The Gardener & The Tree im Kammgarn: Stimmungsvolles Heimspiel in Schaffhausen

In Reviews by indiespect

The Gardener & The Tree haben die Kantonsgrenzen schon lange gesprengt. Was mit dem Sieg am Kammgarnstars 2013 begann, verwandelte sich schnell in eine Erfolgsgeschichte. Nicht nur die Grenzen ihres Heimatkantons Schaffhausen, sondern auch die Landesgrenzen hat die Folkband mit einer Lockerheit überquert, bei der man nur Staunen kann. Mittlerweile steht die Band auf den Line-Ups der grössten Festivals der Schweiz und Deutschlands. Dass dabei die Wurzeln noch immer wichtig sind, stellten sie beim gestrigen Abschluss ihrer Clubtour im Kammgarn Schaffhausen ein weiteres Mal unter Beweis.

The Gardener & The Tree: Ohne Allüren in die erste Reihe

Von aussen scheint es fast so, als hätten sich The Gardener & The Tree ohne grosse Anstrengung nach oben gespielt. Während andere Bands verkrampft versuchen, ihr Publikum zu vergrössern, machen die Schaffhauser einfach den Sound, den sie am meisten lieben und erreichen Jahr für Jahr mehr Fans. Von Anfang an hat die beeindruckende Stimme von Sänger Manuel Felder einen grossen Teil dazu beigetragen. Aber auch die nicht vorhandene Eitelkeit der Musiker, trotz des stetig wachsenden Erfolgs, ist erfrischend. Nach den EPs Revolution (2014) und Mossbo (2017) brachte die Indie-Folk-Formation 2018 mit 69591, Laxå ihr Debüt auf den Markt, welches Platz 5 der Schweizer Charts erreichte. Im November folgte nun der Nachfolger Intervention. Hier spürt man die riesige Erfahrung, welche die Band über die Jahre bei unzähligen Liveauftritten sammeln konnte.

The Gardener & The Tree

The Gardener & The Tree füllen beim Abschlusskonzert ihrer Clubtour die Kammgarn Schaffhausen.

The Gardener & The Tree: Der musikalische Stolz Schaffhausens

Für seine bescheidene Grösse hat Schaffhausen kulturell einiges zu bieten. Nur schon ein Club wie die Kammgarn ist ein Symbol dafür. Dass eine Stadt mit etwas mehr als 35'000 Einwohnern ein Kulturlokal mit einer Kapazität von 700 Besuchern beherbergt, ist alles andere als selbstverständlich. Nun hat die kleine Stadt am Rhein zusätzlich eine Band, die Clubs in dieser Grösse in der gesamten Schweiz zu füllen vermag. Es ist schön, dass The Gardener & The Tree für den Abschluss ihrer Clubtour an den Ort zurückkehren, an dem die musikalische Reise begann. Nach dem Sieg am Kammgarnstars-Wettbewerb 2013, durfte die damals noch junge Band auf der grossen Bühne des Stars in Town auftreten. Mit ihren kraftvollen Folk-Songs erspielten sie sich  schnell eine Fangemeinde und den Ruf einer exzellenten Live-Band. Acht Jahre später stehen sie in der vollen Halle und wirken gereifter und vielseitiger denn je.

The Gardener & The Tree

Manuel Felder, Daniel Fet und Patrik Muggli von The Gardener & The Tree

Ohne Hösli vom Bunker: Der Startsprung für «Intervention»

Es sind nicht nur die Songs, die The Gardener & The Tree ausmachen, sondern auch die sympathischen Anekdoten dazwischen. So erzählt Gitarrist Patrik Muggli von der Entstehungsgeschichte des ersten Songs des neuen Albums. Ungefähr drei Wochen nach Beginn des ersten Lockdowns steckte die Band damals in einer kreativen Blockade und fand den richtigen Einstieg in den Debüt-Nachfolger nicht sofort. Also entschloss man sich, die Bandprobe sausen zu lassen und stattdessen wie früher an den Rhein zu fahren, um den ersten Cervelat des Jahres zu braten. Dafür suchte man sich einen alten Bunker bei Dachsen aus, der in der Region fast jedem bekannt ist. Nach einer Weile entledigte sich Schlagzeuger Dani Fet plötzlich seiner Hose und sprang von besagtem Bunker. Im Wasser japsend rief er seine Kollegen zu sich. Also liessen alle ihre Hosen runter , zogen ihre Hemden aus und taten es ihm gleich. Schnell merkten sie, dass das Japsen daher rührte, dass das Wasser nur gefühlte 10 Grad «warm» war. Nach dieser Aktion fragten sich die Jungs, weshalb man aufhört Sachen zu machen, die man früher tat, sobald man älter wird. Der Stein fürs Album kam ins Rollen.

