Ten Tonnes heisst mit bürgerlichem Namen Ethan Barnett. Der 22-jährige Musiker spielt dieses Jahr im vierten Jahr in Folge am legendären Reading Festival – dies obwohl er bisher noch kein Album veröffentlicht hat. Sein selbstbetiteltes Debüt erscheint am 3. Mai 2019. George Ezra’s kleiner Bruder hat mit der Veröffentlichung den perfekten Moment abgewartet. Anfang März trat er am RADAR-Festival for new music in Zürich auf. Dies war sein erstes Konzert in der Schweiz überhaupt. Davor hatte ich die Gelegenheit mit dem Musiker über den Weg zu sprechen, der ihn dorthin geführt hat, wo er heute ist.
Ten Tones aka Ethan Barnett
Indiespect: Ich hatte schon das Vergnügen, dein Debütalbum zu hören. Darauf sind viele Ohrwürmer enthalten. «Better Than Me» ist bereits nach dem ersten Durchhören in meinem Kopf hängen geblieben. Bekommst du manchmal von deinen eigenen Songs ebenfalls einen Ohrwurm?
Ten Tonnes: Ja! Für mich entscheidet das darüber, ob es ein guter Song ist. Wenn er in meinem Kopf bleibt, habe ich das Gefühl er ist gut. Ich höre sie ebenfalls, sie sind also ständig in meinem Kopf.
Indiespect: Kannst du dich an den letzten Song von einem anderen Künstler erinnern, den du nicht mehr aus dem Kopf gekriegt hast?
Ten Tonnes: Es gibt ein Stück namens Sleeping Volcanoes von Cass McCombs. Er ist ein amerikanischer Gitarrist. Das schwirrte mir eine Weile lang im Kopf rum.
Indiespect: Du hast ziemlich lange an deinem Debütalbum gearbeitet. Einige der Tracks sind bereits 2017 erschienen, das Album selbst kommt am 3. Mai. Fühlt es sich noch immer frisch an oder hast du dich schon wieder weiterentwickelt?
Ten Tonnes: Ja und nein. Ich wollte einfach, dass auch einige Tracks auf dem Album sind, welche die Leute schon kennen. Ich weiss, dass es viele Menschen gibt, die sie lieben und sie wurden bisher noch nicht physisch veröffentlicht. Aber ich bin natürlich auch immer am Schreiben und da denkst du automatisch daran, was als nächstes kommt.
«Better Than Me» ist ein Song, der sich sofort im Kopf festsetzt.
Indiespect: Weshalb denkst du, ist jetzt der richtig Moment, um dein Album zu veröffentlichen?
Ten Tonnes: Hoffentlich werden es genügend Leute hören. Wir hätten es auch früher veröffentlichen können, aber ich wollte sichergehen, dass es die grösstmögliche Anzahl Menschen erreicht. Mittlerweile habe ich viele Support-Tourneen gespielt und jetzt gehe ich selbst auf Tour.
Indiespect: Sicher wird mit dem Album auch eine neue Tour anstehen. Hast du bereits Pläne, in die Schweiz zurückzukehren?
Ten Tonnes: Auf jeden Fall nicht vor Herbst dieses Jahres, da ich vorher noch eine weitere UK-Tour mache. Es ist noch nichts konkret, aber ich hoffe natürlich.
Indiespect: Du bist noch immer sehr jung, dieses Jahr wirst du 23 Jahre alt. Trotzdem machst du schon seit langem Musik. Als du anfingst, gingst du noch zur Schule. Wie hast du damals Konzerte geplant?
Ten Tonnes: Ich habe mit 13 Jahren angefangen Gitarre zu spielen. Mein erstes richtiges Konzert hatte ich aber erst, als ich ungefähr 16 oder 17 war. Damals hatte ich noch nicht sehr viele. Es war wirklich schwierig als neuer Musiker Auftrittsmöglichkeiten zu bekommen. Diese waren aber hauptsächlich nach der Schule oder am Wochenende.
