KT Tunstall: Die geborene Geschichtenerzählerin
Kate Vicoria Tunstall, kurz KT genannt, wurde in Edinburgh geboren. Die Schottin veröffentlichte ihr Debütalbum vor 15 Jahren und ist seither ganz oft alleine unterwegs. Schon Jahre vor Ed Sheeran entdeckte sie das Loopgerät für sich. Dies ermöglicht ihr als Ein-Frau-Armee eine ganze Band zu ersetzen. So war sie auch bei Auftritten in der Schweiz meist alleine aufgetreten, zu hoch waren die Kosten für weitere Musiker. Gestern feierte KT Tunstall jedoch Tourabschluss im Mascotte Zürich und brachte dafür tatkräftige weibliche Unterstützung mit. Dieses Mal hätten sie einfach alle in den Bus gepackt und seien weiter bis in die Schweiz gefahren, verriet die Sängerin während des Auftritts.
KT Tunstall entzündet ein Lichtermeer
WAX: Teil zwei einer Album-Trilogie
Das aktuelle Album Wax ist das zweite Puzzleteil einer geplanten Trilogie. Als Fan der 70er-Jahre und von Herr der Ringe hätte sie das einfach machen müssen, meint Tunstall, als sie damit in Zürich noch ein letztes Mal auf der Bühne steht. Gewohnt charmant und redselig unterhält sie von Beginn an die Fans im sehr gut gefüllten Club. Wenn KT Tunstall auftritt, gibt es kein Eis zu brechen. Die Sängerin hat eine derart offene Persönlichkeit, dass man sich mit ihr sofort verbunden fühlt. Mit In This Body eröffnet sie den Abend. Wax ist der deutliche Spitzenreiter in der Songauswahl. Trotzdem zeigt sich die Setlist extrem abwechslungsreich. Zwischen den Titeln hält die Songwriterin gerne ein Pläuschchen mit den Zuschauern. Hier spürt man, dass sie oft alleine Konzerte spielt. Sie hat gelernt Geschichten zu erzählen, da es zwischen den Songs immer wieder Pausen zu füllen gibt. Hier müssen normalerweise Instrumente eingerichtet oder das Loopgerät programmiert werden. Mit Other Side of the World kehrt sie ganz an den Anfang ihrer Karriere zurück. Hier werden die Lichter der Handykameras in die Höhe gehalten und verzückt mitgewippt.
Fünf Powerfrauen auf der Bühne des Zürcher Mascotte.
Rösti und Bratwurst zum Abendessen
Tunstall erzählt, dass sie immer eine kleine Kochplatte mit auf Tour nimmt, um selber kochen zu können. An diesem Montag habe sie Rösti und vier grosse Bratwürste geschenkt bekommen. Die Zubereitung dieses Gerichts hat sie vor der Show live auf Instagram übertragen. Aber auch die ernsteren Themen nimmt sie mit einer Leichtigkeit in Angriff, die nicht gespielt scheint. Das deutsche Wort Scheisse ist massgeblich für die Beschreibung einer schweren Zeit. Es gäbe nämlich nur einen Weg, diese zu Scheisse zu bekämpfen und der sei mittendurch. Mit den Worten You must go across the Scheisse eröffnet sie den emotionalen Titel Feel it all, den sie in gewohnter Manier ganz alleine vorträgt.
Support-Act «Laurel» wird bei «Heal Over» eingebunden.
