Friska Viljor sind mit ihrem eingängigen Indie Folk gern gesehene Gäste auf Festivals, wo sie immer für aufgeheizte Stimmung sorgen. Doch bei genauerer Betrachtung steckt in den Schweden auch eine grosse Portion Wehmut und Herzschmerz. Die Mischung macht die Band umso liebenswürdiger. Wer zusammen leidet, der kann auch kollektiv die Sorgen abschütteln und die schönen Seiten des Lebens zelebrieren. So geschehen beim gestrigen Konzert im Zürcher Mascotte.
Friska Viljor: Don't Save The Last Dance
Vor wenigen Wochen veröffentlichten Friska Viljor ihr achtes Studioalbum Don't Save The Last Dance. Nachdem Broken (2019) eine herzzerreissende Trennungs-Platte mit traurigen Texten war, so markiert das neuste Werk eine Rückkehr zu den wilden Friska-Zeiten der Anfangsjahre. Manchmal zieht es einem bei den Falsett-Gesängen von Joakim Sveningsson kurz alles zusammen, aber dieser Imperfektionismus macht viel vom Charme der Schweden aus. Vor allem auf der Bühne ist das Duo eine Macht. Die beiden Sänger und ihre Liveband beherrschen die Balance zwischen Traurigkeit und Ausgelassenheit, ohne dabei zu sehr auf die Tränendrüse zu drücken oder eine aufgesetzte Fröhlichkeit zur Schau zu stellen. Man geht mit ihnen gerne durch dick und dünn.

Frika Viljor im Mascotte Zürich
Das Festival in den Club geholt
Man kann dazu tendieren, die Band zwischenzeitlich etwas zu vergessen. Um die Musik von Friska Viljor zuhause zu hören, muss man in Stimmung sein. Aber kaum bringen sie Tracks wie Gold oder All These Fears auf die Bühne, wähnt man sich sofort wieder in einem seligen Zustand, mit einem kühlen Bier in der Hand an einem perfekten Festivaltag. Aus jedem Bruch in Sveningssons Stimme sprudelt die pure Empfindsamkeit. Man möchte sich mit der Welt zusammenschliessen und geeint aus einer Kehle mitsingen. Erst jetzt wird einem wieder bewusst, dass die Band aus Stockholm auf jedem ihrer Alben unglaubliche Ohrwürmer geschrieben hat. Die Melodien und einzelne Textpassagen hallen extrem lange nach. Noch Tage später singt man sie plötzlich ganz unterbewusst vor sich hin.
Have you ever tried the things
That you never thought you′d do alone
Have you ever been surprised
When you always seem to make it home

Die Senioren spielen Schlaflieder für ihre jüngeren Bandkollegen.
Melancholie und ein Powernap für die Band
Das erste Drittel des Sets steht im Zeichen der melancholischen Seite von Friska Viljor. Vor allem Unless You Love Me drückt ganz schön auf den Tränenkanal. Den Abschluss dieses ersten Akts markiert My Own Satan, welches in seiner Live-Version glücklicherweise ohne die Sounds, die nach Mario-Kart-Soundtrack klingen, auskommt. Für den Mittelteil übernehmen die selbsternannten Senioren die Bühne, sprich Sveningsson und Johansson. Die Jünglinge schicken sie für ein kurzes Nickerchen in den Backstage und spielen für sie drei Schlaflieder. Rest, All Is Good und Sunny Day werden in akustischem Gewand präsentiert. Das Publikum lauscht beinahe mucksmäuschenstill, was die Wirkung dieser ruhigen Momente erheblich verstärkt.
I lost track of time
Gonna pick my kids up soon than die
No more drinks right now
Let's pick this up another night
Natürlich muss bei der Rückkehr der ausgeschlafenen Bandkollegen ein Tempowechsel her. Mit On And On wählen Friska Viljor dafür den perfekten Kandidaten. Der Song beginnt ruhig, bevor der Refrain ganz ohne Aufforderung zum Mitsingen animiert. Jetzt gibt es kein Abbremsen mehr, der Festivalmodus ist endgültig aktiviert. Mit Fan-Lieblingen wie Oh Oh oder Wohlwill reissen die Schweden alle mit in den imaginären Circle Pit.

Kann auch strahlen, Daniel Johansson von Friska Viljor.
Don't be a dick!
Zwischen zwei Songs erzählt Daniel Johansson von einem Toiletten-Erlebnis beim kürzlichen Auftritt in München. Dort habe er einen Sticker gesehen, auf dem lediglich stand: Don't be a dick. Kein Absender, keine URL, keine Werbung, nichts. Wenn wir alle im Raum uns das zu Herzen nehmen und dieses Credo auch unseren Freunden mitgeben, wäre die Welt schnell ein besserer Ort. Der Ausdruck wird schnell zum Motto des Abends. Als nämlich die Band zum ersten Mal das Ende des Konzertes ankündigt und die Bühne verlässt, wird lautstark Don't be a dick – don't be a dick skandiert. Bei ihrer Rückkehr haben die Schweden ein breites Grinsen im Gesicht.
Let's do something out of the ordinary
Let's do it good and do it now
Doors are open for us to storm them all
Without a care of what's inside
I'm gonna meet you out tonight

Friska Viljor x Messina
Auf der Überholspur ins Ziel
Für Inbreeds holt sich die Band ihren Support mit auf die Bühne. Die Winterthurer Band Messina begleitet Friska Viljor aktuell bei sämtlichen Tour-Stopps. Die Verbundenheit der Musiker ist deutlich spür- und sichtbar. Mit dem Album Tour de Hearts (2008) und den beiden Tracks Old Man sowie Arpeggio biegen die Nordländer in die Zielgerade ein. Von den früher erwähnten Ohrwürmern ist Arpeggio mit Abstand der schlimmste. Diese Melodie will und will einfach nicht aus dem Kopf weichen. Aber es gibt schlimmeres, als von diesem Song verfolgt zu werden.

Friska Viljor in farbiges Licht getaucht.
Vom Bartresen ins Publikum
Man scheint sich zu kennen. Darauf deuten auf jeden Fall die erneuten Rufe nach einer weiteren Verabschiedung hin, die alle nach Shotgun Sister verlangen. Der Wunsch wird gewährt und das Duo spielt die ersten Strophen auf dem Bartresen sitzend, auf der gegenüberliegenden Seite der Bühne. Danach begeben sich die beiden auf Tuchfühlung mit ihren Fans. Gemeinsam zelebrieren die Musiker mit jeder Person im Raum die letzten Momente des Abends.
I want to show you how I
Feel good in every moment
I have to get that through to you
It's up to you to tell if

Shotgun Sister im Mascotte Zürich
Fazit
Friska Viljor sind eine begnadete Liveband. Auf der Bühne kann die Schweden nichts bremsen, egal ob sie gerade Trennungen besingen oder die Wohlwillstraße in Hamburg. Es wird Zeit, dass die Band wieder ganz viele Festival spielen kann, um auch die Herzen einer neuen Generation zu erobern.