Ich besuchte für ein Jahr die Uni und bin dann rausgeflogen. Ich studierte Musikproduktion, aber realisierte irgendwann, dass mich das eigentlich gar nicht interessiert.Ethan Barnett, Ten Tonnes
Indiespect: An welchem Punkt hast du entschieden, dass du dich komplett auf die Musik fokussieren möchtest?
Ten Tonnes: Ich besuchte für ein Jahr die Uni und bin dann rausgeflogen. Ich studierte Musikproduktion, aber realisierte irgendwann, dass mich das eigentlich gar nicht interessiert. Dann dachte ich mir: Wenn ich Musik eine Chance geben möchte, dann ist jetzt der richtige Zeitpunkt dazu. Ich hatte damals verschiedene Scheiss-Jobs und machte nebenbei die ganze Zeit Musik.
Ten Tonnes während ihrem ersten Auftritt in der Schweiz – am RADAR-Festival 2019 in Zürich.
Indiespect: Du bist derzeit beim Major-Label Warner Music unter Vertrag. Wie kam dieser Deal zustande?
Ten Tonnes: Ich habe eine EP mit drei Songs rausgebracht. Die habe ich als CD verschickt und immer wieder Leuten E-Mails geschickt. Ich war richtig nervig, aber wollte es einfach unbedingt. Ich denke, du brauchst auch einen gewissen Grad an Hartnäckigkeit und musst den Leuten auf die Nerven gehen, damit sie dich wirklich anhören. Im Zuge dieser EP habe ich dann einige Meetings bekommen.
Indiespect: Es gibt ja auch viele Gründe, warum Menschen nicht antworten. Es ist nicht immer, weil sie dein Material nicht mögen.
Ten Tonnes: Ja, genau. Vielfach haben sie es sich einfach nicht angehört. Ich glaube nicht, dass sie sich effektiv viel neue Musik anhören. Aber sobald einer mit dir in Kontakt tritt, hört jeder davon. Das hilft natürlich.
Indiespect: Vor zwei Jahren hast du noch Gigs bei Leuten zuhause gespielt. Würdest du das noch immer machen, wenn du mehr Zeit hättest? Was war ursprünglich die Intention hinter dieser Idee?
Ten Tonnes: Ich hatte damals keine eigenen Konzerte und wollte einfach mehr spielen. Es war ein Weg das tun zu können und es hat auch Spass gemacht. Wir haben uns erst gerade kürzlich darüber unterhalten. Ich würde es definitiv wieder tun.
Das warten hat ein Ende: Ten Tonne’s selbstbetiteltes Debütalbum wir am 3. Mai 2019 endlich bei Warner Music veröffentlicht.
Indiespect: Ich kann mir vorstellen, dass diese Auftritte bei Hauspartys stattfanden. Ist in dieser Zeit jemals etwas seltsames passiert?
Ten Tonnes: Es war immer irgendwie merkwürdig. Man kam dort an, als die Party bereits in vollem Gang war. Dann mussten sie die Musik ausschalten und du spielst Songs auf deiner Akustikgitarre. Das kann natürlich manchmal auch ein Stimmungskiller sein. Dann gab es einige, die sich zu ausufernden Partys entwickelten. Da wusste ich, dass es für mich Zeit zu gehen war. Andernfalls wäre das irgendwie schräg gewesen.
Indiespect: Dein Bruder George Ezra ist ebenfalls kein Unbekannter. Du hast bei seiner letzten Arena-Tour als Support gespielt. Ich habe Videos gesehen, in denen du beim Soundcheck in diesen grossen Venues zu sehen warst. Wie fühlt es sich an, in einem solch riesigen leeren Raum zu stehen und zu wissen, dass bald alles voller Menschen sein wird?
Ten Tonnes: Ich habe bereits Anfang des letzten Jahres eine Arena-Tour mit den Stereophonics gespielt. Ich hatte also schon etwas Erfahrung damit gesammelt. Es ist wirklich cool. Alles hat ein Echo und klingt richtig episch, wenn du einfach nur Gitarre spielst. Es ist auch sehr aufregend, wenn du rauskommst und dieses grosse Publikum siehst.
Indie-Disco mit Ten Tonnes.
