Nada Surf unplugged:
Sanfte Landung im Kaufleuten Zürich

In Reviews by indiespect

Das Zermatt Unplugged Kaufleuten

Bereits zum zweiten Mal fand von Donnerstag bis Samstag das Zermatt Unplugged Kaufleuten statt. Der Ableger des etablierten Akustik-Festivals aus dem Wallis bietet dem Publikum dabei einmalige Konzerterlebnisse im intimen Unplugged-Gewand. Auch für Künstler ist diese Auftrittsform die eigentliche Königsklasse, weil sie sich nicht hinter Effektgeräten und aufwändigen Bühneninszenierungen verstecken können. Jeder Fehler ist hörbar und die Qualität der Musik kann sich in dieser reduzierten Form richtig entfalten.

Der Eingang des Zermatt Unplugged Kaufleuten war hübsch geschmückt mit Bildern der vergangenen Ausgaben von Zermatt Unplugged.

Das Kaufleuten wurde zu diesem Anlass in ein kleines Zermatt verwandelt. So konnte man beispielsweise im Zermatt Village walliser Spezialitäten in passendem Ambiente geniessen. Überhaupt waren sämtliche Räumlichkeiten alpin ausgestattet. Mit Fellen als Sitzunterlage oder Skis an den Wänden. Wer im Besitz eines Tickets für eines der grösseren Konzerten des Tages war, konnte sichin der «Lounge» zusätzlich vielversprechende Newcomerbands im Wohnzimmerambiente anschauen.

Ein kleines Zermatt, frei zugänglich für alle – das Zermatt Village

Die Lounge – Bühne der Newcomer-Bands

Wer ein Ticket für ein Konzert im Fest- oder Klubsaal besass, konnte sich vorher die Newcomer-Bands anschauen. Diese traten in der Lounge auf. Um 19 Uhr machte die Lausanner Combo «The Company of Men». Diese setzt sich aus Mitgliedern der bekannteren Bands «Yellow Teeth», «Rosqo», «Chewy» und «Favez» zusammen. Extrem sympathisch brachten sie die Zuschauer in Stimmung. Flotte Sprüche und kleine Sticheleien innerhalb der Band sorgten für einen lockeren Einstieg ins Festival.

The Company of Men wussten in der Lounge musikalisch und humoristisch zu überzeugen

Die Räumlichkeiten und der Auftakt mit John Moreland

Bezahlte Konzerte fanden im Klubsaal, dem grössten Raum des Kaufleuten sowie dem Festsaal statt. Die Besucher hatten die Qual der Wahl. Wer ein Tagesticket kaufte, konnte sich sämtliche Konzerte in allen Räumlichkeiten zu Gemüte führen. Bei den Zeitüberschneidungen der grösseren Acts, musste man sich jedoch entscheiden. Simple Minds im Klubsaal oder Nada Surf im Festsaal, das war hier die Frage. Für mich eine leichte Entscheidung. Zwar spielen die Indie-Helden relativ oft in der Schweiz, aber ein Unplugged-Konzert erlebt man nicht alle Tage.

Den Anfang machte jedoch um kurz nach 21 Uhr der Singer-Songwriter John Moreland aus Oklahoma. Sicherlich gibt es viele Fans der tiefgründigen und emotionalen Musik Morelands. Doch leider ist der Klang des Künstlers auf Dauer eher monoton. Auch wenn er inhaltlich einiges auszusagen vermag, so berührte die Art und Weise wie er die Songs vortrug, mich überhaupt nicht. Mehr als ein kurzes «thank you» nach jedem Stück, kam dem mächtigen Sänger nicht über die Lippen. Unscheinbar wie Moreland die Bühne betreten hatte, verliess er sie nach seinem Auftritt auch wieder.

Der Sound von John Moreland war zwar stimmgewaltig, aber über die gesamte Dauer etwas eintönig.

Der perfekte Song-Mix von Nada Surf

Lange Umbaupausen braucht es bei Unplugged-Konzerten zum Glück auch nicht, so kamen ganz unangekündigt plötzlich die drei Herren von Nada Surf auf die Festsaal-Bühne. Die Band wurde 1992 von Sänger Matthew Caws und Bassist Daniel Lorca gegründet. Nach zwei Besetzungswechseln in den ersten drei Bandjahren, fand 1995 mit Ira Elliot der jetzige Schlagzeuger zur Band und komplettierte für knapp 20 Jahre das Trio. Mit der Aufnahme von Gitarrist Doug Gillard sind die New Yorker seit 2012 offiziell ein Quartett. Da Gillard seit Kurzem auch wieder in seiner alten Band «Guided By Voices» mit von der Partie ist, bestreiten Nada Surf den Auftakt ihrer sechswöchigen Europa-Tournee wieder als Trio in der Quasi-Urformation.

