Royal Republic brachten ihr fünftes Studioalbum «LoveCop» in die Schweiz und spielten ihre bisher grösste Show hierzulande. Vor dem Auftritt in Zürich erklärte Gitarrist Hannes Irengård den 80er-Jahre-Einfluss der Band, sprach über wachsenden Erfolg und die Entstehung der Platten sowie über die Komplexität, mit der sie ihre eingängigen, aber manchmal auch albernen Texte schreiben.
Indiespect: Der 80s-Einfluss ist mit dem aktuellen Album noch grösser geworden. Ihr seid alle in diesem Jahrzehnt geboren. Hat euch das inspiriert, in diese Richtung zu gehen?
Hannes Irengård: Ich glaube schon, oder besser ich weiss, dass es so war – aber nicht auf bewusste Weise. Es war nie so, dass wir uns gesagt hätten, lasst uns 80er-Musik machen. Es ist organisch passiert. Wir haben versucht, Songs zu schreiben und plötzlich waren da Gitarren, und wir dachten: Oh ja, das ist neu. Aber hey, warum nicht? Wir haben uns einfach fallen lassen. Aber wie du schon sagtest, wir sind Kinder der 80er, es ist also in unserer DNA. Wir sind mit dieser Musik aufgewachsen und hatten schon immer eine Liebe und Faszination für sie. Die 80er waren toll, was die Musik angeht. Alles war so extravagant und überdreht. Wir waren auch schon immer Fans davon, alles ein bisschen zu weit zu treiben.
Es war nie so, dass wir uns gesagt hätten, lasst uns 80er-Musik machen. Es ist organisch passiert.
Indiespect: Habt ihr alle den gleichen Musikgeschmack?
Hannes: Ja und nein. Es gibt natürlich eine Menge Dinge, die wir als Band gemeinsam mögen, aber wir hören auch sehr unterschiedliche Sachen. Ich bin mit Singer-Songwritern aufgewachsen. Bob Dylan, Joni Mitchell, Crosby, Stills, Nash & Young und so weiter. Jonas ist der Metalhead. Je härter, desto besser. Adam steht auf beides. Per ist ein klassisch ausgebildeter Perkussionist. Er war in einem Sinfonieorchester und spielte Triangel und Timpani und wie die ganzen Sachen heissen. Wir haben eine sehr breite Palette an musikalischen Inspirationen, aus der wir schöpfen können. Das ist gut so.
© Jonatan Rennemark
Royal Republic: Jonas Almén, Hannes Irengård, Per Andreasson, Adam Grahn (v.l.n.r.)
Indiespect: Wenn wir schon von einer breiten musikalischen Palette sprechen. Ihr unterwerft euch keinen Genre-Grenzen.
Hannes: Wir haben das immer gehasst. Wenn du mit dem Management oder einer Plattenfirma sprichst, werden sie sagen: Wie seid ihr drauf? Wir müssen euren Song promoten und müssen wissen, an wen wir uns wenden sollen. Gehen wir zu diesem Rock- oder diesem Disco-Magazin? Gehen wir zu einem 80s-Radiosender oder wohin? Sie wollen dich in eine Schublade stecken, und ich verstehe das. Wie sollen sie dich sonst vermarkten? Aber wir haben diese Art des Denkens immer gehasst. Wir haben getan, worauf wir Lust hatten, und wir glaubten stets, dass das der richtige Weg ist. Wenn man versucht, etwas für jemand anderen zu tun, selbst für Fans, werden die Leute das durchschauen. Es wird nicht funktionieren. Es fühlt sich an wie ein verdammtes Theater.
Wenn man versucht, etwas für jemand anderen zu tun, selbst für Fans, werden die Leute das durchschauen.
Es wird nicht funktionieren.
Indiespect: Das könnte sogar eure grösste Stärke sein. Ihr erreicht ein Rock-Publikum gleichermassen, wie Menschen, die normalerweise nicht diese Art von Musik hören. Die Menschen werden von eurer Energie und dem positiven Vibe angezogen.
Hannes: Das glaube auch. Wir haben etwas, das man am Anfang als Problem bezeichnen könnte, in einen Vorteil verwandelt.
Hannes Irengård in action.