Indiespect: Sprichst du mit deinem Bruder auch über die Musik oder klammert ihr das komplett aus?
Ten Tonnes: Ein bisschen tun wir das schon. Aber wir sind beide ziemlich beschäftigt. Wir sehen uns nicht die ganze Zeit, auch wenn wir nur ungefähr fünf Minuten voneinander entfernt in London wohnen. Wenn wir uns treffen, sprechen wir hauptsächlich darüber, wie es uns so geht und haben eine gute Zeit. Aber wir sprechen natürlich auch manchmal über Musik. Ich liebe es, darüber zu reden.
Indiespect: Das RADAR-Festival
bietet viele verschiedene Genres. Gibt es eines, dass du gar nicht magst?
Ten Tonnes: Ich glaub ich bin für die meisten Dinge ziemlich offen. Heavy Metal gefällt mir nicht so richtig. Aber auch in diesem Genre finde ich Sachen, die ich mag. Es kommt einfach auf den Song an. Ein guter Song ist ein guter Song.
Indiespect: Du wirst jetzt immer grösser und grösser. Zu Beginn musstest du alles selbst machen. Du warst dein eigener Manager, dein eigener Roadie und vieles mehr. Bei was warst du am glücklichsten, als du es nicht mehr selbst tun musstest?
Ten Tonnes: Das ist ein guter Punkt, hundertprozentig. Eigentlich bin ich bei allem froh, das ich nicht mehr selbst machen muss. Es ist schön, Leute zu haben, die etwas besser können als ich. Ich habe einen Tourmanager namens Adam, der schaut immer, wo wir als nächstes hin müssen. Er ist einfach toll. Es ist schön ein Team um sich zu haben, das ausschliesslich auch guten Leuten besteht.
Indiespect: So kannst du dich komplett auf die Musik fokussieren.
Ten Tonnes: Ja, genau.
Brüder am Faxen machen: Ethan Barnett und George Ezra Barnett
Heavy Metal gefällt mir nicht so richtig. Aber auch in diesem Genre finde ich Sachen, die ich magEthan Barnett, Ten Tonnes
Indiespect: Tendierst du dazu, jetzt mehr Dinge zu vergessen, als früher?
Ten Tonnes: Ja, das kann sein. (lacht) Jemand anders kümmert sich für mich dafür, das ist vielleicht auch eine schlechte Sache. Aber ich versuche nicht zu sehr so zu sein und mich stattdessen selbst an Dinge zu erinnern.
Indiespect: In einem eurer Tour-Videos hast du etwas angetrunken gewirkt. Da sagest du, dass du als Gepäckabfertiger am Flughafen Heathrow arbeitest. Was meintest du damit?
Ten Tonnes: (lacht) Hast du den Film Bohemian Rhapsody gesehen?
Indiespect: Ja.
Ten Tonnes: Freddie Mercury arbeitete in Heathrow in der Gepäckabfertigung, deshalb habe ich das spontan gesagt. Auch heute war das wieder ein Spruch am Flughaben. Eigentlich ist das jetzt unser Running-Gag, jedes Mal, wenn wir an einem Flughafen sind. Damals hatten wir aber schon einige Drinks intus.
Indiespect: «I used to be a baggage handler at Heathrow» wäre auch ein toller Songtitel.
Ten Tonnes: Jawohl. (lacht laut) Es ist meine Hommage an Freddie Mercury.
Who let the dogs out? Ten Tonnes in seinem Video zu «G.I.V.E.»
Indiespect: Wer hat dich inspiriert, Musiker zu werden?
Ten Tonnes: Die Beatles waren damals der grösste Einfluss. Bei uns zuhause lief immer Musik und wir hatten überall Gitarren. Mein Vater spielt ein wenig und ich habe mit zwölf oder dreizehn Jahren selbständig angefangen zu lernen Gitarre zu spielen. Und das aus dem Grund, weil ich die Beatles gehört habe und es mich umgehauen hat. Von da an ging es weiter mit Bob Dylan, The Smiths, The Strokes, Arctic Monkeys und vielem mehr. Das hat mir die Augen geöffnet. Ab da begann ich alles zu hören, was irgendwie verfügbar war.
