The Pains of Being Pure at Heart:
Ehrlicher Indie-Pop im Stall 6 in Zürich

In Reviews by indiespect

Indie in seiner reinsten Form

Bereits seit 2007 ist Kip Berman mit seiner Band The Pains of Being Pure at Heart unterwegs. Für die Konzerte hat er sich vier Musiker mit ins Boot geholt, die ihn auf der Bühne unterstützen. Der New Yorker bewegt sich in einer musikalischen Nische und er scheint sich dort wohl zu fühlen. Nur Genre-Fans kennen ihn und seine Band. Trotzdem ist er fleissig auf Tour. Die Schweiz besuchten The Pains of Being pure at Heart in den vergangenen Jahren zahlreiche Male. Derzeit befindet sich die Band mit ihrem vierten Studioalbum The Echo of Pleasure, welches im September 2017 erschienen ist, auf Konzertreise durch Europa. Gestern stand ein Auftritt im Stall 6 in Zürich auf dem Programm.

Stall 6

Aufs Minimum reduziert. Die Instrumente wurden direkt an den Verstärkerboxen angelehnt.

Alles Selbstgemacht: Wenn der Musiker zum Allround-Talent wird

Gemütlich ist die Stimmung beim Betreten des Stall 6. Die Besucher sitzen an Tischchen oder an der Bar, sind in Gespräche vertieft und stossen auf das Wochenende an. Währenddessen ist der Merch-Stand der Band bereits aufgebaut. Ein einzelnes T-Shirt, Poster und das neue Album auf CD und Vinyl liegen zum Verkauf bereit. Hinter dem Tisch steht der Sänger Kip Berman und unterhält sich freundlich mit den Fans. Kurz vor 22 Uhr verlässt er seinen Platz, um noch kurz die Einstellungen der Instrumente zu prüfen. Auf Knien stellt er die Effekt-Pedale der Gitarren ein.

Nach und nach steuern die Musiker durch den Raum, um sich kurz hinter dem roten Vorhang auf der Rückseite des Schlagzeugs zu versammeln. Einige Momente später betreten sie zusammen die Bühne. Die Indie-Fans empfangen die Band mit einem freundlichen Applaus und die Amerikaner legen gleich los. Es gibt kein Gekreische oder rhythmisches Klatschen während der Songs, aber eine fröhliche Stimmung herrscht während des gesamten Auftritts.

The Pains of Being Pure at Heart

Indie-Band durch und durch. Kip Berman mit The Pains of Being Pure At Heart.

Gesprochen wird nicht viel. Erst nach vier Songs startet der Sänger einen ersten Versuch. Er wirkt scheu und zurückhaltend, wenn er sich nicht ins Mikrofon verausgabt oder mit den Fans plaudert. Er erzählt von seiner Vorliebe für Raclette und ob die Frage How about raclette? in der Schweiz ein guter Anmachspruch sei.  Es ist spannend die einzelnen Musiker beim Spielen zu beobachten. Dass der Schlagzeuger mit einer Lockerheit extrem unterschiedliche Rhythmen spielt, fällt einem erst so richtig auf, wenn man ihm einen Moment die direkte Aufmerksamkeit schenkt. 

Mit When I Dance With You präsentieren The Pains im hinteren Drittel des Sets den tanzbarsten und poppigsten Song des aktuellen Albums. Ein Blick ins bunt gemischte Publikum offenbart, dass jeder von Ihnen die Musik auf seine ganz eigene Weise geniesst. Manche wippen gemütlich mit dem Fuss, andere trinken ein Glas Rotwein und einige lassen ihrem Tanzwillen mit einem Bier in der Hand freien Lauf. Gegen Ende bedankt sich Berman bei einem treuen Fan, der schon seit 10 Jahren zu den meisten Konzerten pilgere. Ihr Name ist Catherine und sie ist auch in Zürich mit von der Partie. 

Vor den Zugaben versteckt sich die Band noch einmal kurz hinter dem Vorhang. Die Musikliebhaber klatschen die New Yorker noch einmal für zwei Songs nach vorne. Vor dem letzten Titel macht der Sänger noch einmal auf die Möglichkeit aufmerksam, dass man nach dem Konzert noch Merchandise kaufen konnte. Nach dem letzten Ton, lässt er kaum eine Sekunde verstreichen, um wieder zu seinem kleinen Tisch in der Nähe des Eingangs zurückzukehren. Es scheint, als würde beinahe jeder Konzertbesucher noch ein Souvenir nachhause nehmen wollen. Dankbar und glücklich wirkt Berman, wenn er seine Musik ans Volk bringen kann. 

The Pains of Being Pure at Heart

Fazit

Keine grosse Produktion, keine Roadies. Nur ehrliche Handarbeit und Liebe zur Musik zeigten The Pains of Being Pure at Heart am Samstag in Zürich. Dass die Band seine Herzensangelegenheit ist, muss Kip Berman niemandem mehr beweisen. Wer sich zehn Jahre lang in einer Nische bewegt und noch so glücklich wird, der lebt seinen Traum. Auch ohne grosse Hallen und kreischende Fans.