Frightened Rabbit in Zürich:
Magie im ausverkauften Exil

In Reviews by indiespect

Pfoten und verängstigte Hasen am Sonntagabend

An einem kalten Sonntag im Herbst ist es in der Wärme der eigenen vier Wände am schönsten. Da braucht es schon einen guten Grund, um am Abend noch einmal das Haus zu verlassen. Einen solchen lieferten Frightened Rabbit aus Glasgow. Melancholisch und wunderbar melodiös sind die Songs der Brüder Scott und Grant Hutchison. Im Frühling erschien das fünfte Studioalbum mit dem Titel Painting Of A Panic Attack. Dies nahmen sich die Schotten zum Anlass, endlich wieder einmal in die Schweiz zu kommen. Nach Auftritten am Openair St. Gallen 2010 sowie dem Gampel Openair 2013 bot sich eine der wenigen Möglichkeiten, die Band hierzulande live zu sehen.

Dies wollten sich scheinbar zahlreiche Fans nicht entgehen lassen. Das Exil war ausverkauft und dementsprechend rappelvoll. Den Auftakt machten die ebenfalls aus Glasgow stammenden PAWS. Deren Bassist Ryan Drever hatte kurz nach Veröffentlichung des neuen Albums die Band verlassen. Deshalb wurden Sänger Pillip Taylor und Schlagzeuger Josh Swinney beim Konzert von einem Ersatz-Bassisten unterstützt. Die Energie von Swinney war beeindruckend. Jedoch musste man in den vorderen Reihen befürchten, jederzeit einen Teil seines Drumsticks ins Gesicht gespickt zu bekommen. So sehr drosch er auf sein Instrument ein. Der engergiegeladene Auftritt der Schotten wurde leider von der schlechten Abmischung etwas getrübt. Die dominanten Drums verschluckten den Gesang beinahe komplett. Eines zeigten PAWS jedoch deutlich. Nämlich, dass sie sich entgegen ihrem Namen, nicht auf Samtpfoten bewegen.

Support-Act mit Power: PAWS aus Glasgow

Frightened Rabbit sorgen für den perfekten Sonntag

Bereits beim Umbau der Bühne sah man die Professionalität, mit welcher die Crew von Frightened Rabbit ans Werk ging. Saubere Markierungen für jedes Mikrofon und jedes Instrument waren auf der Bühne angebracht. Kleine Kleber auf Verstärkern, sorgten dafür, dass kein Regler ans falsche Ort gedreht wurde. Setlisten wurden mit Handtüchern abgedeckt, um den Überraschungseffekt für neugierige Fans aufrecht zu erhalten. Diese Liebe ins Detail setzte sich auch bei der Band selber fort.

Der Gesang von Scott Hutchison kam glücklicherweise glasklar aus den Boxen und auch der Rest der Musiker war sauber abgemischt. Mit Get Out vom aktuellen Album eröffneten die Schotten ihr Set. Der extrem langanhaltende und herzliche Applaus bereits nach dem ersten Song schien die Musiker noch mehr zu beflügeln. Die Interaktion mit dem Publikum blieb einzig und allein dem Sänger vorbehalten. Mit trockenem schottischem Humor sorgte er für den perfekten Ausgleich zur melancholischen Musik. Untermalt wurde diese von angenehm weichem Licht.

Pure Leidenschaft: Scott Hutchisons Texte sind ehrlich und kommen von Herzen.

Trotz ernsten Themen wie beim Song I Wish I Was Sober, der den übermässigen Alkoholkonsum und den Versuch davon loszukommen behandelt, kam beim Frightened-Rabbit-Konzert keine schwermütige Stimmung auf. Die Lieder dienten der Verarbeitung und sind nur noch eine Erinnerung an schwere Zeiten. Falls trotzdem jemand mal schwermütig werden sollte, reisst die Spontaneität von Hutchison, denjenigen direkt wieder aus dem Tief heraus. Als er in einer Pause beispielsweise seine Akustik-Gitarre stimmen musste, bat ihn ein weiblicher Fan aus der ersten Reihe, dem Publikum ein Geheimnis zu erzählen. «You want a secret? Why? I need a couple of songs to think about that!», lautete seine Antwort. Versprochen ist versprochen. Beim nächsten Unterbruch hatte er auch schon ein Geheimnis auf Lager – und was für eines. Sein Bruder, Grant, sei adoptiert. Aber nicht einmal sein Vater wisse davon. Ausserdem sei Gitarrist Billy Kennedy kein Mensch, sondern ein Roboter. Er werde morgen bereits 105 Jahre alt. Die nicht einstudierte, witzige Konversation mit dem Publikum sorgte für eine noch aufgelockertere Stimmung.

Das Tattoo auf seiner Hand unterscheidet Scott Hutchison am stärksten von Christian Ulmen.

Live-Premiere nach sieben Jahren

Nebst zahlreichen Songs vom aktuellen Album Painting Of A Panic Attack und dem beliebten Pedestrian Verse von 2013 fand auch eine Rarität den Weg ins Set. Floating In The Forth wurde nach der Veröffentlichung 2008 praktisch nicht mehr gespielt. In Zürich feierte der Song nach sieben Jahren sein Live-Comback. Auch sonst verteilten Frightened Rabbit grosszügig Geschenke an das Zürcher Publikum. Mit Die Like a Rich Boy und My Backward Walk spielte Hutchison zwei Tracks, die nicht einmal auf der Setlist standen. Vor allem beim ersten war es so mucksmäuschenstill im Publikum, dass die nur von seiner Akustik-Gitarre begleitete Stimme des Sängers eine unglaubliche Wirkung entfaltete. Damit sorgte er für den grössten Gänsehaut-Moment des Konzerts.

Anschliessend kehrte die fünfköpfige Band noch einmal auf die Bühne zurück um sich gemeinsam mit The Woodpile und The Loneliness von begeisterten und berührten Zuschauern zu verabschieden. Selten hat sich das Rausgehen an einem Sonntag so sehr gelohnt.

Die Setlist vom Konzert könnt ihr euch hier anschauen.

Multitasking gehört bei den Musikern von Frightened Rabbit dazu. Jeder spielte gleich mehrere Instrumente.

Fazit

Die Stimmung im ausverkauften Exil war von Beginn weg ausgezeichnet. Ein friedliches Publikum feierte Frightened Rabbit. Die Band dankte es den Zürchern mit einem Konzert der Extraklasse. Tiefgang und Witz waren an diesem Abend in Einklang. Mit dem kalten Wetter und dem vollgestopften Club wurde dafür das perfekte Umfeld geschaffen. Wer Frightened Rabbit noch nicht kennt, sollte sich gerade jetzt, in der kalten Jahreszeit, ihr neustes Album zu Gemüte führen.