Johnossi im Dynamo Zürich: Aller guten Dinge sind fünf

In Reviews by indiespect

Beim fünften Termin klappt die längst überfällige Zusammenkunft von Johnossi und Zürich endlich. Nicht nur wurde das Konzert viermal verschoben (vom 23.3.20 auf den 12.9.20, auf den 6.4.2,2 auf den 27.2.22, auf den 2.6.22) auch wechselte dabei die Location dreimal. Kein Wunder war dafür gestern im Dynamo die Freude über das Wiedersehen umso grösser. Mit gleich zwei neuen Alben, Torch // Flame (2020) und Mad Gone Wild (2022) konnten die Schweden aus dem Vollen schöpfen. Dominiert wurde der Abend aber trotzdem von Klassikern aus der 18-jährigen Bandgeschichte.

Johnossi und die Schweiz: Eine glückliche Langzeitbeziehung

Nicht nur werden Schweden und die Schweiz vor allem in Amerika noch immer häufig verwechselt, es scheint auch sonst eine ganz eigene Verbindung zu existieren. Das legt zumindest die Tatsache nahe, wie oft Johnossi hierzulande spielen und immer auf ein treues Publikum zählen können. Während andere Bands mit Glück überhaupt für einen Tour-Stopp vorbeischauen, können es beim Duo gut und gerne drei Shows in einem Jahr sein.

Wasted hours make-believe,
it could be the one I needed
Oh so stupid now I see,
there's a ghost up in my head

Koala Before The Storm, Johnossi
Johnossi

Auch in Dynamo haben Johnossi zahlreiche Fans gelockt.

Johnossi: Das Indie-Duo, das längst keins mehr ist

Das seit Transitions (2013) zum inoffiziellen Trio gewachsene Duo betritt um 21 Uhr die Bühne des sehr gut gefüllten Dynamos. Man spürt ein wohliges: ah, da sind sie endlich wieder im Raum. Der Band scheint es gleich zu gehen, man hat sich vermisst. Mit Koala Before the Storm macht der Song mit dem wohl schrägsten Titel den Auftakt. Wer denkt, dass jetzt vor allem die neuen Alben im Fokus liegen, der hat sich getäuscht. Es geht direkt mit Dead End in die Ära von Mavericks (2010) und mit Air Is Free in diejenige von Blood Jungle (2017). Das Spielen haben die Schweden nicht verlernt. Nur die Setlist scheint bei John Engelbert noch nicht ganz sattelfest zu sitzen. Nach dem Gitarren-Intro von 18 Karat Gold bricht er kurzerhand nach blinder Verständigung mit Ossi Bonde ab und wechselt zu Give Me The Knife, dem Opener des neusten Albums.

Doing this together
Falling to the floor
Feels like now or never
Open up the door

Give Me The Knife, Johnossi
Johnossi

Die Frisur von John Engelbert könnte man als «Koala in the Storm» bezeichnen.

Die Pausen zwischen den Songs sind die ruhigsten Momente im Leben

Auch wenn John und Ossi gerne mal etwas grimmig aus der Wäsche blicken, um die Rockstar-Ausstrahlung zu zelebrieren, so machen sie keinen Hehl mehr daraus, dass sie im Grunde zwei liebe Kerle sind. Später am Abend wird John erzählen, dass er es so geniesst wieder auf Tour zu sein. In seinem Leben gäbe es keinen ruhigeren Moment, als die Pause zwischen zwei Songs. Hier könne man einfach durchatmen, ohne an alles andere zu denken. Diese kleinen Verschnaufpausen gibt es in Form von ruhigeren Songs wie For A Little While oder Mavericks auch im Set. Nachdem man dabei neue Energie getankt hat, fordern Gone Forever, Weak Spots und Heavens (Then We Begin) diese wieder ein.

The skin, the blood
Shoot the witness, kill the judge
Put it on display again
When the worlds on sale we burn the land
The foreign land

Heavens (Then We Begin), Johnossi
Johnossi

Die Akustik-Gitarre begleitet John seit er 19 Jahre alt ist.

