The Wombats sind ein Indie-Rock-Trio aus Liverpool. Sie lernten sich an der LIPA (Liverpool Institute for Performing Arts) kennen und veröffentlichten seit ihrer Gründung 2003 vier Alben. Bassist Tord Øverland-Knudsen kommt ursprünglich aus Oslo, Norwegen, und ist nach England gezogen, um an der Universität zu studieren, die von Paul McCartney mitbegründet wurde. Vor seinem Konzert im Kofmehl Solothurn erzählte er von den Gründen, die ihn aus Norwegen wegführten und seinen Zukunftsplänen mit The Wombats.
The Wombats sind:
Matthew Murphy (Gesang, Gitarre, Keyboard)
Tord Øverland-Knudsen (Bass)
Dan Haggis (Schlagzeug)
Indiespect: The Wombats sind eine Band aus Liverpool. Du kommst jedoch ursprünglich aus Norwegen. Warum hast du dich dazu entschieden, in Liverpool zu studieren?
Tord Øverland-Knudsen: Es war ein ziemlicher Zufall. In Norwegen besucht man etwas, das Folk High School genannt wird. Es ist ein Zwischenjahr bevor man die Universität besucht. Du entscheidest dich dort für ein Thema, das dir gefällt. Wenn du zum Beispiel gerne Fotos machst, besuchst du einen Lehrgang für Fotografie, wenn du gerne Musik machst einen Musik-Lehrgang. Ich war in einem Lehrgang für Rock ’n‘ Roll. In diesem Jahr gibt es keine Noten. Obwohl es noch immer eine Ausbildung ist, geht es vor allem um den Spass. Man lebt in einer kleinen Umgebung mit 120 anderen Schülern der Universität zusammen. Meine Schule hatte eine Zusammenarbeit mit der LIPA, die Universität die ich schlussendlich besuchte. Als Abschluss hast du dort eine Art Bachelor in Musik. Damals gab es ein Vorspiel in meiner Schule. Es war also alles ganz unkompliziert. Ich musste nirgendwo hin reisen und zu viel darüber nachdenken. Man wird gefragt, ob man das Vorspiel machen möchte und ich dachte mir: Ja, ich probier es einfach. Ich wollte diese Schule sowieso schon immer besuchen. Ich kannte sie, weil Paul McCartney sie gegründet hat und ich kannte einige Leute aus Norwegen, die dort zur Schule gingen. Denen lief es in der Musik oder im Theater ziemlich gut.
Indiespect: Glaubst du, dass es einen Unterschied gibt zwischen Bands, die aus einer solchen Schule kommen oder solchen, die einfach aus Spass zu spielen beginnen?
Tord: Ich glaube man kann immer noch Spass haben. Wenn du die Universität besuchst, lernst du einiges über Musik. Aber vielleicht willst du gegen das rebellieren, was sie dir dort erzählen. Wenn wir allen Regeln gefolgt wären, würden wir nicht unbedingt wie The Wombats klingen. Das entsteht durch das Touren, durch Gigs und das Hören von anderen Bands. Der einzige Unterschied ist, dass du in einem Raum etwas erklären kannst, weil du einige Grundlagen kennst. Ich habe ein Nebenprojekt mit einem Freund, das nennt sich Imitating Aeroplanes. Es ist ein Musik-Projekt mit einem meiner besten Freunde von zuhause. Das haben wir schon, seit wir ganz klein waren. Wir hatten zwar verschiedene Namen, aber haben immer zusammen Musik gemacht. Er hat nie irgendwelche Theorien gelernt. Er hörte nur Alben von den Smashing Pumpkins und hat sich das Gitarre spielen mit Tabs aus dem Internet beigebracht. Ich dagegen komme aus einer Familie, in der schon mein Vater klassisch ausgebildet war. Ich habe Cello gespielt, seit ich sechs Jahre alt war und lernte das Notenlesen. Wir sind das komplette Gegenteil, aber irgendwie haben wir dennoch die Liebe für ähnliche Musik gefunden. Auch wenn es eine völlig andere Ausgangslage war, hat es uns trotzdem musikalisch verbunden.
Tord Øverland-Knudsen, Matthew Murphy und Dan Haggis (v.l.n.r.)
Indiespect: In einem Interview hat Murph erzählt, dass du in gefühlt 55 Bands gleichzeitig gespielt hast, als er dich kennenlernte. Ist es da nicht schwierig, sich auf ein Projekt zu konzentrieren und dieses voranzutreiben?