I was scared of bringing the trash out
Always scared of what could be in the dark
So I never quit my singing, never turned my head

Rebel of The Night, The Gardener & The Tree

Rebel of the Night: Gegen die Angst ansingen

Sänger Manuel Felder ist in Australien aufgewachsen und ist der älteste von drei Brüdern. Deswegen musste er Stärke demonstrieren, wenn es darum ging, wer den Müll nach draussen bringt. Bereits um 20 Uhr war es stockdunkel und auf dem Weg vom Haus zur Sammelstelle war eine gewisse Entfernung zurückzulegen. Sobald der Müllsack deponiert war und der Rückweg zum Haus anstand, fokussierte sich der kleine Manuel auf die Geräusche der Wildnis. Sich die Angst nicht eingestehend, blickte er niemals zurück und begann stattdessen zu singen. Immer schneller laufend, erreichte er schliesslich die sichere Zuflucht hinter der Haustür. Kaum eingetreten, liess er sich nichts mehr anmerken und mimte stattdessen den coolen, grossen Bruder. Davon handelt der Song rebel of the night. Es sind persönliche Geschichten wie diese, welche den Tracks ihre Lebendigkeit einhauchen.

The Gardener & The Tree

The Gardener & The Tree in Schaffhausen

The Gardener & The Tree: Konzert mit einem Jahr Verspätung.

Genau vor einem Jahr hätte das Homecoming-Konzert von The Gardener & The Tree im Kammgarn stattfinden sollen. Damals hatte die Band, unter Anleitung des gelernten Zimmermanns Felder, das Bühnenbild in Eigenregie gebaut. Dabei haben sie unter anderem gelernt wie man lötet. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Zusammen mit der Lichtshow hüllt die Eigenkreation das Quintett während des gesamten Auftritts in stimmungsvolles Licht. Nebst handwerklichem Geschick und Geschichten aus dem Leben gehört auch eine gute Portion Humor ins Set von The Gardener & The Tree. Seemannsgarn, wie es Käptn Blaubär nicht besser hätte spinnen können, lässt Patrik Muggli gegen Ende des Konzerts vom Stapel. Seine Erzählung handelt von einer Partynacht auf der Hamburger Reeperbahn und einem angeblichen, magischen Treffen mit Schlagerkönigin Helene Fischer.  

Auf der Alm, wo die Rosen so blühn

Wo die Rosen so blühn, The Gardener & The Tree

Den Schlager für sich entdeckt

Nach einem Auftritt hätten die Musiker einige Mexikaner-Shots getrunken, als Manuel plötzlich eine Hand auf seiner Schulter spürte. Als er sich umdrehte, stand Helene Fischer vor ihm und meinte: Hey, ich habe eure Show gesehen. Das war schon ganz gut, aber richtig Geld verdient man mit Schlager. Im Nightliner habe sie ihnen schliesslich gezeigt, wie man einen richtigen Schlagerhit schreibe. Diese Musik für Kriegsveteranen mit Herzschmerz, wie man es bei Manuel Felder auf der Arbeit nannte, liessen die fünf Musiker tief in sich einfliessen und haben einen Song namens Wo die Rosen so blühn geschrieben. Nach eigener Aussage einer der besten Songs von The Gardener & The Tree – money-wise. Es stimmt schon fast wehmütig, dass die Schaffhauser nur eine erste Textzeile geschrieben haben, denn der Schlagerfunke zündet beim Heimpublikum sofort.

The Gardener & The Tree

Barfuss auf dem Schlagzeug. Die Kunststücke des Patrik M.

Ein überdimensionales Feuerzeug und eine emotionale Hynme zum Abschluss

Die Anfangsklänge von mph, welches die Zugaben eröffnet, wirken fast weihnachtlich. Aus diesem Grund sehen die Lichter, die hinter Manuel Felder plötzlich auftauchen, wie ein kleiner Christbaum aus. Erst als das Licht wieder etwas heller wird, erkennt man ein überdimensionales Feuerzeug, welches die Fans dazu animiert, ebenfalls die Lichter in die Höhe zu halten. Ein weiteres Stilelement, das man so noch auf keinem Konzert gesehen hat. Zusammen mit dem Publikum begibt sich die Band noch einmal auf eine letzte musikalische Reise. Gemeinsam singen die Schaffhauser die inoffizielle Hymne Bloss e chlini Stadt von Dieter Wiesmann. Dass sie dieses Lied sogar in Deutschland als Abschluss zum Besten geben, zeigt ihre Verbundenheit mit ihrer Heimat. Doch eine Publikumsbeteiligung wie in der Herkunftsstadt dieser Melodie gibt es wohl bloss in dieser kleinen Stadt z'usserst usse und enne am Rhii. In diesem Sinne: Pfuus guet, chlini Stadt.

The Gardener & The Tree

«Bloss e chlini Stadt». Die neuen Schaffhauser Musikhelden, nach Dieter Wiesmann.

Fazit

Der wachsende Erfolg von The Gardener & The Tree ist mit viel Liebe zur Musik und zum Publikum völlig verdient. Die Verbundenheit mit Schaffhausen ist deutlich spürbar und sie macht die Jungs zu tollen Botschaftern für die Region. Dass der Band noch viele Erfolgsmomente bevorstehen, steht angesichts der Tourpläne bereits jetzt ausser Frage.