Rezension:
Go Go Berlin – The Ocean

In Album-Tipps by indiespect

  1. Go On (Forever)
  2. Love Me
  3. Casa El Mirador
  4. Here Comes The Darkness
  5. Desert
  6. Heavens Gone Alive
  7. Stranger
  8. The Ocean
  9. Never Fall In Love
  10. Reasons
  11. Utah

Künstler: Go Go Berlin

Album-Titel: The Ocean

VÖ: 23.08.2019

9/10

Go Go Berlin veröffentlichen diesen Freitag mit The Ocean ihr drittes Studioalbum nach New Gold (2013) und Electric Lives (2015). Die Pause zwischen dem Nachfolger des Debüts und der aktuellen Platte dauerte mit vier Jahren gleich doppelt so lang wie die Veröffentlichung der ersten beiden Alben. Dies hat verschiedene Gründe. Nach dem Ausstieg von Bassist Emil Rothman mussten sich die Dänen erst wieder finden. Zwar waren noch immer vier Mitglieder aus der Ur-Formation dabei, doch ohne einen Bassisten konnte man auf Dauer nicht auf Tour gehen. Mit Nick Lee haben Go Go Berlin nun ein permanentes Mitglied für die Live-Auftritte gefunden. Im Album-Prozess selbst war er jedoch nicht involviert. Ausserdem hat die Formation auch stilistisch einen grösseren Wandel durchgemacht, was ebenfalls seine Zeit in Anspruch nahm.

Die Essenz von Go Go Berlin

Sobald man The Ocean in ganzer Länge hört, spürt man die Veränderung ganz deutlich. Musikalisch war diese zum ersten Mal bei der alternativen Version des Songs Maybe Tomorrow zu hören, welcher im Original auf Electric Lives erschien. Die Instrumentierung wurde verlagert und etwas Tempo rausgenommen. Dafür wurde mit elektronischen Klängen gearbeitet und dadurch ein ganz neuer Spannungsbogen kreiert. Nach dieser Veröffentlichung schienen die Dänen gewusst zu haben, in welche Richtung es weitergehen soll. Bei ihrem Auftritt in der Roten Fabrik im Januar 2018 präsentierten sie bereits zahlreiche neuen Kompositionen. Die Band wirkte auf der Bühne verändert und sie trat mit einer ganz neuen Energie auf. Dieses Frische-Gefühl haben sie nun auf The Ocean gebündelt und in elf Songs verpackt.

Track by Track

Bereits der Opener Go On (Forever) greift die neue Instrumentierung auf. Mit einem elektronischen Intro und mehr Beats als Gitarren startet der erste Song des Albums. Die vertraute Stimme von Christian Vium sorgt dabei für einen sanften Übergang zu Go Go Berlin 2.0

Love Me war eine der Vorab-Veröffentlichungen von The Ocean. Mysteriös und elektrisierend steigert sich der Song immer weiter. Er schleicht sich aus dem Schatten an und springt plötzlich ins grelle Licht. Mit Love Me setzen Go Go Berlin bereits einen ersten Glanzpunkt.

Der (beinahe)-Instrumental-Track Casa El Mirador versetzt den Zuhörer in Trance. Hier zeigt sich die Lust am experimentieren ganz besonders. Christian Vium fügt der sphärischen Instrumentierung nur einige stimmlichen Klangpunkte hinzu. Es ist mehr ein Bindeglied zwischen zwei Stücken, als ein wirklicher Song.

Den grössten Hit-Charakter hat zweifelsohne Here Comes The Darkness. Nicht ganz grundlos haben Go Go Berlin diesen Track als ersten veröffentlicht. Er bietet alles, von wunderbaren Melodie- und Tempowechseln bis zur perfekten Stimmung. Was Castles Made of Sand auf New Gold und Electric Lives auf dem gleichnamigen Nachfolger-Album war, das ist Here Comes The Darkness auf der dritten Platte.

Hier sind die Musik-Scouts von Netflix, HBO und anderen Streaming-Anbietern gefragt. Desert passt perfekt als Untermalung in die Schlüssel-Szene einer Erfolgsserie. Sogar als Titelsong würde sich Desert eignen. Der Track klingt düster, gefährlich und sexy zugleich. Grosses Kino.

Das Tempo bleibt auch bei Heavens Gone Alive schleppend, im positiven Sinn. Es ist ein Schleppen der coolen Sorte. Spacige Key-Sounds werden getragen von einem stampfenden Schlagzeug-Beat und virtuos verzerrten Gitarren- und Bass-Einlagen. Vom simpeln Zusammenspiel der einzelnen Instrumente haben sich Go Go Berlin definitiv verabschiedet.

Fast nicht zu erkennen ist die Stimme von Christian Vium zu Beginn von Stranger. Hier zeigt der Sänger eine ganz andere Farbe seines Klang-Organs. Er treibt den Gesang zwischenzeitlich in ungeahnte Höhen. Melodisch ist der Track sanft und gefühlvoll gehalten. Eher etwas zum Träumen als um die Tanzschuhe auszupacken. Stilistisch nähern sie sich hier teilweise schon etwas an die ruhigeren Songs ihrer Landsleute von WhoMadeWho an.

Der Titeltrack The Ocean verhält sich seinem Namen entsprechend. Er baut wie eine Welle auf, die langsam auf das Ufer zusteuert. Noch einmal hält sie vor dem Refrain kurz inne, bevor sie mit Schwung auf den Sand trifft. Auch hier gibt es Harmonien und Tonfolgen zu hören, die unerwartet kommen. Mit einem Hauch von Empire of The Sun in der Ära von Walking On A Dream.

Never Fall In Love ist der Lieblingssong von Schlagzeuger Christoffer Østergaard. Davon ist zumindest auszugehen, denn er hat sich eine Textzeile daraus tätowiert. I will never fall in love again klingt textlich ganz anders als die Melodie, die es untermalt. Diese strahlt beinahe einen fröhlichen Optimismus ab und endet in einem der wenigen wilden Gitarrensoli der Platte.

Noch einmal schraubt Vium seine Stimme in unbekannte Höhen, als er den Refrain von Reason anstimmt. Auch dieser Song dreht sich wieder um die Liebe und die Gründe, warum sie auseinander brechen kann. Überhaupt geht es auf The Ocean hauptsächlich um Liebe und um Gefühle der negativen Art, die damit zusammenhängen können.

Für das letzte Stück packen Go Go Berlin die Akustikgitarre und einen Song à la Gorillaz aus. Der Gesang von Utah stammt teilweise auch vom befreundeten Søren Christensen, Sänger von The Blue Van, was für einen noch spezielleren Mix zum Abschluss beiträgt.

Fazit

Go Go Berlin haben sich mit The Ocean neu erfunden. Sie sind nicht mehr die klassische Band wie sie es bei New Gold und zu grossen Teilen bei Electric Lives waren. Sie haben experimentiert und ihre Essenz extrahiert. Entstanden ist ein spannendes und abwechslungsreiches drittes Album. Sicher wird es Leute geben, welche die Gitarren und die rohe Seite von Go Go Berlin vermissen, aber auf Tour werden die Dänen beweisen, wie perfekt sich der neue Sound mit dem alten vermischen lässt.

Go Go Berlin in der Schweiz

Mit ihrem neuen Album sind Go Go Berlin auch für ein Konzert in der Schweiz zu Gast. Wie im Januar 2018 werden sie im Herbst wiederum in der Roten Fabrik auftreten. Das Konzert der Dänen findet am 22. Oktober 2019 statt. Tickets gibt es hier.

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