Go Go Berlin in der Roten Fabrik in Zürich:
Neue Songs und mehr Energie denn je

In Reviews by indiespect

Go Go Berlin: Die Dänen übertreffen sich selbst

Bereits bei ihrem ersten Konzert in Zürich begeisterten die Musiker von Go Go Berlin das Publikum. An jenem Montagabend im Mai 2014 war das kleine Eldorado bis zum letzten Platz gefüllt und die Chemie zwischen der Band und den Zuschauern stimmte ab dem ersten Ton. Seither ist eine gegenseitige Liebe entstanden. Bei jeder Tour statten die Dänen seither der Schweiz mehrere Besuche ab und die Shows sind immer ein wahrer Genuss. 

Im April 2017 trennten sich die Wege von Bassist Emil Rothmann und dem Rest der Band. Lange war nicht klar, ob ein fester Ersatz gesucht wird oder ob bei Auftritten auf verschiedene Live-Mitglieder zurückgegriffen werden soll. Für einige Konzerte wurden Go Go Berlin vom Bassisten der befreundeten dänischen Band The Blue Van unterstützt. Mittlerweile haben sie mit Nick Lee jedoch einen festen Ersatz gefunden. Zwar war er nicht in den Schreibprozess fürs neue Album involviert, aber er gehört zur permanenten Live-Besetzung von Go Go Berlin. Nick spielte früher unter anderem in der ebenfalls dänischen Band Ulige Numre, welche Rockmusik in ihrer Muttersprache machte.

Um wieder einmal aus dem Studio rauszukommen, setzte die Band eine kleine Tour mit zwei Konzerten in Deutschland und zwei in der Schweiz an. Gestern traten sie zum Abschluss in der Roten Fabrik in Zürich auf. Der Abend wurde vom Züricher Quintett Tim Freitag eröffnet.

Tim Freitag aus Zürich eröffneten den Abend für Go Go Berlin.

Tim Freitag: Schweiss, verstimmte Gitarren und ein bekanntes Gesicht an den Tasten

Moment mal. Den Wuschelkopf hinter den Keys kennen wir doch? Ja genau, es ist Daniel Gisler. Der Mann mit den gefühlt 100 Bands feiert derzeit mit der Mundartband Hecht grosse Erfolge. Umso schöner ist es zu sehen, dass er noch immer Zeit für andere Projekte findet. Der Auftritt der Zürcher war energiegeladen und auch zwischen den Songs sehr unterhaltsam. Sänger Janick Pfenninger kämpfte leidenschaftlich mit seiner dauernd verstimmten Akustikgitarre und fluchte dabei in schönstem Zürcher-Dialekt. Falls ihm jemand in Zukunft unter die Arme greifen möchte, wenn es um das Stimmen seiner Gitarre geht,  kann er gerne mit der Band in Kontakt treten.

Go Go Berlin Sänger Christian Vium wird von Tourtechniker Jonathan Koch mit einem kritischen Blick beäugt.

Die Evolution von Go Go Berlin

Schon mit dem ersten Ton war klar: Go Go Berlin wollen mehr. Immer wieder wurden sie in der Vergangenheit als Retro-Rockband bezeichnet, was den Musikern zusehends Sorgen bereitet. Sie wollten niemals eine vergangene Zeit zelebrieren, sondern etwas Frisches und Eigenes erschaffen. Die neuen Kompositionen, von denen sie beim gestrigen Konzert gleich sechs Stück präsentierten, zeigen allesamt auf, welches gewaltige Potenzial noch in der sonst schon fantastischen Band steckt. Die Kreativität tropft aus jeder Pore und die Spielfreude ist bei jedem Ton spürbar. Auch den bekannten Songs von den ersten zwei Alben hauchten die Dänen neues Leben ein. Was mit der Alternativ-Version von Maybe Tomorrow begann, findet nun seine Fortsetzung in den neuen Tracks.

Christoffer Østergaard wurde am Schlagzeug zum Tier.

Neue Tiefe und vielfältigere Kompositionen

Die Musiker sagten vor einiger Zeit in einem Interview, dass sie bereits bei ihren ersten zwei Alben mehr Ideen im Kopf gehabt hätten, diese aber nicht alle im Studio umsetzen konnten, weil sie musikalisch noch nicht die nötigen Fähigkeiten besassen. Dass sich auch in diesem Bereich einiges getan hat, war ebenfalls eindrücklich spürbar. Flink wie nie spielte Sänger Christian Vium seine Gitarrensoli und Schlagzeuger Christoffer Østergaard preschte auf sein Instrument ein, als gäbe es kein Morgen mehr. Zum einen liegt das bestimmt an den erwähnten Fähigkeiten, zum anderen zum anderen aber auch an der persönlichen Tiefe der neuen Kompositionen.

Die neuen Texte gehen unter die Haut, wie das vor wenigen Tagen gestochene Tattoo beim Schlagzeuger beweist. Die Songzeile I will never fall in love again entstammt einem der neuen Stücke der Band. Zwar wurde das Kunstwerk welches den Arm des Trommlers ziert im Vollrausch gestochen, aber es drückt auch seine Tiefe Verbundenheit mit dem noch nicht veröffentlichten Track aus.

Gitarrist Mikkel Dyrehave wandelt mit seinem Umhang auf den Spuren von Brian May.

Alte Tracks, neu interpretiert

Nebst all den neuen Songs, durften natürlich auch die altvertrauten Stücke nicht fehlen. Gimme Your wurde völlig neu interpretiert, ebenso wie das in der Alternativ-Version präsentierte Maybe Tomorrow. Das frühere Paradestück Castles Made Of Sand wurde nicht mehr so exzessiv zelebriert, wie noch in der New Gold-Ära und bei Electric Lives, dem Titeltrack vom letzten Album, wurde der berühmte Hüftschwung etwas zurückgefahren. Aber trotz der Weiterentwicklung der Band ist nichts von dessen Zauber verloren gegangen. Zum Abschluss gab es mit Kids und Raise Your Head gleich noch einmal die volle Packung der «alten» Go Go Berlin auf die Ohren.

Immer häufiger lässt Christian Vium seine Gitarre weg und überzeugt nur mit seiner ausdrucksstarken Stimme.

Fazit

Go Go Berlin werden mit jedem Auftritt besser. Stillstand gibt es für diese Band nicht. Sie leben für die Musik und wollen sich stetig weiterentwickeln. Es wird noch einen Moment dauern, bis das dritte Album veröffentlicht wird, aber es wird ohne Frage eine neue Ära für die Dänen einläuten.

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