Editors auf «Black Gold»-Tour:
Best-Of-Wochenende in Zürich und Fribourg

In Reviews by indiespect

Editors gönnen sich nach sechs Alben ein Best-Of und eine Tour

Nach drei Alben in Ur-Besetzung und weiteren drei nach der Trennung von Gitarrist Chris Urbanowicz, haben Editors mit Black Gold im Oktober 2019 eine Sammlung ihrer bisherigen Werke auf den Markt gebracht. Zusätzlich zu einer Auswahl der beliebtesten Tracks haben die Engländer mit Frankenstein, Upside Down und dem Titeltrack Black Gold auch neues Material geschrieben. Dazu kommen mit With Distance: The Acoustic Recordings acht neu interpretierte akustische Versionen diverser Kompositionen. Bei einer Rückschau hat man die Möglichkeit, die verschiedenen Stadien einer Band Revue passieren zu lassen. Bei den drei neuesten Alben The Weight of Your Love, In Dream und zuletzt Violence ist der Einfluss der Neuzugänge Justin Lockey (Lead-Gitarre) sowie Elliot Williams (Keys, Synthesizer, Gitarre und Backing Vocals) deutlich spürbar. Getragen von der unverkennbaren Stimme Tom Smiths, haben sie den Editors-Sound vielschichtiger und elektronischer gemacht. Aktuell ist die Band aus Birmingham auf Black Gold-Tour und machte dieses Wochenende für zwei Konzerte Halt in der Schweiz. Am Freitag stand ein Auftritt im Komplex 457 in Zürich, am Samstag im Fri-Son in Fribourg auf dem Programm.

Editors

Editors-Sänger Tom Smith ist Meister der Mimik und Gestik, hier beim Auftritt im Komplex 457 in Zürich.

Die Freiheiten einer Best-Of-Tour

Eigentlich ist jeder Auftritt einer Band ein Best-Of-Konzert. Die Setlist wird so zusammengestellt, dass alle Fans auf ihre Kosten kommen. Dabei dürfen die grössten Hits bei keiner Gelegenheit fehlen. Eine Best-Of-Tour hat jedoch den Vorteil, dass kein neuer Release im Fokus steht, der eine grössere Präsenz im Set beanspruchen sollte. So starten die Editors bei ihren Gigs in Zürich und Fribourg mit älterem Material. An End Has a Start, Bullets und Bones heisst das prominente Eröffnungs-Trio der beiden Abende. Mit einem solchen Auftakt hat die Band alle Fans der ersten Stunde direkt in der Tasche. Sowohl der Komplex 457 als auch das Fri-Son sind praktisch ausverkauft. Der Zürcher Club ist nicht nur bei den Fans in Erinnerungen geblieben, auch die Band kann sich noch lebhaft an den Ausfall der Lüftungsanlagen erinnern.

Es war der heisseste Gig, den wir jemals gespielt haben.

Elliot Williams über das Konzert im Komplex 457 vom April 2018

Damals tropfte der Schweiss von allen Wänden, noch bevor die Band richtig losgelegt hatte. Dieses Mal sind die Temperaturen deutlich angenehmer. Das spornt Tom Smith an, seine ikonischen Körperzuckungen zu zelebrieren, sodass er dennoch rasch völlig schweissgebadet auf der Bühne steht.

Editors

Rückkehr nach 13 Jahren: Editors im Fri-Son, Fribourg.

Die Rückkehrer aus Birmingham

Der letzte Besuch im Fri-Son ist schon etwas länger her. Im April 2018 haben die Editors nebst Zürich das Les Docks in Lausanne auf den Tourplan gesetzt. Im legendären Club in Fribourg traten die Engländer zuletzt im November 2007 auf – damals anlässlich der Tour zum zweiten Album An End Has A Start. Der Frontmann erwähnt diesen Fakt auf der Fri-Son-Bühne und wundert sich gleichzeitig wie sehr die Zeit verfliegt. Der Komplex 457 wurde erst fast auf den Tag genau drei Jahre später, am 23. November 2010, eröffnet. Hinsichtlich der Setlist macht das Quintett in Zürich und Fribourg keine Unterschiede. Dafür haben sie es stimmungsvoll zusammengestellt. Es finden Songs wie Escape the Nest ihren Weg zurück auf die Bühne. Ihn hat die Band seit 2010 nicht mehr live gespielt. Die Stimmung ist an beiden Abenden ausgelassen und friedlich, genau so wie man es sich wünscht.