Tord: Um ehrlich zu sein, wenn du an der Uni bist, bist du einfach begeistert. Du bist einfach hungrig nach Kontakten mit anderen Menschen und mit ihnen Musik zu machen, während du die verschiedensten Stile ausprobierst. Ich schaute mir einfach alles an, das es gibt. Mein Niedergang ist es immer, dass ich so schlecht nein sagen kann. Das war vor allem am Anfang ein Problem. Aber ich musste später lernen nein zu sagen. Andernfalls hätte ich Leute vergrault, weil ich immer mit so vielen Dingen beschäftigt war. Deshalb musst ich es eingrenzen. Ich glaube es war im dritten Jahr, als einige Bands kurz vor der Schwelle eines Plattenvertrags standen. Auch mit The Wombats lief es damals richtig gut. Wir machten schnell Fortschritte und es machte immer mehr Spass. Ich genoss es etwas mehr, als die anderen Projekte und ich hatte etwas mehr das Gefühl, dass das etwas werden konnte.
Indiespect: Eine gute Entscheidung.
Tord: Ja, jetzt scheint es das zu sein. (lacht) Aber damals war es eine schwierige Entscheidung, da ich andere Bands verlassen musste. In einer davon war ich auch für die Musik verantwortlich. Aber dort war es ziemlich schwierig die Dinge in Schwung zu bringen. Wir waren dort fünf Leute in der Band, es war einfach komplizierter alles zu organisieren und sich weiterzuentwickeln. Das ist einer der Gründe, warum es schön ist, nur zu dritt zu sein.
Indiespect: Warst du bei einer dieser Bands auch der Sänger?
Tord: Ich habe zum Teil gesungen. Aber ich fühle mich wohler, wenn ich mich der Produktion oder den Instrumenten widmen kann. Ich singe Backing-Vocals, aber ich werde extrem nervös wenn ich den Hauptgesang übernehmen muss.
The Wombats, dort wo sie hingehören: auf der Bühne im Kofmehl in Solothurn.
Indiespect: Euer viertes Album «Beautiful People Will Ruin Your Life» wurde vor ziemlich genau einem Jahr veröffentlicht. Seither seit ihr damit auf Tour und im Sommer werdet ihr auf Festivals spielen. Habt ihr überhaupt Zeit, um neue Musik zu machen?
Tord: Noch hatten wir keine Zeit dafür. Wir arbeiten alle noch an Nebenprojekten. Das werden wir auch machen, nachdem diese Tour beendet ist. Wir werden einige dieser Nebenprojekte abschliessen. Im März beginnen wir dann damit, das neue Album zu schreiben. Ich und Dan werden nach Los Angeles fliegen. Dort machen wir das Songwriting in Murph’s Studio. Er lebt mittlerweile da.
Indiespect: Ist es immer so, dass ihr zum Schreiben nach L.A. reist und danach nach Oslo geht?
Tord: Nein. Tatsächlich sind sie beim aktuellen Album nach Oslo gekommen, weil ich ein Kind bekommen habe. Es war der Anfang der Elternschaft und dementsprechend eine ziemliche Herausforderung. Ich wollte nicht öfter weg sein als notwendig. Deshalb haben sich die Jungs netterweise dazu entschieden zu mir zu kommen. Ich habe dort ebenfalls ein Studio und wir haben einen Grossteil des Schreibprozesses dort gemacht. Jetzt ist es genau umgekehrt, Murph bekommt im Mai ein Baby. Nun ist es an der Zeit, dass ich etwas zurückgebe und zu ihm reise.
Indiesepect: Hat sich das Verhältnis zu den Songs des aktuellen Albums verändert, nachdem ihr sie über ein Jahr so oft gespielt habt?
Tord: Man freut sich natürlich immer darauf was als nächstes kommt. Aber wir haben auch einige neue Songs ins Set genommen. Bee-Sting war zum Beispiel neu. Den haben wir erst im Sommer aufgenommen. Dementsprechend fühlt er sich noch frisch an. Ich spiele auch die Songs vom ersten Album noch immer gerne. Es hängt alles mit der Atmosphäre in einer Location und dem Publikum zusammen und wie alles funktioniert. Meistens geniesse ich es wirklich. Wir haben ungefähr 150 Konzert in diesem Jahr gespielt. Da kommst du natürlich an einen Punkt, wo du etwas auf Autopilot umschaltest. Du denkst nicht mehr unbedingt über die Details nach. Du tust es einfach, weil alles in deinen Knochen ist.