Indiespect: Vor fünf Jahren am Openair St. Gallen habt ihr mir erzählt, dass ihr für jede Platte das Label wechselt. Damals war es Nuclear Blast und du ihr wart optimistisch, dass ihr dort noch ein bisschen länger bleiben würdet.
Hannes: (lacht) Ja. Das ist wahr. Wir wurden von jeder Plattenfirma gefeuert, bei der wir jemals waren. Wir hatten zu allen ein gutes Verhältnis, aber es ist schwierig mit uns als Band zu arbeiten. Nicht auf einer persönlichen Ebene, ganz und gar nicht. Wir hatten ein sehr gutes Verhältnis zu allen. Aber geschäftlich gesehen dachten die wohl: was sollen wir mit diesen Leuten machen?
Wir wurden von jeder Plattenfirma gefeuert, bei der wir jemals waren.
Indiespect: Weil ihr euch weigert, Ratschläge von jemandem ausserhalb der Band anzunehmen?
Hannes: Wir nehmen Ratschläge an und denken darüber nach. Aber am Ende bleiben wir immer bei dem, was sich für uns alle richtig anfühlt.
Royal Republic treten seit jeher in derselben Besetzung.
Indiespect: Habt ihr euer Album «LoveCop» in Eigenregie als Band produziert? Auf Spotify heisst es «Royal Republic under exclusive license of OMN Label Services».
Hannes: Dieses Album wurde von Adam und Michael Ilbert in Berlin produziert.
Indiespect: Du hast auch gesagt, dass der Entstehungsprozess der Alben das Schwierigste an der Arbeit bei Royal Republic ist. Ich könnte mir vorstellen, dass es dadurch noch schlimmer geworden ist.
Hannes: Ja, es ist die ganze Zeit scheisse, bis zum Punkt, an dem wir uns bei etwas alle einig sind, dass es grossartig ist. Das Lustige ist, dass wir nie wirklich darüber sprechen. Wir wissen einfach, wann es soweit ist. Bis heute können wir nicht genau sagen, was es ist, das Royal Republic ausmacht. Aber wenn es passiert, dann wissen wir es alle. Es ist ein gegenseitiges Verständnis, das keine Worte braucht.
Bis heute können wir nicht genau sagen, was es ist, das Royal Republic ausmacht.
Aber wenn es passiert, dann wissen wir es alle.
Indiespect: Gab es jemals einen Moment, in dem jemand von euch gesagt hat: Fuck you, ich will nicht mehr mit dir arbeiten?
Hannes: Nein, ganz und gar nicht. Natürlich ist es hart. Wir haben uns im Studio gestritten, wir haben im Studio geweint. Wir erlebten jede Emotion, die es gibt. Aber es war nie so, dass wir gesagt haben, fuck you oder ich bin raus. Selbst als wir musikalisch nicht miteinander auskamen, auch wenn wir zwei völlig unterschiedliche Meinungen zu etwas haben. Ich weiss, dass du das zum Wohle der Band tust. Bei mir ist es ebenfalls so. Wir waren nie auch nur nahe daran, uns aufzulösen. Bei uns hat nie jemand gesagt: Ich bin fertig damit. Ganz im Gegenteil. Wir planen langfristig. Wir wollen so lange weitermachen, wie wir können.
Royal Repbulic sind in der Lage, jedes Publikum zu begeistern.
Indiespect: Ihr seid eine hart arbeitende Band, die alles in dieses Projekt steckt, um ihre Fans zu halten und neue zu gewinnen. Auf dieser Tour habt ihr ausverkaufte Shows in Hallen mit einer Kapazität von 4000 Leuten gespielt. Habt ihr das Gefühl, dass ihr ein neues Level erreicht habt?
Hannes: Irgendwie schon, aber gleichzeitig sind wir in unserer Karriere organisch gewachsen. Wir hatten nie einen Lucky Strike, bei dem es einfach nur bumm gemacht hat. Wir sind getourt und getourt, und der Erfolg hat sich langsam, aber stetig eingestellt. Ja, es kommen immer mehr Leute, um uns zu sehen. Aber es war nie überwältigend, weil es natürlich gewachsen ist. Wir haben nie vor 100 Leuten gespielt und dann sofort vor 5000. Es waren eher 1000 Leute, 1200 Leute, 1400 Leute.
Wir sind gerade an einem Punkt, an dem wir extrem dankbar und glücklich sind, dass wir mit Musik unseren Lebensunterhalt verdienen.
