George Ezra im Hallenstadion: Das «Gold Rush Kid» bringt den Sonnenschein nach Zürich

In Reviews by indiespect

George Ezra sieht nicht nur aus wie der Traumschwiegersohn, er macht auch Musik, die sämtliche Generationen glücklich und zufrieden macht. Mit seinem neusten Album «Gold Rush Kid» besuchte der Engländer gestern anlässlich seiner Arena-Tour das Zürcher Hallenstadion. Mit seinem Charme, der prägnanten Bass-Bariton-Stimme und einer hochkarätigen Liveband konnte das Schweizer Publikum ganz ohne Sonnenschein gefühlt eine Menge Vitamin D tanken.

Passenger: Bärtiger Engländer, statt Disney-Prinzessin

Als Special Guest hat sich George Ezra keinen Geringeren als Mike Rosenberg, besser bekannt als Passenger, ausgesucht. Der Engländer ist eigentlich längst aus Support-Slots rausgewachsen, er spielt mittlerweile selbst ausverkaufte Shows im Volkshaus und steht an der diesjährigen Ausgabe des Zermatt Unplugged als einer der Headliner auf der Bühne. Mit seiner Gitarre und einer scharfen Zunge nimmt der Musiker den Raum sofort für sich ein. Humor ist im Set von Passenger ebenso wichtig, wie es die Texte seiner Songs sind. So erzählt er vom Problem, dass viele Leute eine Disney-Prinzessin auf der Bühne erwarten und enttäuscht seien, wenn stattdessen ein haariger Engländer dort stehe und anstelle der Frozen-Hymne Let It Go bloss seinen einzig grossen Hit namens Let Her Go spielt. Dass Passenger mehr als sein grösster Hit ist, beweist er in seinem kurzen Set jedoch gleich mehrfach. Ganz egal ob er den brandneuen Track Sound of Silence (Simon & Garfunkel hätten ihn nicht besser schreiben können) zum Besten gibt oder seinem Unmut über unschöne Dinge in der Welt in I Hate Ausdruck verleiht.

Passenger
Schon länger kein Newcomer mehr. Passenger als Special Guest für George Ezra.

George Ezra: Menschlichkeit trotz Arena-Show

Trotz seiner zahlreichen Hits und den Dimensionen, die seine Shows mittlerweile angenommen haben, umweht George Ezra noch immer die Aura eines etwas schüchternen Jungen. Diese Schüchternheit verschwindet schlagartig, wenn er zum Gesang ansetzt. Nachdem Tom Jones' It's Not Unusual als Intro aus den Boxen hallt, betritt Ezra als Teil einer achtköpfigen Band die Bühne und eröffnet sogleich mit Anyone for You (Tiger Lily). Falls Passenger wirklich die Eisprinzessin Elsa aus Frozen gewesen wäre, ist das Eis spätestens nach den ersten Klängen des Sets geschmolzen. Die warme Stimme und die mitschwingende positive Energie spiegeln sich im angenehm gemischten und freundlichen Publikum wider.

Tiger lily, moved to the cityShe just turned twenty-oneAnd then I said, "here's my number, hit me upIf you're needing anyone"

Anyone for you (Tiger Lily), George Ezra

Gleich im Anschluss geht es mit Cassy O' zu den Anfängen zurück. Obwohl Gold Rush Kid erst der Titel des neuen Albums und der dazugehörigen Tour ist, schwingt bei vielen Song die Wild-West-Romantik und das Gefühl der Zeit um den Goldrausch mit. Vor dem neusten Titeltrack erzählt Ezra, dass er für die Songs auf seinem dritten Album auf Eintragungen aus einem alten Notizbuch zurückgegriffen habe. Trotz seiner tiefen Stimme und der sichtlichen Freude, wirkt der Sänger bei solchen Ansagen teilweise als ob er unter Lampenfieber leiden würde. Doch diese Schüchternheit in Kombination mit seinem fröhlichen Lachen und den lebensbejahenden Songs, machen den Charme des Engländers aus.

George Ezra

George Ezra: Das Gold Rush Kid Im Hallenstadion Zürich

Ein bunter Strauss an Lieblingssongs

Andere Acts haben ihre Hits, welche von gefühlt allen Fans sehnsüchtig erwartet werden, bei George Ezra scheint das auf jede einzelne Komposition im Set verteilt zu sein. Während den einen bei Anyone for You (Tiger Lily) das Herz aufgeht, kommen anderen bei Pretty Shining People oder Barcelona erste Freudentränen. Fast greifbar ist die durchgängig friedliche, postive und freundliche Stimmung, die in der Luft liegt. Das wildeste Instrumental- und Licht-Intermezzo bietet Did You Hear the Rain? Wie ein Blitz schlägt der Song, nach knapp zwei Minuten mitten im Hallenstadion ein. Auch hier ist der Country- und Western-Vibe im Stil von (Ghost) Riders in the Sky nicht von der Hand zu weisen. Das romantische und ruhige Hold My Girl bietet im Anschluss den beruhigenden Kontrast. Es fühlt sich so an, als würde nach dem grossen Sturm ein angenehmer Nieselregen leise durch die erfrischte Nachtluft plätschern.