Wir haben ungefähr 150 Konzert in diesem Jahr gespielt. Da kommst du natürlich an einen Punkt, wo du etwas auf Autopilot umschaltestTord Øverland Knudsen, The Wombats
Indiespect: Ihr habt am 1. Februar dieses Jahres eine riesige Show in der SSE Arena in Wembley gespielt. Die Bilder davon sahen wirklich beeindruckend aus. Wie hat sich dieses spezielle Konzert für euch angefühlt?
Tord: In Wembley zu spielen, ist wohl etwas, von dem jede Band träumt. Als ich ein Teenager war, ungefähr mit 13, machte ich Witze darüber, wie es sein wird in Wembley zu spielen.
Indiespect: War der Autopilot da noch immer eingeschaltet?
Tord: Du spürst deine Nerven schon etwas mehr, wenn du Konzerte in dieser Grössenordung spielst, das muss ich zugeben. Die Schmetterlinge im Bauch sind wilder als üblich. Während den ersten zwei bis drei Songs ist das Adrenalin etwas höher als gewöhnlich. Du musst es schaffen, das umzuwandeln. Man steht eine Stunde und fünfundvierzig Minuten auf der Bühne, das sollte man sich wohl fühlen. Daran habe ich die ersten zwei bis drei Songs echt hart gearbeitet. Ich bin etwas durchgedreht, weil das Adrenalin durch die Decke schoss. Aber ich habe es geschafft mich wieder zu fangen und mich wohl zu fühlen. Ich glaube allen von uns dreien ging es so. Danach hat sich das Konzert ähnlich angefühlt, wie es jedes Konzert tut.
Multi-Instrumentalisten bei der Arbeit: Jedes Mitglied von The Wombats spielt mehrere Instrumente.
Indiespect: Aber wenn du die Lichter der Smartphones siehst, nimmst du bestimmt wahr, wie viele Leute wirklich da sind.
Tord: Oh ja. Wenn du so viele Menschen siehst, denkst du: Scheisse! Wir haben an vielen Festivals gespielt und schon grosse Menschenmengen gesehen. Der einzige Unterschied ist, dass die alle bezahlt haben, nur um dich zu sehen. Das finde ich wirklich verrückt.
Indiespect: Heute werdet ihr von Circa Waves supported. Die Band ist selber schon ziemlich bekannt. Wie kam dieses Line-Up zustande?
Tord: Wir haben denselben Booking Agent. Natürlich läuft es für sie in Grossbritannien richtig gut, aber in Europa haben sie noch nicht so viele Headline-Konzerte gespielt. Ich denke das kommt daher. Ich hatte damit nicht wirklich viel zu tun. Natürlich kommen sie auch aus Liverpool, das ist eine weitere coole Verbindung. BLOXX, die als erste Band auftreten, ebenfalls. Eine richtig, richtig coole Band. Selbes Management, selber Booking Agent. Es ist also glaube ich ein Teil der erweiterten Familie
Indiespect: Bei «Lemon to a Knife Fight» spielst du Akustik-Gitarre. Spielt ihr alle mehrere Instrumente, da ihr eine Kunstschule besucht habt?
Tord: Ich glaube das einzige Instrument bei dem wir uns nicht abwechseln könnten ist das Schlagzeug. Beide, ich und Murph sind darin ziemlich schlecht. Da würden wir wohl in Schwierigkeiten kommen. Dan muss einfach dort hinten sein.
Während den Live-Aufführungen von «Lemon To a Knife Fight» wechselt Tord vom Bass an die Akustik-Gitarre.
Indiespect: Dan könnte also Gitarre spielen?
Tord: Er kann Gitarre und Bass spielen. Er ist auch der beste Keyboarder von uns. Wir lieben es, verschiedene Instrumente zu spielen. Ich glaube nicht, dass jemand von uns ein Instrument besonders gut beherrscht. Wir können viele Instrumente ziemlich gut spielen. Es geht am Ende des Tages auch mehr um den kreativen Aspekt, als darum, wer am schnellsten irgendwelche Läufe drauf hat.
Indiespect: Wenn eine Band ins Studio geht, denkt sie nicht unbedingt darüber nach, wie die Songs live klingen sollen. Sie wollen etwas erschaffen, das sie im Kopf haben – ganz ohne Grenzen. Geht es euch da genauso?