Indiespect: Wart ihr als Band immer geduldig? Oder habt ihr manchmal gedacht, wir wollen den grossen Hit?
Hannes: Im Nachhinein sind wir sehr dankbar, dass es so lief. Wie du schon sagtest, unsere Fans sind uns schon lange treu, sie sind sehr loyal. Aber natürlich gab es auch Zeiten, in denen wir gedacht haben, was soll das? Warum können wir keine Hit-Single haben? Warum kriegen wir nicht jede Menge Sendezeit und Radio-Plays Wir sind zwar im Radio zu hören, aber wir hatten nie eine Hit-Single. Aber auch hier denke ich, dass es auf lange Sicht der richtige Weg ist, zumindest für uns. Wir sind so verdammt stolz auf das, was wir erreicht haben. Wir machen das jetzt seit fast 15 Jahren. Wir sind die gleiche Band, wir sind so ziemlich dieselbe Crew. Ich würde es nicht anders wollen. Aber natürlich gibt es Zeiten, in denen man sich denkt, oh, stell dir mal vor, wir hätten einen richtigen Hit (lacht). Wer weiss, vielleicht passiert das noch, vielleicht auch nicht. So oder so, es ist nicht wirklich wichtig. Wir sind gerade an einem Punkt, an dem wir extrem dankbar und glücklich sind, dass wir mit Musik unseren Lebensunterhalt verdienen. Es ist unglaublich.
Das Publikum für Royal Republic werden immer grösser.
Indiespect: Ihr wisst wie man rockt. Mit eurer Lederjacken-Perlen-Kombination zeigt ihr aber auch, dass ihr euch selbst nicht zu ernst nehmt. Was haltet ihr von euren schwedischen Kollegen wie The Hives, die sich selbst zu den Lieblingsbands der Leute erklären? Ist das einfach nicht euer Ding?
Hannes: Das ist nicht unsere Art, wie wir die Dinge angehen. Wir hatten nie ein strategisches Treffen, bei dem wir uns überlegt haben, wie wir uns präsentieren wollen. Was du siehst, ist das, was du bekommst. Wir vier sind, wer wir sind, Ob du es magst oder nicht. Wir versuchen nicht, jemand anderes zu sein. Abgesehen davon bin ich ein grosser Hives-Fan. Was sie mit ihrer ganzen Wir sind deine Lieblingsband-Sache machen, finde ich richtig gut. Es ist so cool, grossartig und auf seine eigene Art und Weise lustig. Ich habe nichts als Respekt für diese Jungs. Es geht einfach darum, seine eigene Nische zu finden. Wir machen es auf unsere Art, sie machen es auf ihre. Und alles ist gut.
Wir müssen uns auf eine beschränken, sonst sprengt es das Budget für die ganze Tour.
Indiespect: Du hast einmal gesagt, dass jeder von euch nur eine Lederjacke hat. Die muss wirklich stinken, denn es ist heiss und ihr schwitzt während eurer Show. Wie vermeidet ihr es, deswegen auf der Bühne in Ohnmacht zu fallen?
Hannes: Vielleicht ist es heute Abend so weit, wir werden sehen. Es ist furchtbar, ernsthaft. Auf dieser Tour haben wir einen so genannten Stinkraum. Katy aus unserem Team ist die erste, die den Veranstaltungsort betritt, und sie sucht einen Stinkraum. Das bedeutet im Grunde genommen, dass dies der Raum ist, in dem wir alle stinkenden Bühnenklamotten aufhängen. Wir trocknen sie dort. Man sollte da nicht reingehen, es ist furchtbar. Die Metalldinger, die wir an den Jacken haben, sind mittlerweile alle rostig. Es ist richtig eklig. Aber diese Dinger sind verdammt teuer. Wir müssen uns auf eine beschränken, sonst sprengt es das Budget für die ganze Tour. (lacht)
Hannes Irengård ist auf der Bühne wie ein wildes Tier.
Indiespect: Habt ihr vor, diesen Look für die Zukunft beizubehalten? Ich habe gesehen, dass eure Crew schöne Trainingsanzüge hat, die wirklich cool sind.
Hannes: Ja, die sind fantastisch. Als sie geliefert wurden, haben wir sie angezogen und alle gedacht: Stell dir vor, wir machen die Show so. Das wäre so einfach. Das wäre ja wie ein verdammter Spa-Tag. Wir werden sehen. Wir machen das jetzt mal so und schauen, was in der Zukunft passiert. Wir wissen es nicht.
