Rezension: Sam Himself – Power Ballads

In Album-Tipps, Highlights by indiespect

  1. Brando
  2. La Paz
  3. Nothing Like The Night
  4. The Missing
  5. Way Out
  6. What It's Worth
  7. Men In My Family
  8. Legends Of The Recent Future
  9. Cry
  10. When I Take The Stage

Künstler: Sam Himself

Titel: Power Ballads

VÖ: 08.10.2021

9.5/10

«Power Ballads» heisst das Debütalbum von Sam Himself. Es ist der nächste grosse Etappenschritt nach der EP «Slow Drugs», welche im Mai 2020 veröffentlicht wurde. Über zehn Songs definiert der Basler seine DNA weiter aus. Er beweist, dass «Power» nicht zwangsläufig für laute Musik steht, sondern die Kraft vielmehr auch in ruhigen Songs liegt, die grosse Emotionen hervorrufen.

Sam Himself: Making the best out of a hopeless situation

Kaum jemand hat aus der Pandemie so viel Positives gezogen wie Sam Himself. Dabei klingen die Umstände noch unglücklicher als für viele andere. Ein Sänger, der in Brooklyn lebt und der nur für eine Stippvisite in die Schweiz kommen möchte, strandet in seiner alten Heimat. Die Rückreise fällt erst mal ins Wasser, genau wie die geplante Support-Tour mit Anna Rossinelli. Statt im Selbstmitleid zu versinken, wird der Musiker aktiv. Mit seinem melancholischen Bariton und den Songs der EP Slow Drugs trifft er hierzulande einen Nerv. Die Präsenz im Radio und generell in den Medien wächst stetig. So wird er unter anderem zum SRF 3 Best Talent gekürt und für einen Swiss Music Award nominiert. Wenn es eine Möglichkeit gibt, steht der blondierte Sänger immer auf der Bühne. Er nimmt die wilde Mischung aus Gefühlen an und verwandelt sie in Demos für das, was sein Debütalbum Power Ballads werden wird.

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© Stefan Tschumi

Die Rückkehr in den Big Apple

Anfang 2021 kann Sam Himself endlich in seine Wahlheimat zurückkehren. Die Abwesenheit und die Veränderung der Welt, wie wir sie kannten, hat ohne Zweifel die Musik und auch seine Person beeinflusst und verändert. Zusammen mit dem Produzenten Daniel Schlett (The War On Drugs, Iggy Popnimmt er die Songs auf, die in der Schweiz entstanden sind – grösstenteils mit Tonspuren der ursprünglichen Demos. Dies gibt den einzelnen Stücken eine Wärme und Intimität, die bei einer polierten Studioproduktion kaum entstehen würde.

I'll ride into town on an old truck from Japan
Across a dead dust desert where the heat rots everything
Through a cold sweat jungle where the leaves whisper the name
Of the first place I'll last, I'm never gonna leave again

La Paz, Sam Himself

Power Ballads: Ein Album wie der Herbst

Es ist seltsam, dass man Musik mit Jahreszeiten verknüpfen kann. Doch Power Ballads klingt so sehr nach einem Herbstalbum, dass vor dem inneren Auge ein wärmendes Kaminfeuer lodert, während draussen der Nebel von der Dunkelheit verschluckt wird. Die Songs hüllen einen beim Hören in eine wärmende Decke ein und lösen die Sorte von Melancholie aus, in die man gerne eintaucht. Wohl selten hat das Sprichwort in der Ruhe liegt die Kraft besser gepasst. Einzelne Stücke hervorzuheben fällt schwer, da Sam Himself es schafft, diese Emotionen über die gesamte Länge aufrecht zu erhalten. Einsteigern in die Sam-Himself-Welt seien La Paz, Nothing Like The Night oder What It's Worth ans Herz gelegt.

Fazit

Sam Himself ist ein Geschenk für die Schweizer Musikszene. Durch seinen Wegzug nach Brooklyn trägt er etwas von der grossen, weiten Welt in seiner Musik. Seine Wurzeln haben ihn gleichzeitig so sehr geerdet, dass die beiden Herzen in seiner Brust wunderbar verschmelzen. Dadurch entstehen kraftvolle Kompositionen, die gut ohne laute Rock-Riffs auskommen. Mit Power Ballads hat der Sänger perfekt abgebildet, was ihn ausmacht. Ein unverkennbarer Bariton, zarte Melancholie und eine treibende Zuversicht. Einfach wunderschön.

Titelbild: ©Stefan Tschumi