Der sympathische Hutträger Paul Smith freut sich sichtlich über den ausverkauften Club. Verschmitzt meint er, dass schliesslich niemand an einem Dienstagabend hier sein müsse. Stattdessen könnten alle in ihren Pilates-Kursen sein. Er selbst sei vor 14 Jahren schon einmal auf dieser Bühne gestanden. 2010 war Smith als Solokünstler unterwegs. Er spielte das zweite Konzert im damals neu eröffneten Plaza Klub und dieses sei nicht ausverkauft gewesen. Dem Gesichtsausdruck des Sängers nach zu schliessen, war es wohl ziemlich weit davon entfernt.

Auch wenn der Sänger noch so jugendlich aussieht wie eh und je, geht die Zeit nicht spurlos an ihm vorbei. Mit den Jahren ändern sich die Themen der Songs. Wie es ist, als Vater nach der Geburt eines Kindes auf Tour zu sein, verarbeitete er in Versions Of You. Es ist die wohl schönste Komposition vom Album Nature Always Wins (2021). Smith ist gleichermassen Geschichtenerzähler wie Sänger. Er gestikuliert und unterstreicht seine lyrischen Songtexte mit Gesichtsausdrücken oder theatralischen Bewegungen. Das ist stimmig, schliesslich erzählt er kunstvoll vom Schauspiel des Lebens. Die Irrungen und Windungen sind bei Maxïmo Park das Kernthema.

Kaum ist der letzte Ton eines Songs verklungen, fällt die Performance-Maske vom Sänger ab und wird durch ein freundliches Lächeln ersetzt. Seine einnehmende und offene Art trägt viel zur angenehmen Stimmung im Raum bei. Im gleichnamigen Titeltrack zum aktuellen Album Stream of Life hallt der Refrain nach. Diese vier Zeilen stecken voller Wahrheit und sind so perfekt auf die Essenz reduziert, hier zeigt sich die Qualität des Texters.

Indie-Fans ist zu unterstellen, dass sie oft grüblerisch und sensibel sind. Dadurch entsteht ein Kollektiv an Menschen, das durch diese Gefühle verbunden ist. Dadurch treffen Tracks wie das ebenfalls neue Favourite Songs mitten ins Herz. Tell me your favorite songs / And I'll tell you mine and we'll sing along / And all of our troubles will fade away. Niemand mit einer Leidenschaft für das Indie-Genre kann sich dieser romantisch-schönen Vorstellung entziehen.

Selbstverständlich fehlen auch die grossen Indie-Hits von Maxïmo Park nicht im Set. Our Velocity, Books From Boxes und Apply Some Pressure sind unsterbliche Vertreter ihres Genres. Genauso ikonisch ist der Signature-Jump von Paul Smith, den er an diesem Abend jedoch nur zweimal vollführt. Lieber steht er auf seine Monitorbox oder wirbelt mit seinem Mikrofonständer herum. Während die neueren Stücke eine gewisse Nostalgie in sich tragen, stammt Drinking Martinis aus einer anderen Ära. Den Deep Cut haben Maxïmo Park vor der aktuellen Tour seit dessen Veröffentlichung auf Too Much Information (2014) praktisch nicht mehr live auf die Bühne gebracht.

Mit No Such Thing as a Society, Nosebleed und dem abschliessenden Graffiti verabschiedet sich die Formation aus Newcastle von einem glückseligen Publikum. Nachdem Maxïmo Park die mit ihrem letzten Album geplante Show im Mascotte aufgrund der Pandemie nicht spielen konnten, fühlt sich dieser Konzert wie eine Heimkehr an. Dass sie mit Stream of Life sogar noch ein besseres Album im Gepäck haben, ist das Zückerchen, das den Abend perfekt macht.

Maxïmo Park strotzen nach all den Jahren noch immer vor Spielfreude und wirken keine Sekunde so, als wären sie lieber woanders. Die Energie ist ansteckend und sorgt für ein wärmendes Gefühl im kalten November. Es wird höchste Zeit, die Klassiker wieder öfter zu hören und in Erinnerungen zu schwelgen. Die Texte von Paul Smith besitzen Witz und Tiefgang.