Er ist einer der wenigen Sänger, der verdammt nochmal alles machen kann, was man von ihm verlangt.
Indiespect: Als ich zum ersten Mal euren Song «Lazerlove» hörte, dachte ich, dass jemand anderes als Adam singt. Seid ihr den Track anders angegangen? Oder ist er einfahc in einer Tonlage, die er noch nie gesungen hat?
Hannes: Es ist lustig, dass du das erwähnst. Ich habe das auf diesen Song bezogen schon ein paar Mal gehört. Ist das wirklich Adam? Für mich ist es offensichtlich, dass er es ist, aber das könnte daran liegen, dass ich Adam und seine stimmliche Bandbreite und seine Fähigkeiten kenne. Und natürlich, weil ich die ganze Zeit im Studio war, als er die Vocals eingesungen hat. Er ist einer der wenigen Sänger, der verdammt nochmal alles machen kann, was man von ihm verlangt. Er kann growlen, er kann Metal oder Crooner. Es ist einfach unglaublich. Er stellt einfach sicher, dass er das tut, was dem Song dient. Es ist nie so, dass er etwas nicht singt, weil es nicht ihm klingt oder nach dem, was er normalerweise macht. Der Song kommt immer an erster Stelle.
Adam Grahn klingt in «Lazerlove» anders als sonst
Indiespect: Welcher Song von euch ist für dich am schwierigsten zu spielen?
Hannes: Im Set ist gerade LoveCop ein ziemlicher Ritt gewesen. Das ist schwierig, weil ich da sehr viel singe und sich Harmonien durch den ganzen Song ziehen. Ich persönlich habe normalerweise kein Problem mit dem Gesang oder dem Gitarrenspiel an sich, es ist die Kombination. Wenn man eine bestimmte Art von Riff spielen und gleichzeitig singen soll. Dann ist da noch das ganze Umschalten auf dem Pedalboard, das passieren muss, während man singt, und man kann nicht wirklich sehen, was da unten vor sich geht. Man fummelt da irgendwie in der Dunkelheit.
Mit jedem Album, das wir veröffentlichen, werden die Songs immer komplexer.
Es ist die Kombination dieser drei Faktoren, die es schwierig macht. LoveCop ist definitiv einer dieser Songs. Freakshow war auch ein schwieriges Stück, aber es funktioniert live wirklich gut. Ich habe erst gestern darüber nachgedacht. Mit jedem Album, das wir veröffentlichen, werden die Songs immer komplexer. Früher war es so: Okay, hier ist der Rock-Akkord, hier ist die Power - los: da da da da da da. Aber jetzt ist es schwieriger. Aber so weit so gut. Das musst du heute Abend selbst beurteilen..
Ein Sänger mit einem beeindruckenden Stimmumfang: Adam Grahn.
Indiespect: Eine letzte Frage. Es ist kein Geheimnis, dass eure Texte nicht auf Shakespeare-Niveau sein sollen. Aber trotzdem, auch wenn ihr witzige und manchmal auch unsinnige Texte habt, muss es doch ziemlich schwer sein, sich diese auszudenken.
Hannes: Ja, das ist es. So lustig und dumm sie auch sind, es ist uns trotzdem sehr wichtig. Es muss nach Royal Republic klingen und es muss auf die richtige Art und Weise lustig sein. Es soll nicht doof sein. Es gibt eine Menge Regeln, die nicht wirklich offen ausgesprochen werden, aber wir kennen sie. Wir wissen wenn alles stimmt. Ich meine, wir singen über Don't stop moving oder baby und so, aber wir geben uns tatsächlich - es klingt so blöd (lacht) - sehr viel Mühe mit unseren Texten. Das ist verrückt. Ich habe nie wirklich darüber nachgedacht, aber wir tun es.
Wir geben uns tatsächlich sehr viel Mühe mit unseren Texten.
Indiespect: Sie sind perfekt zum Mitsingen und das ist eine grosse Leistung.
Hannes: Ja. Das ist auch ein wichtiger Teil davon, die Silben richtig hinzubekommen. Wir sind wirklich pingelig, auch wenn man das am Ende vielleicht nicht hört. (lacht)