Die unzertrennbaren Oasis-Brüder
Sie können so viel über sich herziehen, wie sie möchten, loswerden tun sie sich trotzdem nie. Noel und Liam Gallagher sind seit jeher nie ein Herz und eine Seele gewesen. 2009 verkündete Liam, dass Oasis Geschichte seien. Bereits angesetzte Termine wurden abgesagt und die Band aufgelöst. Was geblieben ist, ist viel böses Blut und die Britpop-Klassiker. Mit Beady Eye versuchte Liam eher schlecht als recht mit einem grossteil der Oasis-Musiker ohne seinen grossen Bruder erfolgreich zu sein.
Dieser bewies mit seiner Band Noel Gallagher’s High Flying Birds derweil, dass er ganz gut zurecht kommt. Der Haupt-Songwriter von Oasis zeigte seine Qualitäten und füllte die Hallen. Mittlerweile ist bereits sein drittes Soloalbum erschienen. Auf Who Built The Moon? experimentiert der Musiker mit verschiedenen Musikstilen und klingt zum ersten Mal so gar nicht mehr nach seiner ehemaligen Band.
Praktisch zur selben Zeit veröffentlicht Liam Gallagher sein erstes Soloalbum unter dem Titel As You Were. Viele sind überrascht, von der Qualität des Erstlings. Musikalisch hält er im Gegensatz zu seinem Bruder dem Oasis-Stil die Treue. Was beide trotz ihren Solo-Ausflügen gemeinsam haben ist, dass sie die Fans zu einem grossen Teil wegen ihrer Oasis-Vergangenheit sehen möchten. So besteht das Live-Set bei beiden Brüdern immer zur Hälfte aus Songs aus dieser Zeit.
Als wäre die Zeit stehen geblieben. Liam Gallagher im gelben Parka.
Grosse Melodien bis zum abwinken
Das erste Solo-Konzert von Liam Gallagher in der Schweiz war bereits lange im Voraus ausverkauft. So füllt sich das X-TRA am Donnerstagabend bis zum Konzertbeginn stetig, bis es kein Durchkommen mehr gibt. Nach der stimmigen Eröffnung von The Sherlocks aus Sheffield erklingt der Oasis-Song Fuckin‘ in the Bushes als Intro aus den Boxen. Er soll die Spannung noch mehr heben, als käme gleich der König höchstpersönlich auf die Bühne. In einem gelben Parka bekleidet betritt Liam Gallagher schliesslich unter tosendem Applaus die Bühne. Mit seinem Bart erinnert er an einen Seebären, was durch seinen typischen Gesichtsausdruck noch verstärkt wird. Über ein Konzert von einem der Gallagher-Brüder zu schreiben, ohne das Wort Oasis zu verwenden, ist schlicht nicht möglich. So beginnt auch dieser Abend mit Rock ’n‘ Roll Star und Morning Glory mit zwei Tracks von ebendieser Band.
Die unverkennbare Pose des Liam Gallagher
Reduzierte Bühnendeko mit schöner Lichtshow
Die Show kam komplett ohne LED-Screens oder andere technischen Spielereien aus. Lediglich einige Spiegel hingen auf der Bühne. Dafür wurde die Musik mit einer wunderschönen Lichtshow untermalt. Vom Balkon aus, sah das ziemlich beeindruckend aus. Kompositionen von seinem Soloalbum fügten sich nahtlos in die Klassiker ein. Wall Of Glass, Bold oder For What It’s Worth sind dabei besonders hervorzuheben.
Bewegung gibt es auf der Bühne nicht wirklich. Die Musiker sind an ihren Plätzen wie festgeklebt und der Meister in der Mitte war noch nie für grosse Bewegungsfreude bekannt. Mit den Händen hinter dem Rücken oder einer Rassel in der Hand stand er leuchtend Gelb im Scheinwerferlicht. Zwischen den Songs gab es ein kurzes Thank You oder etwas längere Wortfetzen, die mit dem breiten Manchester-Akzent nur schwer verständlich waren. Trotz oder gerade wegen dieses Auftretens spürte man, dass eine Legende auf der Bühne stand. Noch nie waren die Gallagher-Brüder besonders nahbar, aber hinter ihrer oft teilnahmslos anmutenden Attitüde versteckt sich auch ein spezieller Charme.
Oasis-Fans kamen im X-TRA auf ihre Kosten
Oasis als fester Bestandteil und Publikumsmagnet
Zwei weitere Oasis-Songs finden in der Mitte des Konzerts ins Set. Some Might Say und Slide Away katapultieren die Fans zurück in die Zeit des Britpops. Sauber abgezählt werden die Perlen seiner alten Band gestreut. Acht eigene Stücke stehen an diesem Abend acht Oasis-Songs gegenüber. Nach einer knappen Stunde des Konzerts folgt mit Be Here Now und dem Über-Hit Wonderwall bereits das Ende des offiziellen Sets. Dabei schiessen die Smartphones in die Höhe. Es scheint als wolle jeder diesen historischen Song für sich festhalten. Wenn sogar Nicht-Oasis-Fans den Text kennen, klingt es bei einem Konzert mit Fans natürlich entsprechend laut. Mit den Worten lovely und perfect quittiert Liam Gallagher den Publikumsgesang im Refrain.
Für die Zugaben kehrt er nicht mehr zu seinen Solostücken zurück. Cigarettes & Alcohol markiert dabei einen der rockigsten Parts des Abends. Mit Live Forever verabschiedet sich der jüngere Gallagher-Bruder vom Zürcher Publikum. Ein Konzert ohne grosse Überraschungen geht zu Ende. Aber genau deswegen sind die Leute gekommen und jeder verlässt glücklich den Club
Fazit
Liam Gallagher ist ein Traditionalist. Er führt sein Konzept seit den 90er-Jahren konsequent fort. Bad-Boy-Attitüde gepaart mit grossen Hymnen, das erwarten die Fans von ihm. Grosse Bewegungen nach links und rechts gibt es dabei nicht. Auch die Setliste ist gesetzt und wird an jedem Konzertabend durchgezogen. Wer ein überraschendes Konzert erwartet, sollte andere Shows besuchen. Der Besuch bei Liam Gallagher lohnt sich aber trotzdem