Die Gitarre, die seit Jahren nicht mehr existieren dürfte.

Man kann sich gar nicht mehr an eine Zeit erinnern, in der die Akustik-Gitarre von John mal wirklich gesund ausgesehen hätte. Im Gegenteil, sie sah schon immer so lädiert aus, als dürfte sie gar nicht mehr spielbar sein. Während ihm die Gitarre ein weiteres Mal gereicht wird, erzählt der Sänger, dass dies sein erstes Instrument gewesen sei. Es begleitet ihn, seit er 19 Jahre alt ist und ist noch immer seine Lieblingsgitarre. Es scheint eine «tough love» zu sein, denn das arme Saiteninstrument muss auch an diesem Abend bei den wilden Riffs einiges einstecken.

But you, and you, and you and you
You're just an animal developed into
You and you and you and you
A monkey needs to dance and so do you
Man must Dance, Johnossi

Man Must Dance – Johnossi Must Play

Es gab ein Konzert, bei dem Johnossi versucht haben Man Must Dance ausnahmsweise nicht zu spielen, weil sie keine Lust darauf hatten. Die Idee kam beim Publikum alles andere als gut an. Weil dem Duo ihre Fans am Herzen liegen, fehlt das Stück seither nie mehr im Set. Mittlerweile haben sie sich damit wieder versöhnt, da die Reaktionen stets euphorisch sind und sie die Freude in den Gesichter sehen. Ein kleiner Publikumstest must dennoch her. Als John einen Fan mimt, der sagt: I only wanna hear Man Must Dance ten times und fragt, ob es den Menschen hier auch so gehe, antworten alle mit einem geeinten: No! Sichtlich zufrieden quittiert der Sänger mit den Worten: I knew you were a great crowd und spielt – Man Must Dance.

Johnossi

Ein Bild für die Götter: Johnossi zur Einheit verschmolzen

Auf Tuchfühlung mit den Fans

Das reguläre Set beschliesst mit What's the Point ein weiterer Mavericks-Klassiker. Es ist der Song mit der wohl besten Pause für einen Spannungsaufbau in einem Johnossi-Track. Ein Effekt, der bei jedem einzelnen Konzert wieder zieht. Für die Zugaben kehrt John erstmals alleine auf die Bühne zurück, ein Bild das man von früher nicht kennt. Er stimmt die neuste Veröffentlichung Sunny an, die wohl bisher ruhigste Johnossi-Komposition der Karriere. 

The world spins out of my way
Out of my league
Out of my comfort zone
I'd rather be here,
Feeling that spark
Something = Nothing, Johnossi

Mit Something = Nothing folgt Johns Lieblingsstück der neuen Platte, bevor Execution Song und Roscoe den Abend klassisch und wild beenden. Direkt nach dem letzten Ton steht der Sänger auf die Absperrung, klatscht mit den Fans ab und mischt sich unters Publikum, wo er nebst Schulterklopfen auch die Haare verwuschelt bekommt. Man spürt, dass die Musiker diese Nähe vermisst haben. Auch Ossi und Keyboarder Mattias Franzén verabschieden sich herzlich und verteilen in Form von zahlreichen Drumsticks und Plektren Geschenke an ihre Fans. Man spürt: Diese Flamme im Herzen wird auch weiter lodern.

Johnossi

Johnossi im Dynamo Zürich

Fazit

Endlich hat es geklappt und Johnossi waren nach der längsten Pause ihrer Karriere endlich wieder in Zürich zu Gast. Wenn es nach Fans und der Band geht, dürfte das Wiedersehen eher früher als später stattfinden. Vielleicht nehmen sich die beiden dann auch mal etwas mehr Zeit für die neuen Songs. Sie hätten es verdient. Falls sie die älteren Tracks nicht vernachlässigen wollen, dürfen sie gerne mal ein Doppel-Set spielen, wie es Nada Surf zum Jubiläum ihrer Platte Let Go gemacht haben.