Das Ur-Trio von Nada Surf mit Daniel Lorca, Ira Elliot und Matthew Caws im Element

Der Auftritt in Zürich markierte dabei den ersten Auftritt der Tour. Lorca erzählte begeistert, dass sie endlich die Möglichkeit hatten, die Stadt zu erkunden. Normalerweise blieb dafür nach der Ankunft und dem Soundcheck nicht mehr genügend Zeit. Der bekennende Kettenraucher, der sich sonst gerne auch auf der Bühne immer mal wieder die eine oder andere Zigarette ansteckt, musste im Kaufleuten aufgrund des strikten Rauchverbots darauf verzichten. Zwar steckte er sich zur Beruhigung immer mal wieder eine Kippe in den Mund, angezündet wurde diese jedoch während des gesamten Auftritts nicht.

Musikalisch trugen die drei Herren einen angenehmen Mix von neuem und altem Material vor. Mit «Cold To See Clear» wurde das Set eröffnet. Der Opener der neusten Platte «You Know Who You Are» fungiert seit deren Erscheinung jeweils als Einstieg ins Konzert. Die Auswahl der älteren Songs bot alles, was in einem einstündigen Set platz hat. Von «Whose Authority» über «Inside Of Love» bis zu «See These Bones» kam das Kaufleuten-Publikum in den Genuss der grossen Nada-Surf-Kompositionen. Obwohl die Auftrittszeit limitiert war, nahm sich Caws immer wieder die Zeit, Anekdoten zu den einzlenen Stücken zu liefern. So handelt beispielsweise «80 Windows» von dem Gefühl dass einem die Menschen hinter den Fenstern eines riesigen Hochhauses näher sein können, als die Person die gerade neben einem ist. Er bemerkte aber in diesem Zusammenhang auch, dass sich die Zeiten seither für ihn verbessert hätten.

Matthew Caws – Songschreiber und Geschichtenerzähler in einem.

Dass der über 14 Jahre alte Titel «Blonde On Blonde» dank des Litartur-Nobelpreis-Gewinns von Bob Dylan wieder einmal, eine Ankündigung mit einer solchen Aktualität ermöglichen würde, hätte wahrscheinlich selbst Caws nie gedacht. Der Song ist eine Hommage an das gleichnamige Album von Dylan. Im Refrain heisst es:

I’ve got Blonde on Blonde
On my portable stereo
It’s a lullaby
From a giant golden radioBlonde on Blonde von Nada Surf

Daniel Lorca scheint sich eine brennende Zigarette herbeizuwünschen und Ira Elliot gewinnt den Preis für das bestgekleidete Bandmitglied.

Natürlich fehlte auch «Popular», der grösste Hit von Nada Surf nicht. Auch im Akustik-Gewand vermochte er die Zuschauer zu begeistern. Seit der Veröffentlichung vor 20 Jahren wird der Titel vom Pulikum noch immer geliebt. Im Erscheinungsjahr wurde «Popular» in den USA und Frankreich zum Sommerhit und verhalf der noch jungen Band zum Durchbruch. Zwar sind Nada Surf der Meinung, dass sie mittlerweile genügend gute Songs hätten, um ihren Hit nicht mehr spielen zu müssen. Da er es ihnen jedoch ermöglicht hat, den musikalischen Weg immer weiter zu bestreiten, tun sie es nach all den Jahren trotzdem noch.

Fazit

Das einzig negative am Auftritt von Nada Surf war die Länge. Caws, Lorca und Elliot hätten gerne noch eine ganze Weile weiterspielen dürfen. An Titeln hätte es den Musikern auf jeden Fall nicht gemangelt. So fanden Songs wie «Blizzard of ’77» oder das neue «New Bird» leider keinen Platz. Die Konzertdauer wurde aber sicherlich nicht von der Band bestimmt und so boten sie mit «Always Love» den perfekten Abschluss für einen äusserst intimen Auftritt. Oder um es mit den Worten von Matthew Caws zu sagen: «Thank you Zurich. We had a very soft landing today. Let’s hope it will continue like this during our tour».

Die komplette Setlist des Auftrittes gibt es hier.