Indiespect: Ich bin auch ein grosser Musikfan, aber ich hatten nie die Disziplin Gitarre zu üben. Hattest du damit kein Problem, als du jünger warst?
Ten Tonnes: Nein, ich liebte das. Es hat mir wirklich sehr gefallen. Ich liebte es auch zu singen. Das tat ich niemals öffentlich, sondern einfach für mich selbst. Als ich dann begann Gitarre zu spielen dachte ich: Das ware es, was mir gefehlt hat. Es hat sich einfach richtig angefühlt. Davor habe ich einige Jahre Schlagzeug gespielt, aber bei der Gitarre wusste ich einfach: das ist es! Ich verbrachte all meine Zeit damit, alleine Gitarre zu spielen und Songs zu schreiben. Ich denke, das ist auch der Grund, weshalb ich jetzt hier bin.
22 Jahre Leidenschaft – Ethan Barnett
Indiespect: Dieses Jahr spielst du zum vierten Mal in Folge am Reading and Leeds Festival. Dreimal warst du da, ohne überhaupt ein Album zu haben. Wie fühlt sich das für dich an?
Ten Tonnes: Es ist unglaublich. Das Reading Festival war mein erstes Festival, das ich mit ungefähr fünfzehn oder sechzehn Jahren besuchte. Es hat einen speziellen Platz in meinem Herzen. Ich liebe es, dass ich die Möglichkeit habe, wieder an diese Orte zurückzukehren.
Indiespect: Wie hast du denn beim ersten Mal die Möglichkeit bekommen, dort zu spielen?
Ten Tonnes: Das lief über BBC Introducing. Die BBC hat eine Musikinitiative, bei der Künstler ohne Vertrag ihre Musik einsenden können. Diese spielen sie dann in lokalen Radio-Sendungen. Wenn es gut ankommt, wird sie auch landesweit gespielt. Das hat bei mir geklappt und mir sehr geholfen. So bin ich auch beim Festival gelandet. Ich spielte bei meinem ersten Jahr am Reading Festival auf der BBC-Introducing-Stage.
Indiespect: Werden die Konzert auf dieser Bühne von vielen Leuten besucht?
Ten Tonnes: Ja, es kann viele Leute haben. In meinem ersten Jahr habe ich erwartet, dass niemand kommt. Dann waren da plötzlich eine Menge Menschen. Es ist den Leuten wichtig, neue Musik zu entdecken. Wir waren damals nicht so toll, aber wenn Leute da sind und dich sehen, hilft das sehr, Selbstvertrauen aufzubauen.
Come away from the window
Haven’t you learned?
That in dreams you can’t get burned
And I will meet you there
Under the furious sky that’s where I’ll be
When they’re finished with meLucy by Ten Tonnes
Indiespect: Das muss dein erster richtig grosser Auftritt gewesen sein. Wie nervös warst du damals?
Ten Tonnes: Ich war sehr nervös. Ich habe glaube ich nicht sonderlich viel zwischen den Songs gesprochen. Es ging auch alles sehr schnell. Ich hatte schon viele Jahre an Open-Mic-Nights gespielt, aber das war mein erster Auftritt mit einer kompletten Band. Ich liebe es, daran zurückzudenken. Aber zum Zeitpunkt waren wir sehr aufgeregt.
Indiespect: Wie sieht es heutzutage aus?
Ten Tonnes: Jetzt liebe ich es. Ich fühle mich einfach wohl auf der Bühne. Sie ist wirklich zu meinem Lieblingsplatz geworden.
Indiespect: Magst du mittlerweile auch das Sprechen zwischen den Stücken?
Ten Tonnes: Ja. Ich bin zwar immer noch nicht grossartig darin, aber es ist besser geworden. Ich hatte immer das Gefühl, Druck zu haben, die ganze Zeit zu sprechen. Aber jetzt weiss ich, dass ich das nicht muss.
Indiespect: Vielen Dank für deine Zeit und viel Erfolg mit deinem Debütalbum.
Ten Tonnes: Danke dir!