Shout Out Louds in der KUFA: Wohnzimmer-Atmosphäre in Lyss

In Reviews by indiespect

Lyss-Premiere für Shout Out Louds

Die aktuelle Frühlingstour führt die Stockholmer Indie-Pop-Band nach Lyss und Luzern. Genauer in die KUFA und die Schüür. An beiden Orten sind die Schweden noch nie aufgetreten. Am Mittwoch stand nun die Lyss-Premiere auf dem Programm. Als Support war die deutsche Band KYTES angekündigt, die aber am Konzerttag kurzfristig absagen musste. Grund dafür waren Stimmprobleme des Sängers. Deshalb wurde der Auftritt von Shout Out Louds um eine halbe Stunde vorverlegt.

Shout Out Louds

Shout Out Louds: Fünf Schweden in Lyss

Ungewohnte Dimensionen in der KUFA

Für gewöhnlich spielen die Shout Out Louds hierzulande in Clubs mit einer Kapazität von ungefähr 700 Personen. So auch im letzten Oktober als sie das gut gefüllte Salzhaus in Winterthur besuchten. Die Kulturfabrik in Lyss besitzt einen Raum in dieser Grössenordnung. Überraschenderweise fand das Konzert jedoch im Club-Raum mit einem Fassungsvermögen von 200 Personen statt. Noch überraschender war, dass dieser bis Konzertbeginn maximal halb gefüllt war. Hierfür waren sicher die geografische Lage sowie der Wochentag verantwortlich.

Shout Out Louds

Die kleine Galerie in der KUFA Lyss bietet einen wunderbaren Blick auf Shout Out Louds.

Der Bruch mit der Routine kann ein Segen sein.

Kurz nach 20.30 Uhr verdunkelt sich der Raum und die Schweden betreten die kleine Bühne in der KUFA. Die sonst schon sehr nahbare Band ist durch die räumlichen Begebenheiten noch in direkterem Kontakt mit den Fans. Man kann bereits beim ersten Stück Paola spüren, dass sie die anwesenden Zuschauer erobern wollen. Es gibt keine Möglichkeit sich zu verstecken und keine Routine, wie sie in einem gefüllten Club aufkommen kann. Songs wie Very Loud, Fall Hard oder Jumbo Jet erhalten dadurch eine ganz neue Intensität. Sie wirken roher und weniger geschliffen als sonst.

You can’t even go to the bathroom without hurting our feelings.Bebban Stenborg, Shout Out Louds

Bebban Stenborg meidet das Scheinwerferlicht

Bebban Stenborg singt auf dem aktuellen Album den Titelsong Ease My Mind. Noch auf der Herbsttour präsentierte sie diesen auch live. Schon damals schien sie das viel Überwindung zu kosten, da sie lieber im Hintergrund steht. So fehlt das Stück leider an diesem Abend im Set. Dafür bedankt sie sich zwischen den Songs sehr charmant bei den anwesenden Zuschauern. Mit einem Augenzwinkern sagt sie: Ihr könnt später einmal sagen, ihr hättet Shout Out Louds gesehen, als sie noch nicht riesig waren. Aber seid euch bewusst, dass ihr heute nicht einmal zur Toilette gehen könnt, ohne unsere Gefühle zu verletzen. 

In Lyss werden jedoch keine Gefühle verletzt. Die Stimmung ist warmherzig und fröhlich. Das spürt auch die Band. Die Musiker lassen sich auf die Wohnzimmer-Atmosphäre ein und geniessen ihren Auftritt im ungewohnt kleinen Setting. Nebst Impossible, dem Lieblingsstück der meisten Fans, spielen sie auch ihren eben erst veröffentlichten Track In New Europe. Den Song umweht mit seinen Synthie-Klängen ein Hauch der 80er. Ein Jahrzehnt, dass derzeit Einfluss auf viele Indie-Bands zu haben scheint. Ein weiteres Highlight ist The Comeback vom Debüt Howl Howl Gaff Gaff. Es ist eine spezielle Freude den Song zu hören, da ihn die Schweden nur noch unregelmässig spielen.

