Parov Stelar im ausverkauften X-Tra: Der Electro-Swing-Pionier in Zürich

In Reviews by indiespect

Für Parov Stelar ist ein ausverkauftes X-Tra immer noch ziemlich heimelig. Der österreichische Produzent ist sich die richtig grossen Bühnen gewohnt. Anlässlich der Theater Tour 2024 wurden aber extra etwas kleinere Veranstaltungsorte gewählt, um näher bei den Fans zu sein. Die Nahbarkeit zeigt sich nicht nur in der Grösse der Venue, Parov Stelar wirkt auch so locker wie nie zuvor.

Parov Stelar: Der Dirigent am Notebook

Es gibt wohl kaum jemanden, der Parov Stelar nicht kennt. Ganz egal ob man dem Electroswing zugeneigt ist oder nicht, früher oder später dürfte so ziemlich jeder Musikfan, der seit 2009 ein Festival besucht hat, den Weg mit dem Produzenten gekreuzt haben. Damals erlebte das von ihm massgeblich geprägte Genre einen Hype und ähnliche Acts schossen wie Pilze aus dem Boden. Parov Stelar beschränkt sich seither aber nicht auf die Verwaltung seiner Pionierrolle, sondern experimentiert weiter mit verschiedensten elektronischen Klängen. Auch in Zürich betritt er mit einem Intro die Bühne, das nicht wirklich an Swing erinnert. Viel eher klingt es wie ein Rammstein-Track der jüngsten Ära der Band. 

Parov Stelar

Meister ihres Fachs an ihren Instrumenten: Bei Parov Stelar ist Jeder ein Solist

Trotz Panne bei bester stimmung

Es ist eine Freude Parov Stelar zu beobachten. Mit Hut und Sonnenbrille betritt er stilvoll gekleidet die Bühne. Der Hut verabschiedet sich schon bald und auch die Schichten seines Outfits werden mal weniger und wieder mehr. Einzige Konstante ist die Sonnenbrille und das breite Grinsen auf dem Gesicht. Parov Stelar ist in Feierlaune und das obwohl er und seine Band bei der Anreise von London eine Panne mit dem Tourbus hatten. Saxophonist Sebastian Grimus berichtet von der Odysee, bevor ihn sein Chef unterbricht und ihn verschmitzt korrigiert: Du hast da was verwechselt, das war doch mit dem Privatjet.

Parov Stelar

Der Hut ziert nur relativ kurz den kopf von parov stelar

Team Parov: Die band prägt das Live-erlebnis

Im Vergleich zu DJs, die etwas verloren hinter ihren Turntables stehen und bei Live-Gigs die mangelnde Bühnenpräsenz mit Pyros und Lichtshow übertünchen, weiss Parov Stelar genau worauf es ankommt. Statt sich ins Rampenlicht zu stellen, lässt er lieber seine Band glänzen. Natürlich thront der Maestro auf einem erhöhten Podest, aber er erfreut sich sichtlich am Talent seiner musikalischen Mitstreiter. Es ist gleichzeitig spürbar, wie jedes Mitglied aus dem Ensemble dem Chef der Kompositionen gefallen möchte. Es entsteht beinahe ein freundschaftliches Wetteifern unter den einzelnen Musikern.

Parov Stelar

Anfeuern kann er: Parov Stelar

Keine reine Electroswing-Party

Das Set ist eine bunte Mischung aus Klassikern, neuen Kompositionen und rein instrumentalen Stücken. Parov Stelar hat ganz offensichtlich nicht vor, nur ein Greatest Hits seiner Electrowing-Stücke auf die Bühne zu bringen. Doch wenn er es tut, kommt das immer noch so gut an, wie zur Blütezeit des Genres. Zwischenzeitlich wähnt man sich jedoch beinahe an einem Kraftwerk-Konzert oder mitten im Berghain (zumindest wie man es sich vorstellt, wenn man noch nie da war). Bestes Beispiel dafür ist der Track Keine Melodien 1,2,3,4,5, den Parov Stelar als erste Zugabe mit seinem Gitarristen aus den Boxen wummern lässt.

Parov Stelar

Kann auch reduziert: Parov Stelar für einmal alleine auf der Bühne

Künstlerischer Anspruch treffen auf Erwartungen von Fans

Den wohl bekanntesten Hit, All Night, präsentiert die Formation in einer Extended-Version. Erst klingt der Song wie man ihn kennt und liebt, bevor sich auf der Bühne ein Remix entwickelt und sich das Stück weiter und weiter von seinen Ursprüngen in eine neue Dimension verabschiedet. Für den Künstler mag das ein Weg sein, auch in alten Kompositionen immer wieder neue Facetten zu entdecken, für viele Fans dürfte das speziell bei diesem Song aber auch zumindest eine kleine Enttäuschung sein. Aus künstlerischer Sicht ist die Entwicklung aber durchaus verständlich, Parov Stelar steht schliesslich seit Jahren immer wieder mit dieser Komposition auf der Bühne. Mit Catgroove findet das Konzert jedoch auch für Fans des klassischen Parov-Sounds einen würdigen Abschluss. Hier tanken die Brass-Section und die Sängerin Elena Karafizi die Fans noch einmal mit Energie voll, bevor diese schon bald darauf den Heimweg antreten.

Parov Stelar

Eine Band, die mit ihren Fans bis zum letzten Ton feiert.

Fazit

Mit seiner ausgelassenen Stimmung hat Parov Stelar für ein aussergewöhnliches Konzerterlebnis gesorgt. Während er früher eher stoisch hinter seinen Gerätschaften stand, liess sich der Produzent in Zürich immer wieder zu Anekdoten hinreissen. Mit seinem österreichischen Charme sorgte er immer wieder für Gelächter und damit eine aufgelockerte Stimmung im ausverkauften X-Tra. Diese Stimmung wussten die grandiosen Musiker mit ihrem Können zu nutzen und in pure Energie umzuwandeln.