Editors in Zürich: Wenn der Club zur Sauna wird
Gestern beehrten die Editors wieder einmal die Schweiz. Ihr Konzert im Komplex 457 war pünktlich am Showtag ausverkauft. Bereits beim Support-Act October Drift ist der Saal sehr gut gefüllt. Auffallend sind die Temperaturen. Die Zuschauer schwitzen bereits, ohne sich gross bewegt zu haben. Die Schlangen vor den Bars werden länger und länger, weil sich die Fans mit einem erfrischenden Getränk etwas Abkühlung gönnen wollen. Auch suchen viele den Weg auf die Galerie. Doch obwohl es dort nicht ganz so vollgepackt ist, sind auch dort die Temperaturen tropisch.
Endlich öffnen Mitarbeiter die Tür zur Terrasse. Die Menschen strömen raus, um wieder auf normale Betriebstemperatur runterkühlen zu können. Wer die Hitze nicht aushält, gibt dafür sogar die gute Sicht auf die Bühne auf. Es ist schade, wenn durch solche Umstände das Konzert in den Hintergrund rückt.
Die Terrasse wurde für eine kurze Abkühlung geöffnet.
Die Editors folgen auf ABBA
Nach zwei ABBA-Songs betreten die Engländer die Bühne im vollgepackten Komplex 457 mit Halleluja (So Low). Cold, der Opener des neusten Albums Violence hätte zu diesem Zeitpunkt auch nicht so gut gepasst. Violence wird mit sieben Stücken auf der aktuellen Tour deutlich in den Fokus gestellt. Das Bühnenbild ist sehr reduziert. Wo zu Zeiten von In This Light And On This Evening noch LED-Screens waren, sind jetzt nur noch als Kunstwerk anmutende Formen hinter der Bühne angebracht.
Die jahrelange Bühnenerfahrung ist Tom Smith und seiner Band anzumerken. Mit grosser Intensität präsentieren sie ihre mächtigen Songs. Auch immer mehr elektronische Abschnitte gehören mittlerweile in ein Editors-Set. So wird der lange Instrumental-Teil vom Titeltrack Violence in seiner vollen Länge ins Set genommen. Da wirkt es zwischendurch sehr erfrischend, wenn rockigere Stücke wie Munich oder An End Has A Start aus den Boxen erklingen.
Die Editors sind noch immer eine ausgezeichnete Live-Band.
In This Light And On This Evening: Die Unruhe bleibt.
Es bleibt schwierig, sich voll auf die Band zu fokussieren. Um 22 Uhr müssen die Türen zur Terrasse geschlossen werden, um die Nachtruhe nicht zu stören. Sofort steigen die Temperaturen wieder in die Höhe. Jeder versucht doch irgendwie einen Blick auf die Bühne zu Erhaschen und einen einigermassen angenehmen Platz zu ergattern. Dadurch entsteht gewisse Unruhe im Publikum. Während ein Herr auf der Galerie seelenruhig die komplette Show mit seiner am Geländer befestigten GoPro-Kamera filmt, versuchen andere sich dennoch auf die Musik einzulassen.
Zum Glück sind die Editors eine grossartige Band, die dieses Kunststück selbst unter den widrigen Umständen zustande bringt. Das Set deckt alle Facetten der Engländer ab. Bei In This Light and on This Evening wird es wieder elektronischer. Bei Sugar singen die Fans wie bei einer Stadion-Hymne mit und The Racing Rats ist nach all den Jahren noch niemandem verleidet. Genauso verhält es sich mit Eat Raw Meat = Blood Drool. Eine ausgedehnte Version von Ocean of Night beendet das reguläre Set.
Tom Smith badet in rotem Licht.
Zweiter Aufguss beim Zugabenblock
Das rein auf den Songtitel bezogen immer noch sehr unpassende Cold eröffnet den Zugabenblock. In allen anderen Aspekten ist der Eröffnungs-Track des neuen Albums wunderbar. Der Spannungsbogen zieht sich bis zum Ende des Stücks hin. Das darauf folgende Magazine hat sich innert kürzester Zeit zu einem Klassiker entwickelt. Tom Smith spricht in Zürich nicht viel. Ausser Dankeschön Zürich bleibt er an diesem Abend ziemlich stumm. Wahrscheinlich ist es auch ihm etwas zu heiss. Denn das bei den anderen Konzerten der Tour als Akustik-Version gespielte No Sound But The Wind lässt er in Zürich weg.
Der vermeintliche Abschluss kommt mit Papillon wie immer gewaltig. Doch die Editors lassen das Konzert lieber sanfter Ausklingen. Marching Orders ist der endgültige Abschluss, bevor die Sauna-Tür wieder geöffnet wird.
Editors verabschieden sich bei gefühlten 457 Grad vom Zürcher Publikum.
Fazit
Es hätte ein grossartiges Konzert werden können. Das neue Album zeigt die Stärken der Editors. Die Setlist war sehr schön zusammengestellt und die Band ist noch immer eine Granate auf der Bühne. Doch die Temperaturen waren unzumutbar. Es hatte zu viele Zuschauer, auch für ein ausverkauftes Konzert. Und bis zum Ende wurde nichts dagegen unternommen. Dass das in einer Lokalität wie dem eher neueren Komplex 457 immer wieder vorkommt, ist eine Schande. Vor allem ist es schade für jeden Fan, der sich auf ein Konzert seiner Herzens-Band gefreut hat.