Interview mit Steiner & Madlaina: Wir müssen anfangen zu teilen was wir alles haben, auch wenn’s uns nicht leicht fällt.

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Schon mit ihrem Debüt «Cheers» (2018) haben Steiner & Madlaina für Aufsehen gesorgt. Nicht nur die Texte und die schon fast unerträglich eingängigen Melodien blieben in Erinnerung, auch die Musikvideos waren verstörend und ästhetisch zugleich (ein Beispiel). Nun erscheint das neue Album «Wünsch Mir Glück», bei welchem das Zürcher Duo ausschliesslich auf deutsche Texte setzt, nachdem auf ihrem Erstling auch englische Tracks enthalten waren. Die Stimmung schwankt zwischen Melancholie und Weltschmerz. Nora Steiner und Madlaina Pollina erläutern im Interview die Hintergründe ihrer starken Neuveröffentlichung.

Indiespect: Auf «Wünsch mir Glück» habt ihr Melodien mit wundervollen Harmonien wie «Heile Welt» geschafft. Gab es Musik, die euch zu solchen Kompositionen inspiriert?

Steiner & Madlaina: Interessanterweise gibt’s das nicht sehr oft bei uns, aber genau bei Heile Welt traf das ein. Und zwar ist das Arrangement und vor allem der Gitarrensound sehr stark an The War On Drugs angelehnt. Das war eine Band, die vor allem Max und Nora sehr feierten und inspiriert hat. Normalerweise ist es aber nicht eine spezifische Band, sondern ein Gemisch unser aller Geschmäcker und auch mit etwas Zufall verbunden, was man grade gerne und viel hört.

Indiespect: Eure Texte sind teils ziemlich gesellschaftskritisch, aber auf eine spezielle Art und Weise. Sie klingen wie Stimme des eigenen Gewissens und jeder der sich mit seinem eigenen Handeln auseinandersetzt, wird sie ganz anders wahrnehmen. In welcher Rolle seht ihr euch selbst? Seid ihr selbst auch in dieser Blase aus Annehmlichkeiten gefangen?

Steiner & Madlaina: Absolut, wir haben auch keine Ahnung wie man sich dieser Blase komplett entziehen könnte, wenn man so aufgewachsen ist wie wir. Zusätzlich sind wir uns auch nicht sicher, ob am meisten getan ist, wenn man sich dieser Blase entzieht. Das einzige was uns klar scheint, ist dass wir zurückgeben müssen, wir müssen anfangen zu teilen was wir alles haben, auch wenn’s uns nicht leicht fällt. Wir versuchen stark in den Texten klar zumachen, dass wir das leider auch nicht so gut können und tun wie wir uns das wünschen, aber es zu wünschen und das Bewusstsein zu haben, halten wir für einen wichtigen Anfang.

© Stefan Tschumi

Indiespect: Euer erstes Album war noch in englische und deutsche Texte geteilt. Jetzt singt ihr nur noch auf Deutsch. Habt ihr während des Schreibprozesses auch englische Texte geschrieben oder euch schon vorher dafür entschieden, dieses mal keine englischen Songs zu schreiben?

Steiner & Madlaina: Ja wir haben auch englische Texte geschrieben und auch einen auf Schweizerdeutsch. Nur waren ganz klar die deutschen Texte besser geschrieben. Englisch war ab 2018 auch einfach keine Sprache mehr, die wir regelmässig brauchten, um uns elegant genug auszudrücken. Zusätzlich sind wir mit unserer Textarbeit auch kritischer geworden, da ist uns dann doch aufgefallen, dass man in der Sprache die man am besten kennt, auch am treffendsten in die Finessen gehen kann.

Indiespect: Im Refrain von «Wenn ich ein Junge wäre (Ich will nicht lächeln)», sind keine Aussagen sondern Fragen formuliert. Glaubt ihr, dass man euch weniger zutraut, weil ihr keine Jungen seid? Falls ja, in welchem Aspekt eures Lebens ist dies am ausgeprägtesten?

Irgendwann hat man keine Lust mehr den Satz zu hören:
«für ein Mädchen spielst du ganz gut Gitarre».

