Rezension:
PRAG – Es war nicht so gemeint

In Album-Tipps by indiespect

  1. Erste Schritte
  2. Der Moment
  3. Amnesie
  4. Gute Laune
  5. Der Mond
  6. Abgemacht
  7. Das Schönste Wort Der Welt
  8. Es War Nicht So Gemeint, Teil 1 (Instrumental)
  9. Ich Sehne Mich
  10. Es Wird Anders Sein
  11. Noch Ein Paar Meter Laufen
  12. Was Können die Blumen Dafür
  13. Komm Doch
  14. Es Scheint
  15. Wenn Du Magst
  16. Es War Nicht So Gemeint, Teil 2

Künstler: PRAG

Album-Titel: Es war nicht so gemeint

VÖ: 18.08.2017

9/10

Die Geschichte von PRAG begann 2012. Damit ist jedoch nur bedingt die tschechische Hauptstadt gemeint, sondern viel mehr die Berliner Band von Erik Lautenschläger und Tom Krimi. Bevor ein erstes Stück veröffentlicht worden war, erfuhr die Formation vor allem durch die Beteiligung von Schauspielerin Nora Tschirner öffentliche Aufmerksamkeit. Nach der Veröffentlichung der ersten Single Sophie Marceau folgten ausgewählte Konzerte in Deutschland. Dort konnten die Besucher zum ersten Mal erleben, welche PRAG für die deutsche Musikszene sein würden.

Die Premiere feierten die Berliner im Mai 2013, mit einem Album mit ebendiesem Titel. Der Hörer wurde in eine ganz neue Welt der deutschsprachigen Musik entführt, wie man sie sonst eher aus den französischen Chansons kennt. Mit dem unterschied, dass man die klugen Texte auch als nicht dem Französisch mächtige Person verstehen konnte. Untermalt wurden diese vom Prager Filmochester, mit dem die Berliner für die erste Platte zusammenarbeiteten. Nach der Akustik-EP Matinée im selben Jahr folgte 2015 das Nachfolgerwerk mit dem Titel Kein Abschied. 

Dass PRAG viel mehr sind als ein hübscher Zeitvertreib der erfolgreichen Schauspielerin zeigte sich spätestens mit diesem Album. Jeder einzelne Song ist so liebevoll komponiert und getextet, dass er problemlos tagelang im Gehörgang verweilen kann. Die Stimmen von Lautenschläger und Tschirner harmonieren auf Platte sowie live hervorragend und der Witz der Schauspielerin trägt auf Tour zusätzlich zum Charme der Band bei. Dass der Fokus vor allem von den Medien auf der Person Nora Tschirner und nur sekundär auf der Musik lag, könnte für Spannungen innerhalb von PRAG gesorgt haben. Im August 2015 wurde der Ausstieg von Tschirner bekanntgegeben. Mehr Informationen dazu findet ihr hier.

Logischerweise folgte eine etwas ruhigere Phase, in der sich Erik Lautenschläger und Tom Krimi Gedanken über die Zukunft von PRAG machten. Dass es weitergehen soll, war schnell klar. Aber wie genau war zu diesem Zeitpunkt noch offen. Doch trotz dieser Findungsphase schaffen es die Berliner ihren 2-Jahres-Turnus aufrecht zu erhalten. Denn am 18. August erscheint mit Es war nicht so gemeint das dritte Album. Die genauen Infos zur Veröffentlichung könnt ihr hier noch einmal nachlesen.

Track by Track

Mit Erste Schritte hält der Frühling im Gehörgang Einzug. Sofort findet man sich in der PRAG-Welt wieder und möchte einfach nur in eine grüne Wiese liegen und eine leichte Brise geniessen.

Der Moment hält den ersten Auftritt von Gastsängerin Josephin Busch bereit. Ihre sanfte Stimme verschmilzt mit derjenigen von Erik Lautenschläger. Das Duett trägt einen Hauch von Bela B.’s Hab Keine Angst mit Claudia Stülpner in sich, selbst wenn die Musiker aus verschiedenen Ecken der Musikwelt stammen und auch textlich eher andere Themen im Vordergrund stehen.

Die Vorteile einer Amnesie werden im Song mit ebendiesem Titel offenbart. Unvoreingenommen und glücklich kann man alle schönen Momente immer wieder aufs Neue wahrnehmen. Die Instrumentierung im Refrain wächst nach jeder Strophe. Erst wird er von sanften Bläserklängen eingeleitet und später mit wunderschönen Streicher-Klängen verstärkt.

Gute Laune kommt entgegen dem Titel eher melancholisch daher. Viele Basstöne begleiten den tragenden Text. Abgesehen vom Flötenspiel im Mittelteil sind wir vom Frühling in den nebligen Herbst weitergezogen. Der Text kann auch in ironischem Gewand verstanden werden. Denn es werden inhaltlich nicht wirklich die Eigenschaften von guter Laune beschrieben.

