Novemberwetter: Zum Glück ist die Openair-Saison vorbei
Der November macht einem oft nicht gerade Lust, überhaupt einen Fuss vor die Tür zu setzen. Wenn die Temperaturen kälter und die Tage nass-grau werden, bleibt man am liebsten zuhause. Es sei denn eine der vielseitigsten amerikanischen Indie-Bands stattet der Schweiz wieder einmal einen Besuch ab. Spoon sind bereits seit 1993 auf den Bühnen der Welt unterwegs und veröffentlichten mit Hot Thoughts im März 2017 ihr neuntes Studioalbum. Gestern gaben sie in der Kaserne Basel ein CH-exklusives Konzert. Draussen regierten Nässe und Kälte, als die unerschrockenen Konzertbesucher den Weg zum Veranstaltungsort in Angriff nahmen. Vor der Reithalle blinkten währenddessen die Achterbahnen und Essensstände der Herbstmesse Basel.
Fulminanter Einstieg mit Husky Loops aus London.
Husky Loops: Alles andere als 0815
Die drei jungen Engländer von Husky Loops dürfen auf der aktuellen Tour von Spoon bei zahlreichen Konzerten als Support-Act auftreten. Ihre aktuelle EP trägt den treffenden und einfachen Namen EP2. Alles andere als simpel ist hingegen der Klang der Londoner Band. Zwischen angenehmem Gesang und experimentellen Instrumental-Ausbrüchen ist alles möglich. Song-Strukturen werden von der Band bewusst gebrochen. Anfang und Ende der einzelnen Stücke sind oft nicht erkennbar. Beim Publikum schien der wilde Mix gut anzukommen. Er bildet definitiv einen angenehmen Kontrast zum Einheitsbrei, der teilweise im Radio gespielt wird.
US-Amerikanischer Indie-Rock aus Austin. Spoon in der Kaserne Basel.
Spoon lassen die Temperaturen vergessen
Spoon sind seit jeher dafür bekannt, sich auf ihren Alben nie zu wiederholen. Ständig sind sie auf der Suche nach neuen Klängen und Stilrichtungen. Für ihr aktuelles Album Hot Thoughts haben sie dafür zum grössten Teil die Gitarren weggelassen und verstärkt auf elektronischere Elemente zurückgegriffen. Was bei anderen Bands im Debakel hätte enden können, bescherte uns bei Spoon eines der spannendsten Alben der Amerikaner.
Fast auf den Tag genau drei Jahre zuvor war die Band um Britt Daniel bereits in der Kaserne Basel zu Gast. Dementsprechend war der Platz auf dem Kasernenareal auch damals mit blinkenden Fahrgeschäften geschmückt gewesen. Dieser Aspekt war Daniel im Gedächtnis geblieben. Dementsprechend schockiert sei er gewesen, als er erfuhr, dass diese nicht über das ganze Jahr dort stehen.
Musik mit viel Herzblut lässt die kalten Temperaturen vergessen.
Querschnitt aus über zwei Dekaden Bandgeschichte
Nach einem langen Intro traten die fünf Musiker von Spoon kurz nach halb zehn auf die Bühne in der Reithalle. Mit Do I Have To Talk You Into It legten sie gleich mit einem neuen Song los. Für dieses Stück hatten sie unlängst ein aufwändiges Photoshop-Video veröffentlich.
Bereits als drittes Stück folgte I Turn My Camera On, welches vor gut 10 Jahren in der Hit-Serie O.C. California verwendet wurde und für dessen Soundtrack von Rock Kills Kid gecovert wurde. Überhaupt schafften es Spoon ziemlich alle Alben ins Set einzubauen. So bekam das Publikum einen Einblick in über 20 Jahre musikalisches Schaffen der Band. In der Mitte des Sets folgte ein längerer Instrumental-Part ab Band, bei welchem die Musiker die Bühne verliessen. Als erster kehrte Britt Daniel zurück, jedoch nur um sich für weitere drei Minuten flach auf den Rücken zu legen und die Musik zu geniessen. Es folgte ein Höhepunkt des Auftritts. Das Intro ging über in eine wunderschöne Live-Version von I Ain’t The One. Das ruhige Stück vom aktuellen Album klingt auf der Bühne gar noch fesselnder und magischer als die Studioversion.
Spoon – Freunde der Dunkelheit.
Die Lichtshow war durchgehend dunkel gehalten und die Gesichter der Musiker befanden sich praktisch immer im Schatten. Bei Can I Sit Next To You entlockte Rob Rope seinem Bass funkige Klänge. Der tanzbare Song ist ebenfalls eines der grossen Stücke auf Hot Thoughts. Vor dem Zugaben-Block liessen Spoon noch einmal die alten Zeiten aufleben. My Mathematical Mind, Don’t Make Me a Target, The Underdog und Rainy Taxi sind allesamt Veröffentlichungen der drei Alben They Want My Soul (2014), Ga Ga Ga Ga Ga (2007) und Gimme Fiction (2005). Ein erstes Mal verliessen Spoon die Bühne.
Für vier Zugaben liessen sich die Texaner jedoch noch einmal auf die Bühne locken. Nach Pink Up hielten die heissen Gedanken Einzug in die Kaserne. Der gleichnamige Titeltrack vom aktuellen Album Hot Thoughts definiert den neuen Sound von Spoon. Es ist ein Stück der Sorte, welches einem noch lange in den Ohren hängen bleibt. Got Nuffin und Rent I Pay boten den krönenden Abschluss für ein wunderbares Konzert, welches den nass-kalten November für einen Moment vergessen machten.
Doppelter Britt Daniel. Bei richtigem Lichteinwurf erschien eine schöne Schatten-Silhouette an der Kasernenwand.
Fazit
Das Publikum an einem Spoon-Konzert mag Musik abseits vom Mainstream. Die wandelbare Band aus Austin ist für die mittelgrossen Konzerthallen gemacht. Keine Stadionhymnen, dafür einmalige Songs mit hoher musikalischer Qualität machen Spoon aus. Auch wenn die Kaserne nicht bis hinten gefüllt war, so wurden das anwesende Publikum an diesem Samstagabend bestens unterhalten.