Mando Diao in Zürich:
Im X-Tra dominiert eine Universalsprache namens Rock’n’Roll

In Reviews by indiespect

Die neue Identität von Mando Diao hat sich gefestigt

Nach dem Weggang von Sänger Gustaf Norén hatten viele die Schweden abgeschrieben. Zu sehr lebte die Band gefühlt von den Stimmen ihrer beiden Frontmänner. Doch Mando Diao stellten bereits vor zwei Jahren mit Good Times unter Beweis, dass es auch mit einem Sänger sehr wohl weitergehen kann. Ausserdem spürte man schnell, dass der Bruch notwendig war, denn noch nie zuvor wirkte die Band so harmonisch wie seit damals. Nun legten die Indie-Helden nach nur zwei Jahren den Nachfolger BANG nach und kehren damit zu ihren musikalischen Wurzeln zurück. Reduzierte Songs in vielen Farben des Rock sind auf dem Album vertreten. Mit dem neuen Gitarristen Jens Siverstedt haben sich Mando Diao 2015 eine wahre Riff-Maschine in die Band geholt, welche der Formation zu neuer Frische verhalf. Dass das bei den Fans gut ankommt, zeigte auch die deutlich grössere Venue. Im November 2017 spielten die Schweden im Kaufleuten und gestern im rappelvollen X-Tra.

Tom Allan & The Strangest

Tom Allan & The Strangest: Stimmungsvoller Auftakt.

Tom Allan & The Strangest: Mando Diao beweisen mit der Auswahl des Supports wieder ein gutes Händchen

Bereits auf ihrer Good Times-Tour hatten Mando Diao einen Support-Act mit dabei, der sich hören lässt. Razz sorgten beim Konzert im Kaufleuten für die optimale Einstimmung auf die Formation um Sänger Björn Dixgård. Aktuell begleitet die junge Band Tom Allan & The Strangest die Schweden bei ihren Shows in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Mit feinstem Indie-Rock, wie die Band ihren Stil selbst beschreibt, punkten die Engländer in Zürich. Mit viel Spielfreude sowie einem sympathischen und souveränen Auftreten kann die Band aus Bury St Edmunds durch diese Auftrittsmöglichkeiten bestimmt zahlreiche neue Fans gewinnen.

Mando Diao

Björn Dixgård hat noch immer einen hypnotisierenden Blick.

Die rohe Gewalt von Mando Diao

Wenn Björn Dixgård die Bühne betritt, umweht ihn die Aura eines Rockstars. Früher schien diese undurchdringlich zu sein und wirkte oft etwas arrogant. Mittlerweile spielt der Sänger nur noch auf charmante Weise damit. Vor dem ersten Ton geht er ein wenig in die Hocke, stützt seine Hände auf den Oberschenkeln ab und fixiert mit seinem intensiven Blick das Publikum. Der König des Abends inspiziert seine Untertanen könnte man meinen. Nach einem kurzen Augenblick lässt er diese Maske fallen und schenkt dem Publikum im X-Tra ein herzliches Lächeln, bevor er zum ersten Song I Was Blind ansetzt. Flankiert wird der Mann mit der unverkennbaren Stimme von Bassist Carl-Johan Fogelklou und Gitarrist Jens Siverstedt. Etwas nach hinten versetzt sitzt Daniel Haglund an den Tasten und Patrik Heikinpieti gibt am Schlagzeug den Takt an. Auf das gesellschaftskritische Society folgt mit One Last Fire die erste Tanznummer. Dass es nicht die letzte sein wird, ist bei Mando Diao ehrensache.

Mando Diao

Die Rhythmus-Sektion im Austausch: Carl-Johan Fogelklou und Patrik Heikinpieti.

