Am 7. August erschien das selbstbetitelte dritte Album der aus Los Angeles stammenden Indiepop-Band «Family Of The Year». Ihr Song «Hero» wurde für den bei den Oscars als «Bester Film» nominierten Streifen «Boyhood» verwendet und hat damit ein sehr breites Publikum erreicht. Dieser Titel markiert auf dem 2012 erschienen Album «Loma Vista» den absolute Höhepunkt. Der Rest der Platte ist ganz in Ordnung, aber auch nicht viel mehr. Auf dem kürzlich erschienenen Werk hingegen gibt es keinen zweiten Titel wie «Hero». Dafür ist das ganze Album in sich sehr stimmig und vermittelt einem ein herrliches Sommer-Gefühl.
Der Herbst hat die Schweiz mittlerweile schon voll im Griff und eine Portion Sommer kommt einem in diesen Tagen sehr gelegen. Dafür sorgten Family Of The Year am vergangen Mittwoch im Plaza in Zürich. Das letzte Konzert ihrer Europatournee spielte die US-Formation, wie bereits im letzten Jahr, in genau diesem Club. Den Anfang machte Cillie Barnes zusammen mit ihrem Gitarristen Marko Casso. Die Tour hatte Cillie scheinbar ziemlich zugesetzt, denn sie litt unter einem ziemlich hartnäckigen Reizhusten, weshalb man bei ihrem Dauerhusten und den erkältungsbedingten Misstönen eher Mitleid mit ihr hatte, als sich auf die Musik konzentrieren konnte. Gemeinsam standen sie ihren Auftritt tapfer durch, aber Barnes war bestimmt froh, als sie sich nach einem aufmunternden Applaus endlich von der Bühne verabschieden durfte.
Kurze Zeit später betrat die durch Gitarrist Mark Casso sowie einen Bassisten verstärkte Besetzung von Family Of The Year die Bühne im Plaza. Während den ersten beiden Songs hatten sie aber sogleich mit extremen Tonproblemen zu kämpfen. Die Pedale des Sängers und Gitarristen Joseph Keefe verursachten in den Lautsprecherboxen ein Knacken wie es bei einer extrem verstärkten Schallplatte zu erwarten wäre. Keyboarderin Christina Schroeter kommentierte das störende Nebengeräusch mit der Frage: «Irgendetwas hat hier geknackt. War das meine Seele?» Nach einem richtigen Gewirr auf der Bühne schien endlich alles in Ordnung zu sein, worauf Keefe erst einmal sein Effekt-Pedal ausprobieren musste und zur Feier des Tages mit seiner Gitarre Sweet Child O‘ Mine von Guns N‘ Roses anstimmte.
Die Spielfreude kehrte in die Gesichter der Musiker zurück und das eingangs erwähnte sommerliche Gefühl legte sich zum ersten Mal so richtig über das Zürcher Publikum. Zwar waren die Zuschauer scheinbar schon etwas festgefroren und mussten erst etwas angetaut werden, bevor endlich richtig Stimmung aufkommen konnte. Für mich war es etwas überraschend, dass bei der Energie, die Family Of The Year auf die Bühne brachten, der Funken trotzdem ziemlich später über sprang. Auf der Setlist befanden sich viele Songs vom aktuellen Album. «Make You Mine» erinnert stark an Grouplove, eine andere US-Amerikanische Indiepop-Band. Schlagzeuger Sebastian Keefe und einziges richtiges Familienmitglied von Sänger Joseph kriegte während des kompletten Konzertes das Grinsen nicht aus dem Gesicht. Seine positive und fröhliche Ausstrahlung wirkte wie ein zusätzlicher Scheinwerfer über dem Drummer. Insgesamt merkte man schnell, dass die Band eine Gruppe bester Freunde ist. Freunde, die sich gerne mal ein bisschen anzicken, aber immer wieder gerne zusammen sind. In der Mitte des Auftrittes wurde die angeschlagene Cillie Barnes wurde noch einmal auf die Bühne gerufen.
Als von ihr zu Beginn nichts zu sehen war, witzelte Sänger Joe, dass sie bestimmt noch ein Glas Wein holen müsse, bevor sie bereit war. Als Cillie sich nach einer Weile schliesslich den Weg durch die Zuschauer bahnte, wurde jedoch klar, dass sie einfach immer zum falschen Zeitpunkt auf die Toilette muss. Keyboarderin Christina meinte darauf, dass es eine Überlegung wert wäre, beim gemeinsam gespielten Titel «Carry Me», ein Mikrofon auf dem Klo zu montieren. Unterstützt von ihren Freunden wirkte Cillie beim Singen schon sehr viel glücklicher, als sie es zu Beginn alleine gewesen war. Nach der gemeinsamen Performance tanzte sie neben der Bühne, direkt im Publikum, weiter zu den Klängen von Family Of The Year. Da sie die Setlist am Ende der Tour bestimmt auswendig kannte, wusste sie was kurz darauf folgen würde. Bereits bei den ersten Tönen von «Hero» legte sich eine ganz spezielle Stimmung über die Zuschauer im Plaza. Von Sehnsucht bis zum absoluten Freiheitsgefühl, ist in diesem Song einfach alles enthalten. Beim letzten Refrain trat Joseph von seinem Mikrofon weg und sang mit beeindruckender, unverstärkter Stimme zusammen mit dem Zürcher Publikum. Scheinbar immer wieder überwältigt von der Reaktion der Menschen auf diesen speziellen Titel, bedankte sich die Band anschliessend äusserst herzlich für das Erscheinen jedes Einzelnen.
Ber der ersten Zugabe «Summer Girl» waren die beiden Keefe-Brüder vereint am Mikrofon und harmonierten dabei perfekt bei ihrem zweistimmigen Gesang. Die beeindruckende Stimme von Schlagzeuger Sebastian Keefe kam dabei zum ersten Mal richtig zur Geltung. Aus «Buried», einem auf «Loma Vista» vertretenen Song, kreierten Family Of The Year eine Lagerfeuer-Akustik-Version, bei welcher die vier festen Mitglieder der Band gemeinsam in ein einziges Mikrofon sangen. Für das grosse Finale bei «Stupid Land» versammelten sich noch einmal alle Musiker gemeinsam. Auf der Bühne entwickelte ein richtiges Fest. Dabei wurden sogar Bierflaschen als Rhythmus-Instrument eingesetzt.
Ein herzerwärmendes, energiegeladenes Konzert sowie die Tour von Family Of The Year fanden damit ihren Abschluss. Wer sich ein Stück vom Sommer bewahren möchte, dem sei das neue Album «Family Of The Year» sehr ans Herz gelegt.
Die komplette Setlist des Abends gibt es hier.