I've got time, I've got loveGot confidence you'll rise aboveGive me a minute to hold my girlGive me a minute to hold my girl

Hold My Girl, George Ezra
Sam Himself

Ein Farbenmeer im Zürcher Hallenstadion

Es werde Licht: Das Hallenstadion in den Farbtopf getaucht

Mit Sweetest Human Being Alive, In The Morning und Manila folgen drei neue Stücke. Jedes ist untermalt von einer farbenprächtigen Lichtshow, dominiert von einer schrägen an einen Bilderrahmen anmutenden Lichtinstallation. Dahinter wird je nach Licht eine Bergkullisse sichtbar. Ein klassisches Bühnenbild ohne LED-Screens ist für einen knapp dreissig-jährigen Musiker bei einer Show in dieser Grössenordnung eher untypisch. Wer mit einer so starken Liveband unterwegs ist, muss sich jedoch nicht hinter ausgefeilten Visuals verstecken. Sweetest Human Being Alive singt Ezra nur vom Klavier begleitet mit geschlossenen Augen und hinter dem Rücker verschränkten Armen. Auch bei In The Morning sind es ruhige Töne, die der Musiker anschlägt, unterstützt durch seine Backgroundsängerinnen und -sänger. Manila ist nach Barcelona und Budapest die dritte Stadt, die von Ezra besungen wird.

Somewhere out there is my girl
My future flame, my save the date
My come-to-bed-now for heaven's sakes
And I just cannot wait to meet my girl

Sweetest Human being Alive, George Ezra
George Ezra

Vier Silhouetten im Nebel: George Ezra und Band

Green Green Grass, Blue Blue Sky: Das leben auch im Tod feiern

Der Anfang des Refrains klingt wie ein Lied, das man als Kind in der Schule gesungen hat. Doch tatsächlich ist Green Green Grass entstanden, als George Ezra bei einer Reise in der Karibik plötzlich aus der Ferne Musik gehört hat. Als er sich näherte, fand er Menschen, die tanzten, sich umarmten und Essen kochten – es war eine richtige Party. Also fragte er einige der Anwesenden, was sie denn feierten. Sie erzählten ihm, dass in ihrer Gemeinschaft Beerdigungstag sei und sie drei Leben feierten, die sie verloren hätten. Als sich Ezra mit diesem Wissen die Szenerie aufs Neue anschaute, wirkte sie noch schöner als zuvor.

She said, green, green grass, blue, blue skyYou better throw a party on the day that I dieGreen, green grass, blue, blue skyYou better throw a party on the day that I die

Green Green Grass, George Ezra

Deswegen hat der Sänger in dieser Nacht in sein Notizheft die drei Zeilen green green grass, blue blue sky, you better throw a party on the day that I die, geschrieben. Mit diesem Track zündet Ezra auch im Hallenstadion seine Party. Es ist der Auftakt einer Reihe von Songs, die auf die Tanzfläche gehören. Sei das Blame It on Me, Paradise oder Budapest. Die Dynamik des Abends ist perfekt gewählt. Gegen Ende des Sets heizt der Engländer die Stimmung mit dem erhöhten Tempo immer weiter an, bis die Band unter tosendem Applaus die Bühne verlässt.

George Ezra

George Ezra vor der Bergkulisse

Mit Shotgun in den Sonnenuntergang

Logisch, dass sich George Ezra nicht lange bitten lässt und den nach Zugaben fordernden Applaus des Zürcher Publikums nicht unbeantwortet lässt. Mit Dance All Over Me setzt er zum Schlussfeuerwerk an. Dieser Track fördert eine imaginäre Discokugel zutage und verwandelt das Hallenstadion in einen Tanztempel, bevor der Musiker aus Hertford mit Shotgun unter der hessen Sonne so lange reitet, bis der «Gold Rush Kid»-Schriftzug auf seiner Jeans-Jacke immer kleiner wird, bevor er vom Horizont im Sonnenuntergang verschluckt wird. Ein perfekt orchestrierter Abend geht zu Ende und lässt beseelte Gesichter zurück.

I'll be riding shotgun underneath the hot sunFeeling like a someone (someone)I'll be riding shotgun underneath the hot sunFeeling like a someone

Shotgun, George Ezra
George Ezra

George Ezra und seine Band verabschieden sich vom Zürcher Publikum.

Fazit

George Ezra hat ein Händchen dafür, Menschen glücklich zu machen. Nur schon seine Ausstrahlung zaubert den Fans ein Lächeln ins Gesicht. Wenn der Tag etwas härter war und das noch nicht ausreicht, erledigen seine Songs den Rest. Sie sind wie die wärmende Sonne, die ein wohliges Gefühl hinterlässt. Man könnte fast meinen, bei einem Konzert von George Ezra könnte man Vitamin D tanken.