Steiner & Madlaina zum Song «Wenn ich ein Junge wäre (ich will nicht lächeln)»

Steiner & Madlaina: Das ist bestimmt so. Bei den meisten Frauen äussert sich das wahrscheinlich im Job. Genau so bei uns. Irgendwann hat man keine Lust mehr den Satz zu hören: «für ein Mädchen spielst du ganz gut Gitarre». Es klingt für die meisten zum guten Glück masslos übertrieben, ist es leider nicht. Es geschieht uns immer weniger, seit wir ein super tolles Team haben, was mit uns arbeitet, aber solche oder andere beschränkte Aussagen sind leider immer noch Thema.

Indiespect: Ist das für euch ein Problem der älteren Generation oder spürt ihr das auch bei Männern in eurem Alter?

Steiner & Madlaina: Eine Aussage, wie die oben genannte, ist eher ein Problem einer anderen Generation. Aber auch in unserer sind viele der klassischen Rollenbilder noch so tief drin. Wichtig ist für uns auch hier wieder: Sie sind nicht nur in anderen Leuten drin, sondern eben auch in uns selber. Es ist klar, dass wir diese Pflichten und Tugenden, die von der Frau erwartet werden nicht so schnell haben loslassen können, aber wir geben hoffentlich gemeinsam alles, für auch in dieser Thematik ein bisschen mehr Gerechtigkeit.

Steiner & Madlaina

© Tim Wettstein

Steiner & Madlaina sind Nora Steiner (rechts) und Madlaina Pollina (links)

Indiespect: Ihr habt auch die Fähigkeit ein Gefühl von Melancholie hervorzurufen, so beispielsweise im Song «So Schön wie heute». Textlich ist man wie oft nicht ganz sicher, was eure eigene Meinung ist. Findet ihr, dass die Jungen zu oft rumheulen, wie schwer das leben ist und dabei nur Oberflächlichkeiten im Kopf haben, die sie von Instagram und Co. kennen?

Steiner & Madlaina: Ja, wir erwischen uns regelmässig dabei, wie wir «rumheulen». soll auch nicht verboten sein, aber deshalb brauchen wir dann manchmal auch Gespräche wie bei So schön wie heute wo man über sich selber lachen kann und all die Dinge die so unendlich gross wirkten, für den Moment schrumpfen dürfen.

Indiespect: Welche Wunschziele möchtet ihr mit dem neuen Album erreichen?

Steiner & Madlaina: Wir möchten wieder Konzerte spielen, das Album auf die Bühne bringen können, mit einem unmaskierten Publikum am allerliebsten.

Indiespect: Habt ihr zum Release etwas Spezielles geplant? Die ursprünglich geplanten Konzerte im Frühjahr werden ja leider nicht stattfinden können.

Steiner & Madlaina: Wir versuchen grade ein schickes Livevideo zu schneiden, mal schauen ob uns das gelingt 🙂

Indiespect: Wer ist für euch die stärkste deutschsprachige Künstler*in?

Steiner & Madlaina: Es gibt so viele und je nach Laune ists eine andere. Heute ist es Hildegard Knef

Das neue ALbum
«Wünsch mir Glück»
Vö: 12.02.2021

Steiner & Madlaina
Tracklist
  1. Es geht mir gut
  2. Prost mein Schatz
  3. Heile Welt
  4. Denk was du willst
  5. Und die bin ich
  6. Wenn ich ein Junge wäre (Ich will nicht lächeln)
  7. So schön wie heute
  8. Ciao Bella
  9. Klischee
  10. Wünsch mir Glück
  11. Casanova
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Wir möchten wieder Konzerte spielen, das Album auf die Bühne bringen können,
mit einem unmaskierten Publikum am allerliebsten.

Steiner & Madlaina

Indiespect: Wer ist für euch die stärkste deutschsprachige Künstler*in?

Steiner & Madlaina: Es gibt so viele und je nach Laune ists eine andere. Heute ist es Hildegard Knef

«Wünsch mir Glück»-Tour 2021

03.12.21 Sommercasino Basel | Tickets kaufen
04.12.21 Kugl St.Gallen | Tickets kaufen
07.12.21 Schüür Luzern | Tickets kaufen
10.12.21 Gaskessel Bern | Tickets kaufen
12.12.21 Kaufleuten Zürich | Tickets kaufen

Das Interview wurde schriftlich geführt. 
Titelbild: ©Tim Wettstein