Tom Smith

Tyrannosaurus Smith: Der Editors-Sänger schleicht zeitweise wie ein Dinosaurier über die Bühne.

Editors haben die Gabe, Instant-Klassiker zu erschaffen

Natürlich gibt es auch bei den Editors immer Fans, die ihre liebe Mühe mit Veränderung haben. Die Band lässt sich davon aber nicht beirren. Deswegen verliert sie bei keiner Veröffentlichung an Frische und liefert mit jeder Platte Songs, die sofort hängen bleiben. Auch mit den drei neuen Tracks auf Black Gold hat die Formation dieses Kunststück wieder geschafft. Frankenstein entfacht dieselbe Euphorie, wie es Papillon seit seiner Veröffentlichung 2009 noch immer tut. Upside Down gewinnt auf der Bühne gegenüber der Studioversion sogar noch an Dynamik. Wenn Tom Smith die ersten Töne ganz alleine auf dem Klavier spielt und nach wenigen Takten die komplette Band einsteigt, überkommt einen ein angenehmer Schauer. Durch den sanften Einsatz einer eingängigen Synthesizer-Melodie zwischen den Strophen erhält der Song das gewisse Etwas. Die Editors beherrschen es auch, spielend zwischen Disco-Feeling und ruhigen Klängen zu wechseln. Ocean of Night bietet die Gelegenheit nach der temporeichen Nummer wieder etwas zur Ruhe zu kommen.

Justin Lockey

Justin Lockey ist seit drei Alben der Lead-Gitarrist der Editors.

Die Verschnaufpause zwischendurch

Plötzlich steht Smith mit seiner Gitarre alleine im Scheinwerferlicht. The Weight of the World trägt der Sänger nur mit seiner Stimme. Die akustische Stimmung überträgt er auch in den Auftakt von Spiders. Seine Bandkollegen setzen erst nach den ersten Tönen ein, wodurch ein ähnlich beeindruckender Effekt, wie zuvor bei Upside Down, entsteht. A Ton Of Love ist gemäss Aussage von Schlagzeuger Ed Lay der beliebteste Editors-Song in Italien. Aber auch auf Schweizer Bühnen funktioniert der Track vom Album The Weight of Your Love (2013) noch immer hervorragend. Ein erfreuliches Live-Comback feiert ebenfalls Fingers in the Factories. Damit beendeten die Editors auf ihrer In This Light and On This Evening-Tour jeweils regelmässig ihre Konzerte. Eine noch grössere Rarität ist You Are Fading. Der Song ist Teil der UK-Veröffentlichung des Debüts The Back Room (2005). Extra für die Best-Of-Tour haben die Engländer die eher unbekannte Veröffentlichung neu einstudiert.

Editors

Editors in Fribourg

Vergessene Perlen und grosse Hits zum Abschluss

Die Zugaben werden mit Distance eröffnet. Der letzte Song des Debüts ist über die Jahre etwas in Vergessenheit geraten. Es gilt den Editors ein ganz spezieller Dank dafür, dass sie diese wunderschöne Melodie aufs Neue ins Gedächtnis gerufen haben. Auch wenn es der Closer des Debüts war, lassen die Engländer den Abend nicht mit dieser sanften Nummer ausklingen. Um ihre Best-Of-Shows abzurunden greifen sie noch einmal ganz tief in die Hit-Kiste. The Racing Rats, Munich und Smokers Outside the Hospital Doors heissen die altbekannten und allseits beliebten Songs, welche das Konzertwochenende in der Schweiz stimmungsvoll beenden.

Editors

Noch ein letztes Mal lassen die Editors die Clubs erzittern.

Fazit

Natürlich wünscht man sich als Fan immer Wechsel in der Setlist. Am liebsten hätte man, wenn die Band sowohl die Songs vom Vorabend, als auch zuvor vereinzelt gespielte, ins Konzert einbaut. Doch die von den Editors liebevoll zusammengestellte Setlist lässt eigentlich keine Wünsche offen. Sie bietet den optimalen Querschnitt durch die Karriere der Engländer. Besonders schön ist es dabei, etwas in Vergessenheit geratenen Kompositionen wieder einmal live zu hören und neu für sich zu entdecken. Die Editors reifen wie guter Wein, das werden sie bestimmt auch mit dem nächsten Album voller neuer Tracks wieder unter Beweis stellen.