Ted Malmros

Bassist Ted Malmros unter der Welcome-Ampel.

Adam Olenius und der Kampf mit dem Mikrofonkabel

Der Sänger von Shout Out Louds begibt sich für Tonight I Have To Leave It gerne ins Publikum. Dort sucht er sich einen Ort, um singend zu fragen Why won’t you give love? Der Club in der KUFA besitzt eine kleine Galerie. Schnell erspäht der Sänger sein heutiges Ziel. Also lässt er das Licht im Raum dimmen und macht sich mit einer leuchtenden Taschenlampe auf den Weg zur Treppe. Kurz bevor er diese erreicht, bleibt sein Mikrofonkabel auf der Bühne hängen. Kein Roadie ist zur Stelle, der solche Probleme normalerweise löst. Also geht er noch einmal zurück, um das selbst zu regeln. Derweil ist ein Fan bereits dabei, den Kabelsalat zu entwirren. Jetzt reicht es bis zur Mitte der Treppe. Ein Knall ist zu hören, als Olenius das Mikrofon kurzerhand fallen lässt, um die Galerie trotzdem zu erreichen. Jetzt leuchtet er von oben mit seiner Taschenlampe und singt ohne Verstärkung die besagten Worte Why won’t you give love? Als er wieder auf die Bühne zurückkehrt, bedankt er sich per Handschlag beim Fan, der kurzzeitig als Roadie eingesprungen ist.

Ohne Mikrofon, dafür mit Taschenlampe auf der Galerie: Adam Olenius von Shout Out Louds

Eine echte Zugabe: Ein Geschenk mit Seltenheitswert

Da es in diesem intimen Rahmen komisch wäre von der Bühne zu gehen, um sich für die Zugaben noch einmal zurückholen zu lassen, wird auf dieses Theater verzichtet. Stattdessen sagt Bassist Ted Malmros schlicht: Das sind die Zugaben. Mit Walls und Please Please Please greifen Shout Out Louds noch einmal in die ergiebige Kiste ihrer tanzbaren Indie-Hymnen. Im Anschluss bedanken sie sich herzlich beim Publikum, bevor sie die Bühne verlassen. Sie haben nicht die Absicht noch einmal zu kommen. Aber dann passiert etwas, das so keiner erwartet hätte. Die Fans hören einfach nicht auf zu klatschen. Immer und immer weiter wird applaudiert und gejohlt. Bis nach ungefähr drei Minuten eine leicht verwirrt wirkende Band auf die Bühne kommt. Das ist keine gespielte Überraschung. Fragend schauen sie sich an und besprechen, was sie jetzt machen. Sollen sie sagen, dass man sich beim Merch-Stand sieht? Oder doch noch einen Song spielen? Wenn ja, welchen? Die einzige Frau in der Band setzt sich gegen die Vorschläge der Jungs durch. So wird als echte, ungeplante Zugabe dem Publikum von Lyss Hard Rain geschenkt – eines der längsten Stücke der Schweden. Mit diesem magischen Abschluss perfektionieren Shout Out Louds das bereits einmalige Konzert.

Shout Out Louds

Fazit

Magie kann durch verschiedene Einflüsse entstehen. In der KUFA entstand sie eindeutig durch die sehr intimen Begebenheiten. Das Band zwischen Musikern und Zuschauern war sofort sehr eng. Eine selbstverliebte Band wäre unter diesen Umständen vielleicht beleidigt gewesen. Nicht so Shout Out Louds. Sie gaben noch mehr Herz ins Konzert, um es so speziell wie möglich zu machen. Das ganze gipfelte in der gänzlich ungeplanten Zugabe. Danke für die Magie Shout Out Louds, danke für die tolle Stimmung KUFA.