Franz Ferdinand in Zürich: «Hits To The Head» in der Halle 622

In Reviews by indiespect

Seit dem selbstbetitelten Debütalbum von 2004 halten Franz Ferdinand die Fahne des Indie-Rock hoch. Mit jeder weiteren Veröffentlichung hat die Formation um Sänger Alex Kapranos seither neue Hits geschaffen. Diese haben die Schotten nun in ihrer Best-Of-Compilation «Hits To The Head» gesammelt und bringen diese aktuell in Europa und Amerika auf Tour. Gestern standen Franz Ferdinand zum ersten Mal seit 2018 auf der Bühne der Halle 622 in Zürich.

Alex Kapranos: Der Dorian Gray des Indie-Rock

Der Sänger von Franz Ferdinand hat in seiner Karriere schon einige Frisuren zur Schau getragen. Meist wirkt der adrette Schotte damit elegant und seinem Rockstar-Status würdig. Sein einziger Schnitzer war die kurze Schnäuzer-Phase im Jahr 2012 (wer sich nicht erinnert, kann sich glücklich schätzen). Für die Best-of-Tour hat sich Kapranos nach der wasserstoffblonden Ära der Always Ascending-Tour den Look zurückgeholt, den er beim Aufstieg seiner Band getragen hat. Ein Alterungsprozess scheint in seinem Fall nicht zu existieren. Die Band um ihn hat sich verändert – er nicht. Die Gründungsmitglieder Nick McCarthy und Paul Thomson sind mittlerweile nicht mehr mit von der Partie. Für McCarthy stiessen 2017 Dino Bardot (Gitarre) und Julian Corrie (Keyboard) zu Franz Ferdinand. Die jüngste Ergänzung im Line-Up stellt Schlagzeugerin Audrey Tait dar, die an diesem Abend ihre glanzvolle Zürich-Premiere absolviert.

Franz Ferdinand

Audrey Tait heisst die neue Kraft hinter am Schlagzeug.

Über 20 Jahre nach der Bandgründung: Franz Ferdinand fliegen die Indie-Herzen noch immer zu

Die Tatsache wie viele Hits Franz Ferdinand in den letzten 18 Jahren geschrieben haben ist immer wieder erstaunlich. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass sie locker ein zweites Set mit ebenso grossartigen Songs hätten füllen können. Ihre Best-Of-Tour lebt also gezwungenermassen vom Prinzip Kill Your Darlings. Das Quintett legt direkt mit Krachern wie The Dark Of The Matinée und No You Girls los. Das im Backdrop aufgegriffene Artwork erinnert auf frische Weise an die Anfangstage von Franz Ferdinand. Die Rollenverteilung der verbleibenden Gründungsmitglieder hat sich nicht verändert. Kapranos ist der gut gelaunte, euphorisch springende Entertainer, während Bassist Bob Hardy der Ruhepol der Band ist. Das Springen überlässt er lieber den anderen. Corrie und Bardot wirken in ihren kurzärmligen, gemusterten Hemden fast wie Brüder und Audrey Tait ist der frische Wind in der Band. Mit einer Leichtigkeit, als wäre sie schon immer dabei gewesen, treibt sie mit ihrem Groove die Band an.

Find me and follow me through corridors, refectories and files
You must follow, leave this academic factory
You will find me in the matinée, the dark of the matinée
It's better in the matinée, the dark of the matinée is mine
Yes, it's mine

