Travis am Stimmen Festival: Schottischer Charme auf dem Domplatz in Arlesheim

In Reviews by indiespect

Ende April dieses Jahres veröffentlichten Travis ihr achtes Studioalbum mit dem Titel «Everything At Once». Die Album-Kritik könnt ihr hier noch einmal nachlesen.

Seither sind die vier Schotten um Sänger Fran Healy fleissig auf den Festival-Bühnen der ganzen Welt unterwegs. So jetteten sie in kürzester Zeit vom Gurten Festival in Bern nach Asien, um einige Konzerte in Japan, Südkorea und Taiwan zu spielen, nur um gut einen Monat später wieder in der Schweiz, genauer gesagt am STIMMEN-Festival, in Arlesheim aufzutreten. Bereits 1994 wurde das Festival in Lörrach gegründet und seit dieser Zeit kamen weitere spezielle Spielstätten, wie der Domplatz in Arlesheim, in der Nähe von Basel dazu.

Letzten Samstag stand mit dem Travis-Konzert eines der Highlights der diesjährigen Ausgabe auf dem Programm. Ein herrlicher, schweisstreibender Sommertag sorgte für optimale Bedingungen für ein Openair-Konzert. Bereits beim Betreten des Platzes konnte man erahnen, dass man an diesem Abend Travis in besonders intimem Rahmen erleben durfte. Knapp 1000 Besucher fanden den Weg auf den wunderschönen Domplatz. Am Gurten beispielsweise waren es mit rund 20’000 Festivalbesuchern etwa das 20-fache.



Beim Ticketkauf konnte man sich vorab zwischen einem Stehplatz direkt vor der Bühne oder einem Sitzplatz auf der Tribüne entscheiden. Die Front-Row wurde bereits direkt nach der Türöffnung von hartgesottenen Travis-Fans eingenommen. Ansonsten war jedoch immer genügend Platz vorhanden, um sich frei zu bewegen.

Den Anfang machte um 20 Uhr, der von Travis mitgebrachte Künstler «Great Danes». Mit seiner sympathischen und lockeren Art schaffte es der Musiker nur mit einer Akustikgitarre, das Publikum zu begeistern. Besonders ein Medley aus Cover-Songs von Oasis, Justin Timberlake sowie Eminem sorgte bei den Zuschauern für euphorischen Beifall.


Zum ersten Kontakt zwischen Chester Travis, wie der Mann mit der Gitarre tatsächlich heisst und seinen schottischen Namensvettern, kam es als die Band in London ein Konzert spielte. Zuvor suchten sie einen Gitarrenladen auf, in dem Chester arbeitete. Eines Tages, als er bereits in Berlin wohnte, bekam er einen Anruf von Fran Healy, der ihn anfragte, ob er einmal als Support-Act auftreten möchte. Es brauchte jedoch mehrere Minuten Überzeugungsarbeit, bis Healy glaubhaft versichern konnte, dass sich nicht einfach jemand einen Spass mit Chester erlaubte.

Nach einem kurzweiligen 30-minütigen Set und einer schnellen Umbaupause standen um Punkt 21 Uhr die Hauptakteure auf der Bühne und legten gleich mit dem Titeltrack von ihrem neuen Album «Everything At Once» los. Bereits als zweiter Song folgte mit «Sing» ein Titel, den wirklich fast jeder schon einmal gehört hat und sich auch nach 15 Jahren noch immer als Mitsing-Garant entpuppte.


Das Banjo von Gitarrist Andy Dunlop wurde auf einem Ständer montiert, was einen schnellen Instrumentenwechsel ermöglichte.

Mit Songs wie «Selfish Jean» oder «My Eyes» zeigten Travis, dass sie noch viel mehr als ihre bekanntesten Singles zu bieten haben. Dies wurde mir auch erst 2013 richtig bewusst, als sie an den Musikfestwochen in Winterthur auftraten. Vorher besass ich lediglich die Singles-Sammlung von Travis, die ich nach all den Jahren irgendwie nicht mehr wirklich spannend fand. Erst die neu entdeckte Vielfalt der übrigen Titel hat mich wieder so richtig zur Band geführt. Mit zwei Songs kam das Vorgängeralbum «Where You Stand» aus dem Jahre 2013 leider etwas zu kurz, ansonsten liess die Setlist jedoch keine Wünsche offen.

Vor allem die neuen Titel überzeugten mit ihrer Frische und standen den Klassikern in nichts nach. Der von Bassist Dougie Payne geschriebene Titel «Animals» war gar eines der Highlights des Abends. Zwischen den Stücken erzählte Fran Healy mit schönstem Schotten-Akzent immer wieder Anekdoten zu den einzelnen Songs. «Paralyzed» handelt beispielsweise von unserer Gesellschaft, die mit den Smartphones eine Technologie geschaffen hat, um besser miteinander verbunden zu sein. Stattdessen sitzen sich mittlerweile zwei Personen im Restaurant gegenüber und statt zu sprechen, schauen sie nur aufs Display. Healy ist überzeugt, dass unsere Grosseltern ohne diese Technologie viel verbundener waren, weil sie ohne Ablenkung miteinander sprechen konnten.

Nur kurz nach dieser Ansprache zeigt sich, wie Recht er mit seiner Aussage hatte. Als sich Healy für den Song «Where You Stand» ins Publikum begibt, um seine Band mal von unten zu sehen, wird er während den knapp vier Minuten genötigt, für etwa 20 Selfies zu posieren. Charmant und geduldig lässt er dies sehr zur Freude der Zuschauer aber mit sich machen.


Auch durch diese Aktion zeigt der charismatische Sänger, warum er bei den Fans so beliebt ist. Er stellt sich nicht über seine Zuschauer, sondern möchte ein Teil von ihnen sein. Wieder auf der Bühne folgen mit «Closer» und «3 Miles High» noch weitere musikalische Höhepunkte. Nach der Hymne «Turn», vom Erfolgsalbum «The Man Who» aus dem Jahre 1999 verabschiedet sich das schottische Quartett von der Bühne.


Nach anhaltendem Applaus kehrt Fran Healy alleine mit seiner Gittarre zurück und bittet den Techniker, den Verstärker abzustellen. Komplett unverstärkt singt er «Flowers in the Window» und erreicht dabei während den Strophen absolute Stille im Publikum, sodass auch die Zuschauer auf den Sitzplätzen noch etwas hören können. Diese Art von Performance ist bestimmt nicht sehr förderlich für die Stimmbänder, dafür umso spezieller für das Publikum.

Schliesslich kommt noch einmal die ganze Band auf die Bühne und lässt Arlesheim zu «Magnificent Time» in einer Choreografie tanzen, welche die Fans der ersten Reihe natürlich auch ohne Instruktion perfekt beherrschten. Zum Abschluss verabschieden sich Travis mit «Why Does It Always Rain On Me» von einem Publikum voller glücklicher Gesichter. Zum Glück ist der Regen bis tief in die Nacht ausgeblieben und Travis boten in dieser herrlichen Sommernacht ein wunderschönes Konzert.