Ihre gesanglichen Qualitäten darf Josephin Busch auf Der Mond richtig entfalten. Die Erfahrung der neuen Gastsängerin wird hier richtig deutlich. Die Stimme wirkt reiner, als man es von Nora Tschirner gewohnt war. Zwar hatte diese ihren ganz eigenen Charme, aber technisch hat die neue Gastsängerin eindeutig die Nase vorn. Obwohl eine neue Stimme zu hören ist, wäre der Titel auch aus dem Kontext des Albums gelöst, deutlich als PRAG-Komposition erkennbar. Die unverkennbaren Arrangements von Tom Krimi sorgen dafür.

Abgemacht ist einer meiner persönlichen Favoriten auf der Platte. Der Titel setzt sich sofort im Hirn fest und die Melodie lässt einen nicht mehr los. Es geht um Pläne und deren Nicht-Umsetzung. Das Leben bietet so viele Optionen und viele davon setzt man nur in seiner Fantasie in Wirklichkeit um. Irgendwann läuft alles in einem geregelten Ablauf, denn so ist es schliesslich abgemacht.

Die Wehmut und die Sehnsucht kennen sich schon lang, so beginnt Das schönste Wort der Welt. Ein Text, welcher der Feder eines Dichters entsprungen sein könnte. Auch der Schweizer Liedermacher Mani Matter hätte sicher seine Freude daran gehabt. Vollgepackt mit metaphorischen Beschreibungen und einer träumerischen Melodie bringt der Titel die Gedanken in Schwung.

Eine ganz kurze Instrumentaleinlage folgt mit Es war nicht so gemeint, Teil 1Schade ist nur, dass dieses Intermezzo so kurz ist.

Ich sehne mich verknüpft sich am ehesten mit den beiden Vorgänger-Alben Premiere und Kein Abschied. Fragen über das Leben, das Fernsehen und Schauspieler werden in den Raum geworfen, ohne sie zu beantworten. Der nostalgische Klang wird mit modernen Texten verbunden und hat dadurch einen Bezug zu Aktuellem.

Dass man im Alter weiser wird, ist ein Glaube den man vor allem in jungen Jahren hat. Dass dem überhaupt nicht so ist, beschreibt Es wird anders sein. Das einzige was man gemäss Songtext mit mehr Lebenserfahrung lernt ist, dass ganz bestimmt alles anders kommt, als man es sich vorstellt. Und wer sich dessen bewusst ist, hat schon einiges im Leben gelernt. Oder wie es so schön heisst: Die einzige Konstante im Leben ist der Wandel.

Noch ein paar Meter laufen handelt davon, wie wichtige es ist, mit den wertvollen Menschen im Leben Zeit zu bringen. Dabei soll man den Moment zu zweit geniessen, ohne an die Zukunft zu denken. Und unabhängig davon, was man gerade macht.

Der Titel Was können die Blumen dafür wurde bereits kurz nach dem Ausstieg von Nora Tschirner veröffentlicht. Dabei wird der Wert der Blumen dargestellt. Warum müssen Blumen hinhalten, wenn Menschen ein schlechtes Gewissen haben? Auch dieser Text muss einem Kopf entspringen, der sich in ruhigen Stunden ganz viele Gedanken macht.

Richtig melancholisch wird es bei Komm doch. Die Melodie wird von Schwermut getragen. Im hinteren Teil wird sie zusätzlich von einem Chor unterstützt.

Der Bläsersatz des Intros geht in eine vermeintlich fröhliche Melodie über. Es scheint bleibt textlich dabei doch eher nachdenklich und nostalgisch. Wieder zeigt sich Gastsängerin Josephin Busch von ihrer besten Seite. Wie so oft bei PRAG versteht man zwar die einzelnen Worte und Sätze. Doch ob ein Text nun negativ oder positiv gedeutet werden soll, bleibt dem Hörer selbst überlassen.

Mit Querflöten und Akustikgitarre wird Wenn Du magst eingeleitet. Der Titel entwickelt fast das Gefühl eines Wiegenlieds, zu dem man sanft eindösen könnte.

Zum Abschluss folgt Es war nicht so gemeint, Teil 2. Vor dem inneren Auge sieht man einen Abspann durchlaufen. Beim ebenfalls instrumental dominierten Schlussstück schliesst sich der Vorhang zur PRAG-Welt sanft. Es ist als würde man aus einem Traum aufwachen, den man gerne noch etwas länger weitergeträumt hätte.

Fazit

Wieder bringen es PRAG fertig, den Zuhörer in eine eigene Welt zu entführen. Diese regt zum Nachdenken an, macht fröhlich oder traurig. Sie hält alle Facetten und Farben bereit. Sicher hätte das dritte Album der Berliner auch ohne Gastsängerin Josephin Busch funktioniert, aber sie sorgt nach dem Ausstieg von Nora Tschirner für neue Akzente und fügt sich dabei harmonisch in den Gesamtklang ein. Kaum eine Band er heutigen Zeit investiert bis ins Kleinste Detail so viel Leidenschaft wie PRAG. Sei es das Artwork und die Promotionsverpackungen von Erik Lautenschläger, die wunderschönen Arrangements von Tom Krimi oder die aufwändigen Musikvideos von Jarek Raczek – hier steckt ganz viel Liebe zur Musik drin.

Weitere Infos: prag-music.com

Liebevoll bis ins kleinste Detail. Die Promotionsverpackung von Es war nicht so gemeint.