Go Go Berlin: Das stetige Streben nach mehr
Seit 2014 sind die Dänen von Go Go Berlin treue Besucher der Schweiz. Bereits mit ihrem ersten Album New Gold sicherten sie sich mit ihrem furiosen Auftritt im Eldorado einen speziellen Platz im Herzen aller damaligen Besucher. Seither sind über fünf Jahre vergangen. Die Dänen haben in Zwischenzeit viel Live-Erfahrung sammeln können, welche sich auch in den beiden weiteren Alben Electric Lives und zuletzt The Ocean zeigte. Wo die Formation um Sänger Christian Vium auftritt, gibt sie vollen Einsatz, um am Ende jeden einzelnen Zuschauer zu erobern. Ganz besonders zeigt sich dieser Wille, wenn es etwas zu erkämpfen gilt. Als Support der deutschen Indie-Rocker Leoniden spielen sie aktuell in Deutschland vor grossem Publikum und selten hat ein Support-Act so viel begeisterten Zuspruch erhalten wie Go Go Berlin. Gestern kehrten sie nach ihrem Auftritt im Januar 2018 in die Rote Fabrik nach Zürich zurück und stellten sich der Herausforderung, ein überschaubares Publikum an einem Dienstagabend zu überzeugen. Mit Erfolg.
Bei Go Go Berlin ist unverkennbar, wer gerade auf der Bühne steht.
Christian Vium: Sein Grinsen sagt «Challenge accepted»
Die Leidenschaft einer Band ist besonders in Situationen spürbar, wenn ein Konzert kein Selbstläufer ist. In ihrer Heimat Dänemark spielen Go Go Berlin regelmässig grosse Clubshow und Festivals. In der Schweiz sind sie noch eine Nummer kleiner. Statt mit Allüren auf kleineres Publikum zu reagieren, sieht man in den Gesichtern der Musiker den Willen, jeden noch so zögerlichen Zuschauer auf ihre Seite zu ziehen – allen voran Sänger Christian Vium. Sein Grinsen in der Roten Fabrik ist noch breiter als sonst. Auf sympathische Art und Weise nimmt er die Aufgabe an und macht das was er am besten kann – eine spektakuläre Performance abliefern. Go Go Berlin müssen sich vor niemandem verstecken. Sie haben sich über drei Alben ein breites Klangspektrum und ein Repertoire an starken Songs erschaffen. Mit jedem Auftritt scheint das Selbstvertrauen zu wachsen und die einzelnen Tracks werden immer wieder neu interpretiert und intensiviert.
Gitarrist Mikkel Dyrehave hat die lasziven Bewegungen mittlerweile genauso intus wie Christian Vium.
Alte Songs durchleben eine Verjüngungskur
Den Konzert-Auftakt macht der titelgebende Song des neuen Albums The Ocean. Darauf haben sich Go Go Berlin nicht nur beim Titeltrack neu erfunden. Sie lassen elektronische Klänge einfliessen und verbannen die Gitarren in die hinteren Reihen. Auch auf der Bühne sind sie eine Band in stetigem Wandel. Ältere Stücke werden immer weiterentwickelt und neu interpretiert. So sind an diesem Abend Gimme Your und Darkness vom Debüt New Gold im neuen Gewand kaum wiederzuerkennen. Tanzbarer und beatlastiger sind die Songs aus den Anfangstagen geworden. Ohne Probleme könnten Go Go Berlin ein Album ausschliesslich mit Alternativ-Versionen eigener Songs aufnehmen, ohne sich zu wiederholen. Eine besonders gelungene Neu-Interpretation ist Maybe Tomorrow. Melancholisch und auf die Essenz reduziert entfaltet der Electric Lives-Track sogar noch mehr Energie als die Albumversion. An diesem Abend gibt sich Vium dem Lied so sehr hin, wie noch nie zuvor. Jeder Moment der Stille scheint minutiös geplant, um die Intensität beim Einsatz des Gesangs zu steigern.
Bassist Nick Lee kam als Ersatz für Emil Rothmann zur Band. Mittlerweile ist er bestens integriert.
Erwartungsgemäss gut vertreten sind die aktuellsten Tracks. Go On (Forever), Never Fall in Love Again oder das eindrucksvolle, schleppende Desert sind nur einige davon. Dazwischen schieben die Dänen immer wieder Stücke vom Vorgängeralbum wie Kill Me First und Electric Lives – der Song gewordene Hüftschwung. War zur Anfangszeit Castles Made Of Sand das Highlight im Set, wird es nun abgelöst von Here Comes The Darkness und Love Me. Letzteres heben sich Go Go Berlin bis ganz zum Schluss auf. Wie ein Irrer durchlebt Christian Vium in die leidenden Textzeilen und untermalt diese mit wilder Gestik. Auf den Knien fragt er verzweifelt: Still won’t you love me?
Still won't you love me?
Please won't you love me?
It was never you and me, my love
Every little dream, I drank it up
But still, won't you love me?
Please won't you love me
It was never you and me, my love
Every little drink I drink it up
Schon fast beginnt man sich Sorgen um ihn zu machen, so sehr fühlt er den Song mit. Aber nach einem ausgedehnten Outro kann erleichtert aufgeatmet werden. Christian Vium grinst wieder, wie er es den ganzen Abend getan hat und klatscht zur Verabschiedung gut gelaunt mit seinen Fans ab. Die Dankbarkeit von Go Go Berlin, welche die Band jedem einzelnen Besucher entgegen bringt, ist aufrichtig und spürbar. Am Ende haben die sympathischen Jungs aus Silkeborg wieder alle Herzen in der Tasche. Aufgabe erfolgreich abgeschlossen.
Christian Vium verliert sich voll und ganz in den Songs.
Fazit
Man kann es nicht genug sagen: Go Go Berlin sind eine wahnsinnig gute Live-Band. Bei den Dänen stimmt das Gesamtpaket und die Leidenschaft ist eindrucksvoll. Mit The Ocean haben sie ein Album geschaffen, das Fans der ersten Stunde aufs Neue herausfordert. Diesen mutigen Schritt hat es aber gebraucht, um noch facettenreicher und interessanter zu werden. Go Go Berlin sind immer einen Besuch wert, denn kein Konzert ist wie das andere.