Circa Waves wollen mehr sein als «Young Chasers»
Im April veröffentlichten Circa Waves ihr drittes Album What’s It Like Over There? und knüpften damit an die Erfolge der Vorgänger an. Wie das Debüt Young Chasers schaffte es das neuste Werk in die Top 10 der UK-Albumcharts. Für die Band um Kieran Shudall dürfte dies eine besondere Befriedigung sein, wenn man bedenkt, dass sie sich unbeirrt weiterentwickeln und auch abseits des klassischen Indie-Rocks Songs schreiben. Nach ihrer Support-Show für The Wombats im Februar 2019 im Kofmehl kehrten die Liverpooler gestern nach zwei Jahren wieder ins Mascotte nach Zürich zurück.
Boniface: Melancholischer Indie-Rock aus Kanada.
Boniface : Melancholischer Indie-Rock aus Kanada
Die Support-Acts von Circa Waves wirkten bisher niemals beliebig, es sind vielmehr solche die in Erinnerung bleiben. Das ist auch bei Boniface der Fall. Die kanadische Band aus Winnipeg vereint melancholisches mit tanzbarem. Durch den Einsatz von Synthesizern schwingt zusätzlich ein Hauch 80er-Jahre mit. Die Stimme von Sänger Micah Visser trägt die Kompositionen einer Stimme voll mit trauriger Wärme und einem Funken Zuversicht. Ein Album haben die Kanadier bisher noch nicht veröffentlicht, es gibt jedoch auf den Streaming-Portalen schon einige Songs zu hören, welche die Vorfreude auf ein in Aussicht gestelltes, aber noch nicht konkret geplantes Debüt erheblich steigern.
Kieran Shudall: Songwriter und Frontmann von Circa Waves
Gleicher Ort, gleiche Musiker, neue Vielfältigkeit
Es gibt immer die Stimmen, die etwas auszusetzen haben, wenn eine Band neue Wege beschreitet oder zumindest die Fühler in neue Richtungen ausstreckt. Circa Waves haben das mit «What’s It Like Over There?» getan. Es ist eine sanfte Entwicklung, weg vom klassischen Indie-Rock zu mehr Piano-Elementen und ruhigeren Nummern. Frontmann und Songwriter Kieran Shudall sieht das gelassen. Vor dem Konzert meint der Sänger dazu:
Wenn eine Band sich weiterentwickeln möchte, muss sie sich verändern. Wenn du Indie-Rock möchtest, kannst du dir noch immer unser erstes Album anhören.
Jene Stimmen sind aber auch deutlich in der Unterzahl, was der Erfolg des Albums beweist. Auch im Mascotte zeigen sich vielmehr die Möglichkeiten, die das Streben nach weiteren Richtungen mit sich bringen. Auf der Bühne präsentiert sich eine weiter gereiftere und abwechslungsreichere Band.
Joe Falconer: Gitarrist von Circa Waves
Die Kälte will nicht so richtig aus den Knochen
Wie vor zwei Jahren eröffnen Circa Waves mit Wake Up, dem Opener des zweiten Albums Different Creatures. Der Weckruf mit dem ansteckenden Schlagzeug- und Gitarren-Intro scheint zu wirken. Besonders direkt vor der Bühne springen der Funke sofort auf die Fans über. Bei den übrigen Besuchern ist die Stimmung friedlich und gut, doch Festivalfeeling kommt nicht sofort auf. Schuld trägt wahrscheinlich auch die Kälte, die noch etwas in den Knochen steckt. Doch dass es nicht immer Party sein muss zeigen schliesslich auch Circa Waves selbst. Ein Song wie Movies ist eher eine Nummer zum mitsingen, als zum auf und ab springen. Das Debüt Young Chasers ist noch immer gut im Set vertreten und sorgt für jene Momente, wie man sie von Festivals kennt. Aber für das Hörvergnügen sind die neuen Stücke mindestens genau so spannend. Besonders das Klavier-basierte Stück Times Won’t Change Me sticht dabei heraus.
Vom Bassisten zum Mann an den Tasten: Sam Rourke während «Times Won’t Change Me»
Wunderbar gemischtes Set
Circa Waves haben sich beim Zusammenstellen der Setlist offensichtlich viele Gedanken gemacht. Der Wechsel zwischen den drei Alben und der ruhigeren sowie der schnelleren Nummern ist wunderbar abgestimmt. Auf das etwas gemächlichere Stuck von Different Creatures folgt der wohl knalligste Song des neuen Albums. Sorry I’m Yours feierte erst vor wenigen Tagen, beim Auftakt der Herbsttour in Amsterdam, seine Live-Premiere. Bei diesem Track vereint die Band das Wilde des ersten mit der Düsternis des zweiten Albums und erschafft damit einen der perfektesten bisherigen Circa-Waves-Songs. Im Anschluss wird es wieder fröhlicher. Stuck in My Teeth ist eines der ersten Lieder, die Shudall geschrieben hat. Der Publikumsliebling darf bei keinem Konzert fehlen. Noch eine andere Farbe zeigt Saviour, ein weiteres neues Stück, das sich die Jungs für ihre Herbsttour aufgespart haben.
Circa Waves bei ihrem Auftritt im Mascotte Zürich.
Mit viel Tempo ins Schlussdrittel
Kieran Shudall kündigt eine Rock-Section an, welche mit dem wilden Goodbye eingeleitet wird. Die Engländer halten Wort und geben richtig Gas. Ohne Verschnaufpause geht es mit Fire That Burns melodiös aber temporeich weiter. Auch wenn Circa Waves sich stetig weiterentwickeln, so wollen sie doch mit gewissen Traditionen nicht brechen. Aus diesem Grund bildet wie jeher T-Shirt Weather den Abschluss und lässt einen noch einmal etwas Wehmütig auf den Sommer zurückblicken.
T-Shirt Weather gibt es bei Circa Waves auch Ende Oktober.
Fazit
Auch mit drei Alben im Gepäck spielen Circa Waves noch immer knackig kurze Konzerte. Dafür wird das Set mit jedem Album abwechslungsreicher. Kieran Shudall sprudelt nur so vor neuen Ideen, sodass man voller Spannung auf die Entwicklung seiner Band schauen kann. Wenn eines sicher ist, dann dass sich die Engländer nicht in eine Schublade stecken lassen wollen.