Tord: Ja, darum kümmerst du dich später. Wir benutzen viel analoge Technik, wie Synthesizer oder Pedale. Das sind Dinge, die wir live nicht dabei haben. Dann überlegst du dir später, wie du das lösen kannst. Es gibt nur wenige Momente, in denen wir denken: oh, wie zur Hölle können wir das nachempfinden? Aber mit der heutigen Technologie kannst du viele Sachen vom Album sampeln. Du kannst eine bestimmte Passage aus der Aufnahme kopieren und auf dein Keyboard sampeln. So hast du es überall dabei. Es gibt mittlerweile so viel clevere Wege, das zu tun. Sogar wenn es nicht genau dasselbe ist, wird dir das niemand übel nehmen.
Wir können viele Instrumente ziemlich gut spielen. Es geht am Ende des Tages auch mehr um den kreativen Aspekt, als darum, wer am schnellsten irgendwelche Läufe drauf hat.Tord Øverland Knudsen, The Wombats
Indiespect: Glaubst du, dass das Streaming-Zeitalter den Sound von Band verändert?
Tord: Ich bin mir sicher, dass es einen Effekt hat. Aber es ist schwierig zu sagen, ob das vom Streaming kommt. Aber es gibt auch immer mehr Musik, die gleich klingt, nur um in eine bestimmte Kategorie zu passen. Manchmal wird es dadurch sogar weniger kreativ.
Indiespect: Glaubst du, es hat auch einen Einfluss auf eure Musik?
Tord: Natürlich hat es das. Aber ich glaube es geht auch darum in allem Inspiration zu finden. Ob es etwas lyrisches ist oder Dinge aus deinem Leben oder aus der Welt. Oder ob es ein neues Album ist, dass du gehört hast. Ich höre mir sowohl neue als auch alte Musik an. Ich gehe zurück in die 70er oder die 60er und ziehe mir Musik rein, die ich noch nie zuvor gehört habe. Ältere Prog-Musik aus den 70ern zum Beispiel. Es gab nie den Moment in meinem Leben, in dem ich dachte: Okay, ich setzte mich jetzt hin und höre mir diese Alben an. Aber jetzt tue ich das und denke: Oh verdammt, es gibt so viele gute Bands. Ich finde das sehr inspirierend, weil die Song-Strukturen so verrückt sind. Textlich sind sie vielleicht nicht so interessant, die Themen waren oftmals etwas abgedreht. (lacht) Aber musikalisch gibt es da so viel zu lernen, das Zeug ist zum Teil wirklich gut produziert. Vor einigen Wochen habe ich auch wieder angefangen ganz viel Shoegaze-Musik aus den 90ern zu hören. Der Stil hat mir immer gefallen, aber ich habe mir solche Alben schon lange nicht mehr angehört. My Bloody Valentine und alle diese lärmigen, aber coolen Bands.
Indiespect: Ihr habt schon mehrfach im Kofmehl Solothurn gespielt. Vor acht Jahren habt ihr nach euerm Auftritt im Club Party gemacht. Macht ihr das zum Teil noch immer?
Tord: Die meisten Konzerte, die wir hier gespielt haben, endeten besoffen im Backstage.
«Beautiful People Will Ruin Your Life» ist das vierte und aktuelle Album von The wombats. Es wurde am 1. Februar 2018 veröffentlicht. Das Liverpooler Trio ist seither damit auf Tour.
Indiespect: Damals habt ihr aber im Club selber gefeiert, weil eine Party stattfand.
Tord: Wenn eine Party im selben Gebäude ist, tun wir das manchmal noch immer, ja.
Indiespect: Und dann singt ihr zu euern eigenen Songs?
Tord: Das mache ich lieber nicht, das finde ich komisch. Aber wenn du genügend Drinks gehabt hast, ist dir das scheissegal. (lacht) Wir machen immer noch manchmal Party, aber es ist kontrollierten. Wir wissen, wann wir etwas Spasshaben können. Wir nennen das Roadie Friday. Das ist jeder Tag, bevor wir einen Tag frei haben. Am Roadie Friday ist es okay sich einige Drinks zu genehmigen.
Indiepsect: Aber morgen müsst ihr in Mailand spielen.
Tord: Genau, morgen spielen wir in Mailand. Heute Nacht wird es also wohl etwas ruhiger. Zudem ist es Montag, da passiert wohl nicht viel in Solothurn. Nicht dieses Mal. (lacht)
Indiespect: Vielen Dank, dass du dir Zeit genommen hast..
Tord: Ja, kein Problem!