Kollaboration mit Support-Act Laurel
Für Heal Over holt KT Tunstall noch einmal ihren Support-Act Laurel auf die Bühne. Die Londonerin hat ebenfalls eine wunderschöne Stimme, die sich perfekt in den Song einfügt. Für diese Performance ist die geballte Frauenpower am vorderen Rand der Bühne versammelt. Auch nachdem Laurel diese wieder verlässt, bleiben die übrigen Musikerinnen für Ashes, ein weiteres Akustik-Stück, im Vordergrund. Im Anschluss wird die Band näher vorgestellt. Dazu hat Tunstall auf Tour jedem Mitglied pro Abend eine andere Frage gestellt. Normalerweise ohne sie vorher einzuweihen. Weil die Frage zum Tourabschluss jedoch etwas komplizierter ist, durften sich die Damen bereits einen Moment darüber Gedanken machen. Die Frage lautet: Wenn sie eine Superkraft hätten, welche wäre das und wie wäre ihr Superhelden-Name? Die mit Abstand beste Antwort liefert gleich zu Beginn Bassistin Mandy Clarke. Sie hätte gerne die Superkraft, an Orten zu erscheinen, an denen sich Typen wie Arschlöcher verhalten und ihnen sagen zu können: Stop being a dick! Dementsprechend schlüssig ist ihr Name: Anti Dick. Dieser wird zu einem Running-Gag für den Rest der Show. Wahrscheinlich wird sie diesen Namen nicht mehr los.
«Black Horses and the Cherry Tree» ist ein weiterer Hit von KT Tunstall.
Es folgt mit Black Horse and the Cherry Tree eine der populärsten Kompositionen der schottischen Songwriterin. Den Anfang bestreitet sie wiederum alleine, bevor zum Ende die Band mit einsteigt und den Song mit einer Passage des Klassikers Black Betty abgerundet. Nun wird es philosophisch. KT Tunstall sagt, dass es unglaublich sei, dass wir zur selben Zeit auf diesem Planeten leben durften, wie David Bowie. Sie bewunderte den Musiker aus tiefstem Herzen, ohne ihn jemals persönlich getroffen zu haben. Sie kündigt drei ruhigere, emotionale Stücke an und widmet dem verstorbenen Ausnahmekünstler den Song The Night That Bowie Died. Gegen Ende des Sets wird das Tempo noch einmal erhöht. Saving My Face und The Healer, einer der rockigsten neuen Tracks von Wax, beenden den offiziellen Teil.
Zum Tourabschluss wird noch die Sonnenbrille montiert.
Blond Jovi und die beste Coverband der Welt
Schon vor dem Verlassen der Bühne merkt Tunstall an, dass die nur eine Alibi-Übung sei. Dementsprechend schnell sind die Musikerinnen auch wieder oben. Die Sängerin fragt, ob jemand eine gute Coverband kenne. Sie erzählt gleich selber von einer Band, bestehend aus Herren mit langen blonden Mähnen, die sich selbst Blonde Jovi nennt. Immerhin mit dem Namen hat diese Bon Jovi -Coverband den Vogel abgeschossen. Um sich selbst als beste Coverband der Welt zu manifestieren, covert KT Tunstall den 80er-Klassiker Heaven Is A Place On Earth. Doch auch wenn dieser Titel die nostalgischen Gefühle an die Oberfläche treibt, darf das Konzert natürlich nicht damit enden. Diese Ehre wird dem grössten Hit der Schottin zuteil. Suddenly I See in einer Extended-Version beschliesst den Abend voller Gefühl und guter Laune. Die Verstärker-Boxen werden als Ergänzung zur Bühne zweckentfremdet. Ganz in diesem Sinne verabschieden sich die Musikerinnen nach einer tiefen Verbeugung zu Cindy Lauper’s Girls Just Wanna Have Fun.
Zum Tourabschluss wird noch die Sonnenbrille montiert.
Fazit
KT Tunstall kann alleine einen ganzen Raum unterhalten, das hat sie schon mehrfach unter Beweis gestellt. Aber mit ihrer kompletten Frauenband bringt sie noch einmal mehr Energie in einen Konzertabend. Dabei hat sie sich die richtigen Musikerinnen ausgesucht. Alle scheinen ebenso viel Spass auf der Bühne zu haben, wie die Songwriterin selbst. Das überträgt sich aufs Publikum. Entsprechend fröhlich und ausgelassen ist die Stimmung an diesem Montagabend im Mascotte.