publikumsnähe in Zürich

In Reviews by indiespect

NEO – so heisst eine neue Bar in der Europaallee, dem neu entstehenden Quartier, direkt beim Zürcher Hauptbahnhof. Die moderne Bar lockt nicht nur mit Getränken und kulinarischen Leckerbissen, sondern auch mit musikalischen Highlights. So waren am letzten Mittwochabend die New Yorker Indie-Rocker «We Are Scientists» zu Gast. Nachdem die Band ihren Auftritt beim Rock am Ring aufgrund der wetterabhängigen Absage des Festivals nicht spielen konnten, dürfen sie nun bei einigen Clubshows in vor Unwetter und Gewittern geschützten Räumen spielen.

Die für energiegeladene Live-Auftritte bekannte Band veröffentlichte erst kürzlich ihr fünftes Studioalbum mit dem Titel «Helter Seltzer». Einen Bericht über das neuste Werk könnt ihr hier nachlesen. Sänger Keith Murray und Bassist Chris Cain bilden die Kernformation von «We Are Scientists» und sind für ihre Freundlichkeit und Publikumsnähe bekannt.

Dass diese Nahbarkeit jedoch so weit geht, dass die Band höchstpersönlich gemütlich an einem Tischchen vor der Bar sitzt und bereits vor dem Konzert eigenhändig den Merchandise-Stand aufbaut und betreut, ist schon eine Klasse für sich.

Die Bühne im hinteren Bereich der langgezogenen Bar, ist für drei Musiker platztechnisch knapp ausreichend. So mussten Instrumentenkoffer unter oder neben der Bühne verstaut werden. Durch die schlauchartige Form des NEO empfiehlt es sich für eine gute Sicht, kurz vor Konzertbeginn vor der Bühne einen Platz zu ergattern.

Kurz nach halb neun erklang das skurrile Tour-Intro und die drei US-Musiker betraten elegant mit Sakko und Hemd bekleidet die Bühne. Unterstützt wird das Duo Murray (Gesang, Gitarre) /Cain (Backing-Vocals, Bass) schon seit gut drei Jahren von Live-Schlagzeuger Keith Carne. Mit «Rules Don’t Stop», dem Opener vom 2010 veröffentlichten Album «Barbara» wurde die mit etwas mehr als 100 Zuschauern ausverkaufte Bar in Beschlag genommen. Der Himmel draussen hatte sich mittlerweile scheinbar etwas aufgehellt, denn Bassist Chris Cain wurde von neben dem Vorhang einfallenden Sonnenstrahlen geblendet.

Nach «Dumb Luck», einem der besten Songs vom Vorgänger-Album «TV En Français», folgte mit «Buckle» der Opener und der mit Abstand beste Song vom neuen Release. Mit dieser Komposition unterstreichen die Indie-Veteranen, dass sie noch immer in der Lage sind, ganz grosse Musik zu schreiben. Sogar einer der beliebesten Songs «Nobody Move, Nobody Get Hurt» vom Debüt-Album aus dem Jahre 2005 wird von «Buckle» vom Thron gestossen.

Zwischen den Songs boten Keith und Chris ihre berühmten komödiantischen Einlagen und interagierten mit dem Publikum. Nicht nur die niedrige Höhe der Bühne, sondern auch das authentische und sympathische Auftreten der Musiker sorgte dafür, dass sich Publikum und Band so nahe kamen, wie nur möglich. Mehrfach suchte Murray den Weg in die Zuschauer und sogar Cain liess sich mit seinem Bass einmal auf ein Bad in der Menge ein.

Bei der Song-Auswahl blieben keine Wünsche offen. Eine bunte Mischung quer durch alle Alben liess die Zürcher tanzen und mitsingen. Klassiker wie «It’s A Hit», «After Hours» oder «The Great Escape» wurden gemischt mit brandneuen Tracks wie «Classic Love» oder «In My Head». Die 18 Songs umfassende Setlist hatten die New Yorker sehr ökologisch auf print@home-Eintrittstickets und altem Karton festgehalten.

Mit «Too Late» verabschiedeten sich We Are Scientists von der Bühne und liessen ein glückliches Publikum zurück, welches sich im Anschluss ans Konzert fleissig am Merch-Stand mit CDs, T-Shirts, Taschen und weiteren Goodies eindeckte. Auch direkt nach dem Konzert wurde der Verkauf von Murray und Cain persönlich geregelt. Die Vinyl-Version von «Helter Seltzer» war bereits nach zwei Konzerten ausverkauft, da die Band nicht mit solch kauffreudigen Fans gerechnet hatten.

Eine extrem sympathische Band, bei der sich ein Konzertbesuch immer wieder aufs Neue lohnt, bot uns im NEO einen intimen und unvergesslichen Konzertabend. Die Mischung aus mitreissenden Indie-Krachern, die Chemie zwischen den Hauptakteuren Murray und Cain sowie die Publikumsnähe macht aus We Are Scientists eine Live-Band der Extraklasse.

Die komplette Setlist des Abends gibt es hier.