Diese Melodien haben den Test der Zeit bestanden

Die alten Songs ziehen noch immer. Der erste dieser Art ist All My Senses. Die Schweden spielen ihn mittlerweile etwas langsamer, als bei der Studioversion von Hurricane Bar vor 15 Jahren war. Überhaupt sind Mando Diao erwachsener geworden. Die Tracks kommen rauer, entschlackt und direkter daher. Wo früher Norén und Dixgård gemeinsam ins Mikrofon gesäuselt haben, ist es nun alleine die markante Stimme von Björn, welche die Kompositionen trägt. Es folgt ein Doppel, das die Fans komplett ausflippen lässt. Mit Long Before Rock’n’Roll und Down in the Past im Anschluss lösen die Schweden direkt einen Flächenbrand aus. Nur ganz kurz gibt es einen Stich ins Herz. Nämlich dann wenn man spürt, an welcher Stelle Gustaf Norén früher bei Long Before Rock’n’Roll eingesetzt hätte. Ansonsten sorgt die neue Energie, die durch Jens Siverstedt Einzug gehalten hat dafür, dass man ihn nicht mehr vermisst. Vor allem dann nicht, wenn man sieht, wie sich die Musiker gegenseitig anfeuern und anlachen. Die Stimmung innerhalb der Band war wohl noch nie so gut, wie 20 Jahre nach ihrer Gründung.

Mando Diao sind noch immer Garanten für ausgelassene Stimmung.

Die Verschnaufpausen werden kurz gehalten

Auf dem aktuellen Album BANG haben Mando Diao komplett auf Balladen verzichtet. Auch im Set sind die ruhigen Songs deutlich in der Unterzahl. In der Mitte der Show gibt es mit Ringing Bells, The Band und Mister Moon aber dennoch einige Momente zum Durchatmen. Die braucht nicht nur das Publikum, sondern auch die komplett nass geschwitzte Band auf der Bühne. Beim Blick ins dicht gedrängte X-TRA fällt auf, dass einige bei Erscheinen dieser ruhigen Tracks auf dem Debüt Bring ‘em In im Jahr 2002 bereits volljährig gewesen sein dürften. Oft vergisst man, wie lange es die Band bereits gibt und dass die Fans der ersten Stunde schon ihre Kinder mit ans Konzert bringen können. Das abwechslungsreiche Set findet seinen Abschluss in der ersten Good Times-Single Shake sowie dem Opener von Ælita, dem wohl experimentellsten und umstrittensten Album der Schweden. Mando Diao haben sich für ihre Performance mit Black Saturday den stärksten Song jener Platte ausgesucht. Er rundet den Abend mit einem ausgelassenen Zürcher Publikum optimal ab.

Mando Diao

Bei Long Long Way werden Mando Diao von Mr. Wolf unterstützt.

Dance With Somebody bis zur Ekstase

Die Zugaben werden mit Long Long Way eröffnet. Der Song wurde ganz untypisch im Tourbus geschrieben. Deswegen trägt er auch das Gefühl einer Reise in sich. Es gibt sie bei jeder Band, die Songs die alles überstrahlen. Bei Mando Diao sind viele davon auf dem 2009er-Album Give Me Fire. So gibt es zum Abschluss gleich ein Doppelpack solcher Tracks, nachdem im regulären Set nur You Got Nothing On Me von dieser Veröffentlichung Platz gefunden hat. Gloria und Dance With Somebody sorgen dafür, dass noch einmal eine neue Ladung Schweiss bei Fans und Band freigesetzt wird. Der letzte Refrain von Dance With Somebody wird zum Wetteifern in Sachen Lautstärke und Sprungkraft. Sänger Björn Dixgård singt sich in einen halb transzendentalen Zustand und verlängert den Song um mehrere Minuten mit animalischen Gesangseinlagen. Als der letzte Ton verklingt, hat sich wirklich jeder im Raum bis zum äussersten verausgabt.

Mando Diao

Mando Diao im X-Tra in Zürich.

Fazit

Mando Diao steigen wieder zu alter Macht auf. Die Konzertsäle werden wieder grösser und die Wucht ihrer Shows kehrt zurück. Zwischen all der Euphorie und der Feierlaune im Publikum vermisst man für gewisse Momente schon fast die vergleichsweise intime Atmosphäre im Kaufleuten. Mando Diao haben sich ihren Rockstar-Status zurück erkämpft und das ist ihnen bei all der Leidenschaft von Herzen zu gönnen.

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