The Dark of the Matinée, Franz Ferdinand
Franz Ferdinand

Die Ruhe im Sturm: Bob Hardy, Bassist von Franz Ferdinand

«Up now and get `em boy» – und andere ins Gehirn eingebrannte Songzeilen

Die Textsicherheit des Zürcher Publikums ist beeindruckend. Es scheint gefühlt von keinem der Besucher das erste Franz Ferdinand Konzert des Lebens zu sein. Ganz egal ob ich heisse super fantastisch, ich trinke Schampus mit Lachsfisch, what's wrong with a little destruction oder so It's always better on holiday, so much better on holiday – jede Zeile sitzt sicher und lautstark. Das freut auch den Mann am Mikrofon, der sein berühmtes Strahlen auspackt. Selbst wenn die Schotten Take Me Out im Laufe ihrer Karriere schon knapp 1000 mal gespielt haben, zieht der Song noch immer jedes einzelne Mal. Im Hits To The Head-Set ist der Indie-Klassiker schlechthin ziemlich mittig platziert und sorgt bei den Fans für einen neuen Energieschub. Jeder Track der danach kommt, wird noch euphorischer gefeiert, als derjenige davor.

Franz Ferdinand

Hits To The Head in der Halle 622 in Zürich.

Curious und Billy Goodbye als Ausblick auf die neue Phase von Franz Ferdinand

Nebst den bekannten Hits sind auf dem Best Of mit Curious und Billy Godbye auch zwei neue Kompositionen vertreten. Dass sich die beiden Songs so harmonisch in ein Set der grössten Kompositionen der Schotten einfügen, zeigt die Qualität von Franz Ferdinand. Besonders Billy Goodbye, welcher als Opener für die Zugaben fungiert, scheint schon bei seiner ersten Zürich-Performance auf dem besten Weg zum Fan-Liebling zu sein. Den Track umweht ein Hauch von cheesiness, aber er ist einfach ungemein eingängig und einprägsam. Zudem transportiert er einen positiven Vibe, den in dieser Form nur die noch immer quietschfidelen Indie-Dinos von Franz Ferdinand erzeugen können.

Bye bye, Billy goodbye
When it comes to recollecting
Don't forget the best bits
Bye bye, Billy goodbye
Don't get down, look around

Billy Goodbye, Franz Ferdinand
Franz Ferdinand

Dino Bardot ist seit 2017 Teil von Franz Ferdinand.

Ein Feuerwerk zum Abschluss

Kaum zu glauben, dass Right Thoughts, Right Words, Right Action im nächsten Jahr auch bereits zehn Jahre auf dem Buckel hat. Das Riff von Love Illumination, welches im Zugabenblock aus den Boxen dröhnt, klingt noch immer unverbraucht und frisch. Bei solchen Songs fragt man sich ernsthaft wie es auch nur einen Menschen auf der Welt geben kann, der kein Indie-Fan ist. Um nach einer solchen Performance die Energie zum Abschluss halten zu können, gibt es eigentlich nur einen Song im Repertoire. This Fire ist seit langer Zeit als Rausschmeisser gesetzt. Das Intro und die Bridges lassen sich so wunderbar in die länge ziehen, bevor der Refrain alles abbrennt. Bis zum nächsten Mal, wenn Franz Ferdinand die in Schutt und Asche gelegte Indie-Stadt wieder von neuem aufbauen.

This fire is out of control
I'm gonna to burn this city, burn this city
This fire is out of control
I'm gonna to burn this city, burn this city

This Fire, Franz Ferdinand
Franz Ferdinand

Alex Kapranos singt sich auch über 20 Jahre nach der Bandgründung noch die Seele aus dem Leib.

Fazit

Man kann Franz Ferdinand zum 1., zum 10. oder 20. Mal sehen und nie geht man enttäuscht nachhause. Ein schlechtes Konzert der Schotten scheint es schlicht nicht zu geben, egal ob sie vor einem bierseligen Publikum am Festival spielen oder eine eigene Tour-Show auf die Beine stellen. Das Best-Of-Album ist der perfekte Zwischenstopp, der Audrey Tait die Möglichkeit gibt, sich in der Band einzuleben. Wir können uns alle schon auf ein frisches Album in der neuen Besetzung freuen. Die Ideen scheinen der Formation aus Glasgow noch lange nicht auszugehen. Wenn eine Band so langlebig ist, ein erneutes Indie-Revival zu erleben, dann wird es Franz Ferdinand sein.