Cold Reading veröffentlichen «ZYT»:
Wenn sich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft vereinen

In Album-Tipps by indiespect

  1. Through the Woods, Pt.1
  2. Past Perfect
  3. Mono No Aware
  4. Escape Plan Blueprint / New Domain
  5. Stay Here Stay Now
  6. Through the Woods pt.2
  7. Present Tense
  8. A Quiet Thought
  9. Oh Sweet Hereafter
  10. Future Continuous
  11. Tree Diagram
  12. Through the Woods, Pt.3
  13. Through the Woods: A Short Story

Künstler: Cold Reading

Album-Titel: ZYT

VÖ: 31.01.2020

Cold Reading sind:

Mike Portmann (Gesang, Keys)
Christian Limacher (Gitarre)
Alain Schurter (Gitarre)
Arthur Londeix (Bass)
Marc Breitenmoser (Schlagzeug)

«Zeit»: Ein mächtiges Wort und sein Einfluss auf die Musik

Am Anfang stand bei Cold Reading eine Idee. Die Luzerner fassten den Entschluss ein aus drei Teilen bestehendes Konzeptalbum zum Thema Zeit zu schreiben. Auf drei EPs verteilt sollte die Vergangenheit, die Gegenwart sowie die Zukunft im Fokus stehen. Damit hat das Quintett ein riesiges Fass an Möglichkeiten geöffnet. Hier sprudeln erst einmal Assoziationen, die gebändigt werden müssen. Doch schnell zeigt sich, dass es für die Band eine Entwicklung ermöglicht, die sie direkt mit den Hörern teilen kann. Angefangen hat alles mit der Vertrautheit der Vergangenheit, während das Ende noch völlig offen war. Darüber musste man sich erst zu einem späteren Zeitpunkt Gedanken machen, als das Projekt in den Startlöchern stand.

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Past Perfect: Die vertraute Vergangenheit

Musikalisch konnten sich Cold Reading bei der ersten EP noch zuhause fühlen. Die Band tauchte – unterstützt von Neuzugang Alain Schurter an der Gitarre – in ihre eigene Vergangenheit ein . Musikalisch orientierte man sich dabei an den früheren Veröffentlichungen. Um der Thematik Vergangenheit noch näher zu kommen, wurde bei den Aufnahmen ausschliesslich mit analogen Geräten gearbeitet. Man hört Songs wie Through the Woods, Pt. 1. diese Entscheidung im Klang deutlich an. Past Perfect schliesst ein altes Bandkapitel ab und öffnet gleichzeitig eine neue Tür.


Present Tense: Die befreite Gegenwart

Für die zweite EP wird das Korsett Konzeptalbum zum ersten Mal etwas gelockert. Man ist nicht mehr in der Vergangenheit gefangen und kann deswegen frei mit Sounds experimentieren, die dem aktuellen Stand der Technik entsprechen. Cold Reading sind in diesem Stadium in derselben Postion, wie jede andere Band, die ein neues Album aufnehmen möchte. Sie haben jedoch den Vorteil, dass sie sich erst unmittelbar zuvor noch einmal mit ihrer eigenen Vergangenheit beschäftigt haben und dabei entdeckten, in welche Richtung sie weitergehen möchten. Musikalisch wirkt alles unaufgeregter. Man lässt sich mehr Zeit für Instrumentalparts und lässt ruhige Klänge zu. Das bemerkt man besonders schön beim Intro der Single Present Tense.
Wenn Past Perfect der Winter war, ist die Gegenwart von Cold Reading ein warmer Sommerabend, bei dem man in einem kurzen Moment aus dem Augenblick fällt und wehmütig das nahende Ende dieser Zeit aufflackern sieht, bevor der Herbst beginnt.

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Future Continuous: Eine Zukunft, die von der Auseinandersetzung mit anderen Zeiten lebt

Der dritte und letzte Teil von ZYT ist in einem solchen Moment entstanden. Auch die Gegenwart wird wieder zur Vergangenheit und es wird Zeit, sich mit diesem Gedanken anzufreunden. Doch wohin soll die Reise gehen? Musikalisch startet Future Continous mit einem Instrumental-Track namens Oh Sweet Hereafter, der ohne Probleme auf einem Death Cab For Cutie-Album Platz finden könnte. Die Blätter verfärben sich und eine neue Jahreszeit hält Einzug. Sie hält Klänge bereit, die Cold Reading bis anhin noch nicht kannten. Es sind elektronische Elemente, die sich wunderbar in die Klangwelt der Luzerner einfügen. Beim Hören von Tracks wie Future Continuous oder Tree Diagram wird einem bewusst, dass sich diese Welt für die Musiker nur eröffnete, weil sie bei der Arbeit an ihrem ambitionierten Album in drei Zeitzonen gleichzeitig gelebt haben. Dadurch haben sie es geschafft, Musik zu schreiben, die sie entweder nie entdeckt hätten oder für die sie noch Jahre gebraucht hätten.

Fazit

Mit viel Leidenschaft und Herzblut haben es Cold Reading geschafft die Zeit in ihren verschiedenen Stadien zu konservieren. Sie haben drei Versionen von sich vereint und ein stimmiges Gesamtwerk erschaffen. Die Dreiteiligkeit haben sie bis zum Artwork und zum Albumtitel durchgezogen. Der Mundartbegriff ZYT, welcher statt dem nahe liegenden, aber unspektakulären TIME gewählt wurde, passt perfekt. Mit seinen drei Buchstaben ist er ein weiteres Indiz dafür, dass an alles gedacht wurde. Auf dem Albumcover sind Elemente von allen drei EP-Covern enthalten. Diese haben sich farblich voneinander abgehoben und finden nun in einer neuen Harmonie zusammen. Abgerundet wird das Album von einer Kurzgeschichte namens Through the Woods: A Short Story, welche die Texte der Songs Through the Woods, Pt. 1 bis Pt. 3 aufgreift und miteinander vereint. Getauft wird ZYT am Samstag, 7. März 2020, in der Schüür in Luzern.

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Titelbild: ©Aira Joana